B2B Marketing in China „Marketingkommunikation funktioniert in China anders als hierzulande"

Das Gespräch führte Felix Haas Lesedauer: 8 min |

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Andere Tools und soziale Plattformen, andere Vorlieben der B2B Kunden: Beim Marketing in China gilt es einiges zu beachten. Gerd Kielburger, Director International Business & Strategy der Vogel Communications Group, erläutert im Interview, wie erfolgreiches B2B Marketing im Reich der Mitte gelingt.

Für Marketer gilt es im chinesischen Markt einiges zu beachten: B2B Experte Gerd Kielburger gibt im Interview einen Einblick, wie dort erfolgreiches B2B Marketing funktioniert.
Für Marketer gilt es im chinesischen Markt einiges zu beachten: B2B Experte Gerd Kielburger gibt im Interview einen Einblick, wie dort erfolgreiches B2B Marketing funktioniert.
(Bild: gemeinfrei / Pexels)

Der chinesische Markt ist für viele kleine und mittlere Unternehmen nach wie vor ein riesiger Wachstumsmarkt – doch anders als in den westlichen Märkten gibt es im Reich der Mitte einige zusätzliche Herausforderungen für B2B Marketer zu beachten. Die „Alltagshürden“ reichen von kulturellen Unterschieden bis hin zu technologischen und politischen Eigenheiten. Im B2B Marketing spielen hierzulande unbekannte Tools und Plattformen eine Rolle, Content Marketing läuft generell auf anderen medialen Kanälen ab und in der Kommunikation gelten andere Regeln – so führen Email-Verteiler kaum noch zum erhofften Erfolg, dafür finden auch im B2B Bewegtbildformate für Fachinhalte immer mehr Anklang.

Die Vogel Communications Group, Anbieter für Fachkommunikation und Fachinformation, beteiligte sich nun mit 50 Prozent an der Agentur Eviom GmbH mit Sitz in München, um die internationalen Kompetenzen mit Fokus auf China weiter auszubauen. Die B2B Digitalagentur Eviom ist mit einem Partner Netzwerk in China und Asien generell ein Experte in der Region und bildet alle Aspekte der Marketingkommunikation ab.

Interview mit dem B2B Experten zu China

Wir haben die Beteiligung zum Anlass genommen, um mit Gerd Kielburger, Director International Business & Strategy von Vogel, über die besonderen Herausforderungen für B2B Marketing und Kommunikation im chinesischen Markt zu sprechen. Die Vogel Communications Group hat bereits über 30 Jahre Erfahrung im chinesischen Markt, mit Eviom wird diese Kompetenz nun weiter ausgebaut. Gerd Kielburger erklärt, warum gerade jetzt ein stärkerer Fokus auf China gelegt wird. Er geht im Interview auch auf örtliche Rahmenbedingungen wie die „Made in China 2025“-Strategie der chinesischen Regierung und die aktuelle Pandemie ein und erklärt, was all diese Einflüsse für B2B Unternehmen und Marketer bedeuten, die im Markt agieren.

marconomy: Was muss ich als Marketer in China beachten, wie finde ich Kunden?

Gerd Kielburger: Diese Frage hängt natürlich davon ab, ob man bereits ein gut aufgestelltes Marketingteam vor Ort hat oder die Marketingkommunikation weitgehend aus dem Ausland unterstützt oder vollständig betreibt. Wie auch immer, man muss sich natürlich intensiv mit den Vor- und Nachteilen der lokalen Kommunikationskanäle auseinandersetzen – am besten mit Unterstützung einer kompetenten und erfahrenen Agentur. Sowohl Vogel Communications Group als auch Eviom haben eine große Anzahl von Best Practices und Cases. In der Regel hat aber jeder Kunde eine etwas andere Ausgangsbasis oder Zielformulierung. Da hilft es, mit einem breiten Modulbaukasten an MarCom-Leistungen unterstützen zu können.

Gerd Kielburger ist Director International Business & Strategy bei der VCG.
Gerd Kielburger ist Director International Business & Strategy bei der VCG.
(Bild: Vogel Communications Group)

Wie haben sich die Kundenbedürfnisse entwickelt? Ist China nicht ein heikler Markt?

