China Market Insider App in der App – WeChat-Miniprogramme revolutionieren Chinas B2B-Marketing
Anbieter zum Thema
WeChat-Miniprogramme sind der große Gewinner der Coronakrise. 400 Millionen DAU, also täglich aktive Nutzer, haben die Miniprogramme innerhalb des WeChat-Universums inzwischen erobert, gab der Mutterkonzern Tencent am Mittwoch vergangener Woche bekannt. Auch die Nutzerzahlen von WeChat insgesamt haben mit 1,2 Milliarden MAU, oder monatlich aktiven Nutzern, einen neuen Meilenstein erreicht.

Miniprogramme werden oft als „Apps in der App“ bezeichnet. Während WeChat als „native App“ auf so gut wie jedem chinesischen Smartphone installiert ist, werden die Miniprogramme von den Nutzern jedes Mal innerhalb der WeChat-App aufgerufen, müssen also nicht eigens heruntergeladen und im Handy gefunden werden.
Für jedes ambitionierte Unternehmens-Marketing, egal ob B2C oder B2B, sind Miniprogramme spätestens seit diesem Frühjahr nicht mehr Kür, sondern Pflichtprogramm geworden. Mitte Februar hat Tencent auf für Miniprogramme eine Livestreaming-Funktion bereitgestellt, die in China während des Corona-bedingten Lockdowns auf begeistere Akzeptanz gestoßen ist.
Livestreaming mit Miniprogrammen
Sowohl in ihrem Privatleben wie im Büro ist WeChat für viele Chinesen die am meisten genutzte App überhaupt. Sie chatten damit mit ihren Freunden und Geschäftspartnern, bezahlen damit im Supermarkt, überweisen Geld und tauschen über WeChat Work ihre Geschäftsdokumente und Verträge aus. WeChat hat ein paralleles Internet-Universum geschaffen, dem sich in China niemand mehr entziehen kann.
Mit der Integration von Livestreaming, dem derzeit heißesten Trend im digitalen Marketing in China, hat Tencent für Firmen nun endgültig einen geschlossenen Kreis aus Kundenbindung, Content-Marketing, Servicefunktionen und Verkauf geschaffen. Viele Firmen experimentieren seit der Corona-Krise mit „Verkaufsshows“ per Livestreaming, auf denen vom Lippenstift bis zum Bagger und der Weltraumrakete alles reißenden Absatz findet.
Vielen Firmen gehe es dabei weniger um die Online-Verkäufe an sich, sondern mehr darum „die Stickiness ihrer Geschäftskontakte und Nutzer zu erhöhen”, sagte der chinesische Internet-Experte Tang Xin der Zeitung „Xinjing Bao“ .Der Einfluss des Trends „Livestreaming innerhalb von Miniprogrammen“ auf Marketing und Vertrieb in China sei jedoch allein wegen der hohen Nutzerzahlen von WeChat gewaltig, so der Analyst. „Wenn WeChat so etwas einführt, kann es gesamte Industriemuster verändern“, sagt Tang Xin.
Vorteile für Unternehmen
Für das Marketing haben Miniprogramme den Vorteil, dass sie, anders als Unternehmens-Apps, nicht für jede Smartphone-Plattform wie Apple oder Android angepasst werden müssen. Ein Miniprogramm läuft auf allen Handys. Die Nutzer rufen die jeweils aktuellste Version des Miniprogramms auf, müssen also nicht manuell neue Versionen herunterladen. Außerdem haben sie den Vorteil, dass sie relativ billig zu entwickeln sind. Immer mehr Unternehmen bieten ihren Kunden und Geschäftspartner daher sowohl eine eigene App wie ein Miniprogramm auf WeChat an.
Der Kostenvorteil heißt jedoch nicht, dass Miniprogramme funktional einfacher sein müssen als Webseiten oder eigenständige Apps. Ein Beispiel für komplexe Anwendungen ist der chinesische Reifenhersteller Linglong Tire, der mit der Hilfe von WeChat-Miniprogrammen und Datenlösungen in der Cloud gerade die erste Plattform im Bereich industrielles Internet der Dinge (IIOT) in seiner Branche in China aufgebaut hat. Mit einer Reihe von Miniprogrammen erreicht Linglong nicht nur Endkunden für sein Marketing und seinen Vertrieb, sondern digitalisiert gerade auch seine Produktion, den Bereich Forschung und Entwicklung sowie seinen After-Sales-Service.
:quality(80)/p7i.vogel.de/wcms/a3/84/a384ef6f98c0d15709e63057ea8476f3/89614198.jpeg)
China Market Insider
Ausländische Investoren stehen in China wieder hoch im Kurs
WeChat und B2B
Mit den Miniprogrammen und ihrer nun rasanten Adoption hat es WeChat geschafft, seinem schnell wachsenden Rivalen Tiktok wieder ernsthaft Konkurrenz zu machen. Während das Wachstum von Nutzerzahlen allmählich ein Plateau erreicht, werden die Fokussierung auf Monetarisierung und auf B2B-Kunden immer wichtiger.
„Früher hieß es oft, Tencent sei eine Firma, der das „B2B-Gen“ fehle“, schreibt das Nachrichtenportal Sina über den Erfolg der Miniprogramme. „Doch während der Epidemie hat Tencent exzellente Resultate erzielt. Das bedeutet, dass sein B2B-Geschäft nun endgültig ausgereift ist“, führt Sina weiter aus.
*Henrik Bork ist Managing Director bei Asia Waypoint, einer auf China spezialisierten Beratungsagentur mit Sitz in Peking. „China Market Insider“ ist ein Gemeinschaftsprojekt der Vogel Communications Group, Würzburg, und der Jigong Vogel Media Advertising in Beijing.
(ID:46595220)