Marketing Insights USA – Teil 1 Kulturelle und gesetzliche Unterschiede in der Marketing-Welt

Von Manuel Hüttl *

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Diese Kolumne beschäftigt sich mit aktuellen Marketing Trends aus den USA – mit einem durchaus kritischen Blick auf den vermeintlichen Vorsprung, den die USA in vielen Teildisziplinen hat. In diesem Beitrag erfahren Sie mehr über kulturelle und gesetzliche Verschiedenheiten des Marketings in den USA.

Diese Kolumne beschäftigt sich mit aktuellen Marketing Trends aus den USA – mit einem kritischen Blick auf den vermeintlichen Vorsprung, den die USA in vielen Teildisziplinen hat.
Diese Kolumne beschäftigt sich mit aktuellen Marketing Trends aus den USA – mit einem kritischen Blick auf den vermeintlichen Vorsprung, den die USA in vielen Teildisziplinen hat.
(Bild: gemeinfrei / Unsplash)

Lassen wir doch einfach einmal die Zahlen sprechen: Aus der 2019er Studie der US-Publikation eMarketeer geht hervor, dass in den Vereinigten Staaten 129,34 Milliarden US-Dollar für digitale Werbung ausgegeben werden. Das entspricht einem Anteil von 54,2 Prozent aller Werbeausgaben. Zum Vergleich: in Deutschland werden im selben Zeitraum 7,28 Milliarden Euro investiert – 36,7 Prozent aller Werbeausgaben.

Fast die Hälfte des US-Werbebudgets wird in Werbung für mobile Endgeräte investiert – Zusammenfassend haben die USA also die Nase vorn, wenn es um moderne digitale Werbeformen geht. Ich bin in Sachen Marketing seit fast drei Jahrzehnten auf internationalem Parkett unterwegs und stelle immer wieder fest, dass es tatsächlich einige wesentliche Unterschiede gibt. Die USA ist Europa in Sachen Marketing ein Stück voraus. Die Ansichten gehen zwar ein wenig auseinander, aber gemeinhin gehen wir von einem 12- bis 18-monatigen Vorsprung aus. So lange dauert es nämlich, bis sich Trends aus den USA auch bei uns in Europa etabliert haben. Aber warum sind die Amerikaner scheinbar etwas progressiver unterwegs als wir? Gibt es dafür pragmatische Gründe oder muss man kulturelle Unterschiede bemühen?

Kulturelle Unterschiede

Es gibt sicherlich einige kulturelle Unterschiede, was das Konsumentenverhalten angeht. Seit ewigen Zeiten schon platzieren Amerikaner beispielsweise riesige Reklametafeln entlang ihrer Highways – richtige „eye catcher“. In Europa dienen solche Billboards zumeist öffentlichen Aufklärungskampagnen für das sicherere Fahren. Der Amerikaner ist quasi mit der Werbung wie mit der Muttermilch groß geworden. Werbung wurde auch stets sehr emotional aufbereitet. In Europa werden über Advertising zwar wichtige Produktinformationen wie Performance, Sicherheit oder beispielsweise Nährwerte geliefert - das amerikanische Marketing beschäftigt sich schwerpunktmäßig weit mehr mit dem eigentlichen Produkterlebnis. Gerade Verpackung, Design, Sound oder auch Geschmack sind aussagekräftig darüber, wie das eigentliche Produkterlebnis wahrgenommen wird. So richtig sensibilisiert für „das Schöne“ sind wir in Europa aber eigentlich erst seit der Einführung des iPhones. Wow – Produktverpackung geht auch in schön?

