Expertenbeitrag

 Leonhard Kemnitzer

Leonhard Kemnitzer

Leiter Marketing, Baumüller Nürnberg GmbH

Re-Start der Messen – Teil 2 Auswahl und Einführung digitaler Leaderfassungs-Tools

Redakteur: Alicia Weigel

Der Re-Start vieler Messen steht an. Daher sind viele auf der Suche nach einem geeigneten Leaderfassungs-Tool. Wie Sie nun den richtigen Anbieter für digitale Leaderfassung finden und das Tool erfolgreich in Ihrem Unternehmen einführen, erfahren Sie in diesem Text.

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Leaderfassungs-Software unterscheiden sich hinsichtlich der angebotenen Funktionalitäten und der Lizenz-Modelle. Wählen Sie die aus, die für Ihr Unternehmen am besten erscheint.
Leaderfassungs-Software unterscheiden sich hinsichtlich der angebotenen Funktionalitäten und der Lizenz-Modelle. Wählen Sie die aus, die für Ihr Unternehmen am besten erscheint.
(Bild: gemeinfrei / Unsplash)

Corona hat die weltweite Messebranche hart getroffen – durch die Absage von Präsenzmessen sind für Aussteller weltweit viele Möglichkeiten zum direkten Kontakt zu Kunden und Interessenten weggefallen. Viele Unternehmen haben ihre Aktivitäten kurzfristig in hybride oder voll-digitale Eventformate verlagert, um weiterhin Kontakt zur Zielgruppe halten zu können. Viele Bereiche des Marketings und des Vertriebs sind spätestens jetzt in der digitalen Welt angekommen – aber viele Unternehmen nutzen für die Leaderfassung auf den Messen immer noch die klassischen Berichte auf Papier. Spätestens jetzt ist die Zeit, das zu ändern! Was die Vorteile der digitalen Leaderfassung sind, haben Sie bereits in „Teil 1: Die Vorteile von digitalen Leaderfassungs-Tools“ erfahren.

So gehen Sie im Auswahlprozess vor

Inzwischen gibt es eine Vielzahl an Anbietern für digitale Leaderfassungs-Software. Teilweise unterscheiden sich die Anbieter sehr stark zum Beispiel hinsichtlich der angebotenen Funktionalitäten oder der Lizenz-Modelle. Aus diesem Grund sollte man bei der Auswahl strukturiert vorgehen, um das Tool auszuwählen, das die Anforderungen des eigenen Unternehmens am besten abdeckt.

Ein Projektteam steuert den Auswahlprozess und die Einführung der neuen Software. Wichtig sind insbesondere die Abteilungen IT, Marketing und Vertrieb. Sinnvoll ist es, die Geschäftsführung möglichst frühzeitig mit ins Boot zu holen, um das Projektteam intern zu supporten. Wichtige Funktionen im Projekt übernehmen neben dem Projektleiter, der für die Einführung des Tools verantwortlich ist, vor allem die Mitarbeiter, die später im Backend neue Nutzer anlegen, die Fragebogen pflegen und für die Abläufe nach der Eingabe der Messeberichte verantwortlich sind (zum Beispiel Überprüfung, Freigabe und Weiterverteilung der eingehenden Leads im Backend).

Einführung eines Leaderfassungs-Tools – Prozess

Im Kick-off-Termin sollte der gesamte Leaderfassungs-Prozess skizziert werden. In diesem Zusammenhang macht es Sinn, den Ablauf auf der Messe durchzuspielen: Erfassung, Prüfung/Freigabe, Übertrag als Aufgabe in CRM, Dankes-E-Mail bis zur Nachbearbeitung. Im Mittelpunkt stehen u.a. folgende Fragen:

  • Welche Tätigkeiten fallen im jeweiligen Prozessschritt an?
  • Welche Aufgaben sind von wem zu erledigen?
  • Welche Schnittstellen sind notwendig?
  • Welche Personen sind eingebunden?

Erstellen Sie ein Ablaufdiagramm des Leaderfassungs-Prozesses. Geeignet sind dafür Freeware-Prozessmodellierungs-Tools wie der Camunda Modeler.

Funktionsumfang festlegen

Im nächsten Schritt müssen die Rahmenbedingungen für den Einsatz der App festgelegt werden: Wird die App für internationale Messen eingesetzt? Wie viele Messen pro Jahr werden bespielt? Wie viele Anwender nutzen die App? Auf welchen Endgeräten soll die App verwendet werden?

Aus den oben angestellten Überlegungen ergeben sich die Funktionen, die die Leaderfassungs-App in Zukunft abdecken soll. Eine Übersicht der Funktionen ist die Grundlage für die Recherche nach möglichen Tools. Auf der Basis können verschiedene Anbieter angefragt und Angebote eingeholt werden.

In der frühen Phase des Auswahlprozesses ist der Erfahrungsaustausch mit Marketingverantwortlichen aus anderen Unternehmen Gold wert. Besuchen Sie Kollegen direkt auf der Messe und sehen Sie sich an, wie die App dort eingesetzt wird. Fragen Sie gezielt danach, wie die Einführung gelaufen ist, wie der Support durch den Anbieter funktioniert hat und welche Kosten auf sie zukommen werden. Auf diese Weise erhält man einen ungefilterten Einblick in die Möglichkeiten und kann sich ein gutes Bild vom jeweiligen Anbieter machen. Gleichzeitig erhält man Anregungen, wie die eigenen Prozesse optimiert werden können. Beispielsweise kann ein digitaler Messebericht deutlich intelligenter strukturiert werden als ein Fragebogen auf Papier. Fragen werden je nach vorher getätigter Antwort eingeblendet und man ist deutlich flexibler als zuvor.

