Praxis Case Marketingautomatisierung Marketing Automation wird zur Achterbahnfahrt bei CANON Austria
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Die Einführung von Marketing Automation ist eine enorme Veränderung – mit anderen Worten: eine wilde Achterbahnfahrt der Gefühle. Wer mitfahren möchte, sollte diesen Praxisbericht von CANON Austria lesen.

Es heißt, dass etwa 70 Prozent aller Transformationsprojekte scheitern. Als häufigster Grund wird genannt, „[...] dass das Team [noch gar] nicht auf die Veränderung eingestimmt ist". Dem kann ich nur zustimmen. Wir mussten bei CANON Austria, einem Anbieter von professionellen Druckern und Kameras, in den letzten beiden Jahren bei der Einführung einer Marketing Automation-Software einige Höhen und Tiefen durchlaufen. All das habe ich in sechs Phasen zusammengefasst.
Phase 1: Der große Schock
Ende 2017, also circa sechs Monate vor Inkrafttreten der DSGVO – der neuen europäischen Datenschutzgrundverordnung – wurden wir vom Headquarter informiert, dass sämtliche E-Mail-Marketing-Aktivitäten sofort einzustellen sind. Das war wie ein harter Schlag in die Magengrube! In Österreich versendeten wir nämlich bereits seit über 15 Jahren Newsletter an B2B Kunden und Prospects. Das sollten wir alles einfach so über Bord schmeißen? Wie bei jeder Veränderung, die nicht von einem selbst kommt, wollte niemand den Status-Quo aufgeben.
Phase 2: Die Verweigerung
Als man uns daher die bekannten und lieb gewonnen Werkzeuge wegnehmen wollte, stand ich innerlich kurz vor einer Meuterei. Ich habe mir daher jede Menge Gegenargumente zurechtgelegt, aber das Einzige was ich damit erreichte, war, dass der Frustrationspegel auf beiden Seiten kräftig anstieg. Denn aus Headquartersicht gab es genau zwei Dinge, die im Rahmen der DSGVO-Vorbereitung unbedingt gerade gezogen werden mussten:
- 1. die unterschiedlichen Marketingplattformen müssen aufgelöst und
- 2. die Nutzung unserer (ohnehin bereits vorhandenen) „gemeinsamen" CRM-Plattform vereinheitlicht werden.
Als Manager sollte ich es eigentlich besser wissen, dennoch: die einzelnen Phasen im Change-Prozess lassen sich nicht einfach ignorieren.
Phase 3: Wut und Wiederstand
Der Bereinigungsprozess, der auf das erste Audit folgte, war jedenfalls ziemlich schmerzhaft. Jeder Newsletter-Kontakt, für den kein Opt-In nachgewiesen werden konnte, und jeder Kontakt in unserem CRM-System, zu dem es in den letzten fünf Jahren keinen dokumentierten Kontaktpunkt (beispielsweise Besuch oder Telefonanruf ) gab, musste gelöscht werden. Damit fiel die Zahl unserer potenziellen Adressaten auf ein Drittel der ursprünglichen Größe und wir verloren rund 50 Prozent unserer Kontakte im CRM-System, sowie eine Reihe anderer „unnötiger" Daten – wie Geburtstage und Hobbys. Schuld daran: der Grundsatz der Datenminimierung.
Mit einem Schlag waren all diese Daten weg. Und damit auch unsere Motivation...
Aber es war definitiv nicht alles schlecht. Denn das Hauptquartier hatte nicht nur die lokalen Aktivitäten gestoppt, sondern man präsentierte uns auch etwas Neues: nämlich ein paneuropäisches Marketing Automation-System. Ressourcenschonend, zentral gehostet und verwaltet, aber mit der Möglichkeit, lokale Akzente zu setzen.
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Phase 4a: Akzeptanz und Neugier
Bereits nach den ersten Sneak-Previews war klar: unser geliebter, „ausgefeilter" Newsletter war in Wirklichkeit schon recht antiquiert gewesen. Modernes Marketing" war fast unbemerkt an uns vorbeigezogen. Wir hatten uns viel zu lange in unserer Komfortzone aufgehalten. Die DSGVO-Keule war die Zäsur, die wir brauchten – der notwendige Auslöser für die Veränderung.