Chinesen sind anspruchsvolle Kunden. Sie wollen schnelle und direkte Kommunikation und Erreichbarkeit über die Website. Außerdem erwarten sie ein hohes Qualitätsniveau der Produkte, Geräte und Anlagen. Gleichzeitig zielt die chinesische Regierung mit ihrer „Made-in-China-Strategie 2025“ ganz eindeutig darauf ab, chinesische Hersteller im wachstumsstarken Inlandsmarkt zu bevorzugen. Unternehmen mit Stammsitz im Ausland müssen folglich ihre Sichtbarkeit und ihre Aktivitäten bei der Marketingkommunikation verbessern und erhöhen, um besser und positiver wahrgenommen zu werden. Das ist ein wesentlicher Grund dafür, warum man das Website-Hosting in China in Betracht ziehen sollte, da dies das Ranking im chinesischen Google-Pendant Baidu deutlich begünstigt.

Alles in allem bleibt festzustellen, dass der Kommunikationsdruck zunimmt, vor allem für KMUs aus D-A-CH, die im chinesischen Markt nur wenige oder gar keine Mitarbeiter in ihrer Marketingkommunikationsabteilung haben. Verschärft wird das Ganze noch dadurch, dass pandemiebedingt fast keine Messebeteiligungen in China möglich waren oder sind.

Ob der Markt heikel ist, hängt von der jeweiligen unternehmerischen Zielsetzung und Wertedefinition ab. Die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen oder auch Menschenrechtsaspekte muss jeder für sich entscheiden. Der Markt ist jedenfalls so bedeutend, dass aktuell rund 5200 deutsche und darüber hinaus mehrere hundert österreichische und Schweizer Unternehmen vor Ort tätig sind. Für alle diese Firmen ist der Markt zu wichtig, um dort nicht aktiv zu sein. Und wir sorgen auf der wirtschaftlichen Ebene dafür, dass die Kommunikation nicht abbricht, sondern effizienter und erfolgreicher wird.

Welche Erfahrungen hat die Vogel Communications Group (VCG) bisher in China gemacht – gerade aus Sicht des Marketings, was sind konkrete Unterschiede zu westlichen Märkten, welche Marketing Tools sind hervorzuheben?

Für ausländische Unternehmen ist das Verständnis der Gepflogenheiten und kulturellen Eigenheiten im Reich der Mitte unerlässlich. Nur Unternehmen, die Chinas digitale Marketinginstrumente kennen und beherrschen, können sich hier von der harten Konkurrenz abheben. Marketingkommunikation funktioniert in China aber auch anderen asiatischen Ländern in vielerlei Hinsicht völlig anders als hierzulande. Das beginnt bei den zur Verfügung stehenden Kommunikationstools und -kanälen und reicht bis hin zum Umgang mit den Formaten wie Bewegtbild. Während bei uns E-Mailings noch immer der zentrale B2B Kommunikationskanal sind, wird dies in China kaum noch genutzt. Firmen, die ihre Kunden beispielsweise über Firmen-Newsletter anschreiben, wundern sich, dass sie keine Resonanzen mehr erhalten. Dagegen boomen in China inzwischen auch im B2B Bereich Bewegtbildformate, um Fachinhalte zu transportieren – sei es über WeChat-Kanäle oder Douyin, der chinesischen Version der Kurzvideo-App TikTok.

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Erschwerend kommt hinzu: Die im Westen gängigen Suchmaschinen oder Social-Media-Kanäle wie Google, LinkedIn, Twitter, Xing und Instagramm sind im Reich der Mitte nicht erreichbar. Hier geben Baidu, Alibaba, WeChat, Weibo oder Youku die Richtung vor. Immer mehr Facetten und Kanäle der Marketingkommunikation sind notwendig, um die gewünschten Zielgruppen zu erreichen und abzudecken. Viele Marketingentscheider in Deutschland sind beispielsweise auch nicht damit vertraut, wie man über WeChat die Brand Awareness verstärken und Lead Generierung unterstützen beziehungsweise betreiben kann. Das sind nur einige Beispiele, die Liste ließe sich noch erheblich erweitern.