Testen, testen, testen

Nichts geht über einen Praxistest – die Software sollte vorab getestet werden. Legen Sie in den vorausgewählten Tools einen Fragebogen im Backend an und testen sie den Visitenkartenscan und andere Funktionen.

Die am besten bewertete App muss nun den Live-Test auf der Messe bestehen. Es bietet sich an, mit einigen Testnutzern zu starten, welche vorab ein Onboarding zur App durchlaufen haben. Der Test sollte ggfs. auf einer kleineren Messe stattfinden, die nicht allzu stark frequentiert ist und bei der im Bedarfsfall auch Hilfestellung gegeben werden kann. Ein Mitarbeiter aus der IT ist als Support sinnvoll – sei es, um technische Probleme mit den Endgeräten zu beheben oder Probleme in der App direkt zu lösen.

Der Test sollte durch eine strukturierte Bewertung abgerundet werden. Jeder Nutzer bewertet die App in verschiedenen zuvor festgelegten Kategorien – von allgemeinem Handling bis zur Qualität der der automatischen Erkennung der Texte auf der Visitenkarte. So können die Anbieter und die einzelnen Funktionalitäten verglichen werden.

Bei der Auswahl des richtigen Anbieters spielt die Betrachtung der Kosten eine wichtige Rolle. Es gibt verschiedenste Lizenzmodelle auf dem Markt, deshalb macht es Sinn, sich die Kosten je Anbieter in Initialkosten (zum Beispiel für das erstmalige Setup oder das CRM-Mapping) und laufende Kosten zu splitten. Denken Sie auch an mögliche Supportkosten bzw. Kosten für Anpassungen an einzelnen Feldern oder der Schnittstelle zum CRM. Auch können je nach Tool interne Ressourcen (zum Beispiel aus der IT) verschieden stark gebunden sein.

Einführung von Leaderfassung

Hat man eine Software gefunden, die alle Anforderungen abdeckt, geht es an den Rollout der Anwendung im Unternehmen. Der endgültige Fragebogen wird erstellt und getestet und die Anbindung ans CRM hergestellt. Im nächsten Schritt müssen die Mitarbeiter mitgenommen werden, die künftig mit der neuen Software auf der Messe oder im Backoffice arbeiten.

Der Rollout sollte bestmöglich vorbereitet sein. Nachdem die Software bei einer ersten Messe getestet wurde, geht es nun darum, den optimierten Fragebogen für das komplette Standpersonal freizuschalten. Dafür sollte eine umfangreiche Schulung des Tools eingeplant werden, um alle Mitarbeiter an die neue Software heranzuführen. Wir bei Baumüller haben uns damals für den Anbieter SnapADDY entschieden – ein Bestandteil der Zusammenarbeit waren mehrere umfassende Remote-Schulungen durch eine Mitarbeiterin von SnapADDY mit anschließenden Q&A-Sessions.

Im nächsten Schritt erhält jeder Nutzer seinen Zugang zur App per E-Mail und muss sich die Anwendung auf Tablet oder Smartphone herunterladen. Im einfachsten Fall stellt die IT die App zentral auf den von ihnen verwalteten Firmen-Endgeräten bereit. Dann müssen sich die Benutzer lediglich einloggen und sich ein neues Passwort vergeben.

Auf der ersten Messe findet dann vorab eine weitere Schulung mit dem Standpersonal statt. Mehrere Mitarbeiter kümmern sich am Stand um den Support der User, um einen reibungslosen Ablauf der Messe zu gewährleisten. Unser Anbieter hatte damals extra einen Mitarbeiter aus dem Unternehmen mit an unseren Stand beordert, um Fragen zu klären und aufkommende Probleme schnell zu lösen. Für den Fall der Fälle sollte man als Backup auch noch die klassischen Papierfragebögen vorhalten – allerdings nur für den absoluten Notfall. Für die Mitarbeiter auf dem Stand sollte keine Wahlmöglichkeit bestehen, ob der Bericht per App oder per Fragebogen eingegeben wird.

Terminals erhöhen die Akzeptanz

Bei vielen Messen, gerade im Industriebereich, sind die Gespräche am Messestand teilweise sehr detailliert und gehen schon stark in die Tiefe. Dementsprechend umfangreich können die Gesprächsnotizen werden, die mit dem Messebericht erfasst werden. Deshalb macht es gerade für den Start Sinn, für ungeübte Mitarbeiter Terminals bestehend aus Tablets mit externer Tastatur zur Eingabe der Berichte einzurichten. Schließlich ist es nicht jeder Mitarbeiter gewohnt, längere Texte per Smartphone zu erfassen oder die Spracherkennungsfunktion zu nutzen. Auch der eigene Laptop kann als Eingabegerät genutzt werden – SnapADDY bietet beispielsweise eine App für Windows an, was die Eingabe über jeden PC ermöglicht. So wird der eigene Laptop zum Eingabegerät und die gewohnte Tastatur kann genutzt werden.

Der erste Vorteil der digitalen Berichterfassung zeigt sich am Abend des ersten Messetags: Per Knopfdruck wird der Erfolg des Tages ausgewertet und im De-Briefing mit dem Messeteam besprochen.

Ist der Rollout geglückt, können auch die internationalen Messen Schritt für Schritt auf die digitale Leaderfassung umgestellt werden. Auch hier ist ein Onboarding der Mitarbeiter und entsprechender Support sehr hilfreich, um die Akzeptanz des neuen Tools von Anfang an zu gewährleisten.

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