Nachdem die Vorbehalte also abgelegt waren (wir hätten die bisherigen Phasen wohl schneller durchlaufen können), ließen wir uns voller Neugier auf das große Abenteuer „Marketing Automation" ein.
In dieser schönen, neuen Welt eröffnen sich jede Menge neuer Chancen. Neben Always-on-Kampagnen, die auf (fast) magische Weise eine ständig wachsende Sales-Pipeline füllen würden, gäbe es da auch einen automatisierten Nurturing-Prozess, der Leads durch den Sales-Funnel befördert. Zum ersten Mal könnte alles lückenlos gemessen werden – zum Beispiel über UTM-Codes (Urchin Tracking Module). Obendrein gäbe es dann auch jede Menge KPIs (Key Performance Indicators, wie Conversion-Rates) und Management-tauglicher Dashboards (beispielsweise einen Reverse-Demand-Waterfall). Fast zu schön, um wahr zu sein, oder?
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Phase 4b: Begeisterung und Hoffnung
Wir waren uns sicher: Wenn ein schlechter (Lead-)Prozess automatisiert wird, bleibt er ja trotzdem ein schlechter (Lead-)Prozess.Deshalb haben wir gemeinsam mit dem Vertrieb einen neuen Demand-/ Lead Generation-Prozess mit gemeinsamen Verantwortlichkeiten und vereinbarten Service-Levels definiert.
Die europäische IT-Abteilung hat Hand in Hand mit unseren CRM-Administratoren zusammengearbeitet und dafür gesorgt, dass unsere Formulare auf den Webseiten gleich direkt Leads im System generieren. Unser firmeneigenes Callcenter übernimmt dann die Vorqualifizierung, damit unsere Verkäufer auch wirklich nur hochwertige, heiße Leads vorgelegt bekommen – also eigentlich schon regelrechte Opportunities, bei denen die Mehrzahl an BANT-Kriterien (Budget, Authority, Need, Time) bereits erfüllt sind.
Phase 5: Entscheidung und Commitment
Man sollte meinen, dass die Marketing Automation die Arbeitsbelastung der Marketingabteilung verringert. Pustekuchen. Das genaue Gegenteil war der Fall.
Was ich an der Marketing-Automatisierung trügerisch finde?
Die Automatisierung!
Denn diese „Lead-Generierungs-Maschine" ist zwar ein äußerst mächtiges, aber eben auch ein ressourcen-hungriges Biest. Die Automatisierung selbst erfordert nämlich eine genaue Planung:
Welche Unterlagen (Whitepapers, Webinare, und viele Weitere) sollten in den verschiedenen Phasen des Lead-Generierungsprozesses (Top, Mid, Bottom of Funnel – TOFU/MOFU/BOFU) verwendet werden? Sollten man sie hinter ein Registrierungsformular sperren. Stichwort: Gated Content? Fragen über Fragen, die man sich genau überlegen sollte, und muss.
Phase 6: Integration und Business-as-usual
Heute nutzen wir Marketing Automation für unsere lokalen Newsletter, setzen es im Eventmanagement ein (z.B. für den Einladungsprozess, unterschiedliche Follow-ups für „No-Shows" und Besucher) und haben bereits die eine oder andere erfolgreiche Outbound-Aktivität (beispielsweise Cross-Media Mailings) damit umgesetzt.
Ich muss zugeben: das Tool ist immer noch intelligenter als wir – das heißt, wir nutzen es noch nicht in vollem Umfang (insbesondere was A/B-Tests und Lead-Scoring betrifft). Aber mit jeder neuen Kampagne lernen wir dazu.
Man sagt: Der Appetit kommt beim Essen. Stimmt. Wir sind hungrig nach mehr...
Fazit zur Marketing Automation
Marketing Automation ist definitiv kein „Magic Silver Bullet", das in einer modernen Toolbox geliefert wird... es erfordert vielmehr gemeinsame Anstrengungen von allen Beteiligten in der Buying Journey (auch der IT-Abteilung!) – und damit eine gehörige Portion Change-Management. Richtig implementiert, wird Marketing Automation sowohl die Lead-Quantität als auch deren Qualität enorm steigern. Also bitte, trauen Sie sich: steigen Sie ein und nehmen Sie die Veränderung an. Dann können Sie die Fahrt auch so richtig genießen.
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