In den USA sind Themen wie Notasensorik in der Werbung bereits hinlänglich bekannt. Die Ansprache der Sinne weckt schließlich noch mehr Begehrlichkeiten und fördert die Nachfrage. Und Bilder sagen mehr als tausend Worte. In unserem Alltag haben wir stets einen Hochleistungsrechner in unseren Hosen- und Handtaschen dabei. Hallo? Da schreit es doch nach mehr Visualität – und im Idealfall sogar noch in einer persönlichen Ansprache. Alle Trends gehen derzeit in die Richtung personalisiertes Marketing.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist mit Sicherheit auch die Start-up Kultur. Wir alle wissen, dass in den USA Unternehmensgründungen ganz anders gefördert werden als in Europa. „No risk no fun“… lässt sich das Geschäftsgebaren fast vermuten. Ein Blick auf die zahlreichen Gründungen im Bereich Marketing Technologie genügt: Die Förderung über Risikokapital ermöglicht es in Amerika tatsächlich an den Mythos „vom Tellerwäscher zum Millionär“ zu glauben. Ich tausche mich regelmäßig mit US-Gründern aus, um Trends ausfindig zu machen – insbesondere was deren Wirksamkeit und Zukunftsaussichten in Europa angeht. Silicon Valley und New Economy lassen also grüßen. Und natürlich auch die Erkenntnis, dass Scheitern in den USA nicht so negativ behaftet ist wie in Europa. „Fail forward“ schwappt erst seit einigen Jahren zu uns. Wir haben etwas Zeit gebraucht, um zu erkennen, wie wertvoll Erkenntnisse über das Scheitern sein können. Im Rahmen von „Fuck up nights“ berichten Geschäftsleute mittlerweile über ihre Negativerfahrungen und was sie daraus mitgenommen haben – ganz im Sinne des „Besserwerdens“. Diese Entwicklung heiße ich explizit positiv!

Nicht zu unterschätzen: Datenschutz!

Ein nicht zu vernachlässigender Grund für den Vorsprung des US-Marktes ist das Thema Datenschutz und Datenintegrität. Und das hat weniger einen kulturellen als einen regulativen Grund. In den USA gehören Daten dem rechtmäßigen Eigentümer – in Europa dem Individuum. Das war schon seit jeher so. Aber das Thema Datenaustausch und -erhebung über die IP-Adresse hat eine nie vorhergesehene Komplexität mit sich gebracht. Als das Internet geboren wurde, war die originäre Idee, grenzenlose Kommunikation in einem weitgehend rechtsfreien Raum zu erlauben. Es gab keine Regeln und als Anwender bedurfte es auch keines Führerscheins. Das hat aber unweigerlich zu Problemen geführt. Probleme, die auch eine DSGVO nicht in Gänze lösen kann. Und so versuchen Marketing-Technologieanbieter aus den USA auf dem europäischen Markt Fuß zu fassen – oft über das sogenannte Pivacy Shield, das derzeit noch beim EugH überprüft wird. Ich gehe davon aus, dass der Trend in Richtung Cloud und auch der Druck, der aufgrund einer zu erfüllenden Business-Agilität herrscht, das Thema Datenschutz leider immer weiter ad absurdum führen wird. Grundsätzlich sind Europäer einfach Datenschutz-gläubiger und oftmals skeptischer, was den Einsatz innovativer Technologie angeht. Ob zu Recht oder Unrecht – aber der europäische Datenschutz ist (noch) ein Grund, warum gewisse Marketingthemen – speziell, wenn sie auf Big Data fußen – sich noch nicht so erfolgreich durchgesetzt haben.

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Mein Fazit: es lohnt sich auf jeden Fall, sich mit Innovationen aus den USA auseinander zu setzen – wenigstens kritisch. Denn in Sachen Agilität und Schnelligkeit sind uns die Amis voraus. Festzustellen gilt aber auch, dass sich nicht jede Technologie gleichermaßen erfolgreich auf alle Märkte überstülpen lässt. Das scheitert sowohl an Kultur als auch Gesetz. Und wenn ich genauer darüber nachdenke, finde ich das auch gut so. Die Mannigfaltigkeit der Menschheit ist wichtig. Es muss Unterschiede geben – auch und speziell im Marketing. Sich mit diesen Unterschieden jedoch näher zu beschäftigen bleibt spannend. Mehr dazu erfahren Sie in dieser Beitragsserie!

Manuel Hüttl ist Senior Vice President & Regional Development Officer Europe des CMO Council  und Geschäftsführer bei sugarandspice communications.
Manuel Hüttl ist Senior Vice President & Regional Development Officer Europe des CMO Council und Geschäftsführer bei sugarandspice communications.
(Bild: sugarandspice communications)

* Manuel Hüttl ist Senior Vice President & Regional Development Officer Europe des CMO Council und Geschäftsführer bei sugarandspice communications GmbH.

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