Das Marketingteam kann also nicht wie gewohnt auf die bekannten Social Media Plattformen zurückgreifen.

Klares Nein. Auffällig ist, dass viele ausländische Unternehmen, die ihre in Deutschland beziehungsweise außerhalb China gehosteten chinesisch-sprachigen Websites lediglich übersetzen und sie zeigen dann auch die Social-Media-Kanäle wie Youtube, Instagram, Twitter oder LinkedIn an. Aber auf alle diese Kanäle kann man aus China nicht zugreifen. Sinn macht es dagegen auf WeChat, Weibo oder andere Kanäle und Plattformen zu verlinken. WeChat ist ein All-in-one-Applikation, die bereits von mehr als einer Milliarde Chinesen auch im B2B Umfeld genutzt wird. Sie vereint im Grunde alles, was wir in den unterschiedlichen westlichen Social-Media-Kanälen einzeln verwenden. Manche Marketer glauben, man könne die kurzen Inhalte, die man über LinkedIn oder Instagram postet, dann auch eins-zu-eins auf WeChat ausspielen. Dieser Ansatz ist aus Effizienz-Sicht sicher gut gemeint, führt aber oftmals nicht zum Erfolg. Warum? In China erwarten die Nutzer deutlich mehr Detailinformationen oder auch technische Inhalte über Bewegtbild. Letzteres ist immer mit gesprochenem Text beziehungsweise Musik hinterlegt.

Welche Fehler sollten Unternehmen im chinesischen Markt noch vermeiden? Was sind Stolpersteine?

Die Dos and Don‘ts sind ein Thema für einen eigenen Workshop. Interkulturelle Skills sind genauso evident wie das Know-how der relevanten Kommunikationstools, das Wissen über den jeweiligen Markt, die Marktplayer, die eigene Channel-Strategy, die Roadmap und die potenziellen Partner. Vor allem KMUs, die keine oder nur geringe Marketingkapazitäten in China haben, überlassen zum Beispiel die WeChat-Kommunikation oft lokalen Agenturen oder Sales-Einzelkämpfern, die das dann mal eben nebenbei mitmachen. Ob das dann auch die Botschaften sind, die die Unternehmen aus dem Headquarter transportieren wollen und ob diese dann auch von einer von ihnen erwarteten Zielgruppe wahrgenommen und gelesen werden, ist eine andere Sache. Aufpassen sollte man immer bei Eins-zu-eins-Übersetzungen, da sie den lokalen Kontext nicht beachten. Ganz wichtig: Am chinesischen Markt werden schnelle Rückmeldungszeiten, ständige Erreichbarkeit der Ansprechpartner und kurze Lieferzeiten erwartet.

Wieso geht die Vogel Communications Group eine Partnerschaft mit Eviom ein? Welchen Nutzen erhofft sie sich davon, gerade weil Vogel mit dem hauseigenen Joint Venture JVMA (Vogel China) bereits in China vertreten ist?

Die Beteiligung an Eviom ist im Grunde genommen die internationale Verlängerung unserer im D-A-CH-Raum bereits etablierten Angebotserweiterung in Richtung Agenturservices für unsere B2B Kunden. Diese Erweiterung findet bereits seit einigen Jahren statt. Unser China-Joint-Venture, das seit fast 30 Jahren existiert, hat sich als Multichannel-Publisher in zahlreichen Industriebranchen mit unseren Fachmedien MM China, Automobil Industrie China, Process China, PharmaTEC China und Laborpraxis China hervorragend positioniert. Im Bereich der Agenturleistungen hat es allerdings noch Lücken. Mit Eviom können wir diese Lücken schließen und unseren Kunden ab sofort im D-A-CH-Raum beziehungsweise Europa aber auch in China umfassende digitale Marketingkommunikationsmaßnahmen anbieten, die auf die lokalen Märkte angepasst sind. Das alles gewährleisten wir mit einem starken und kompetenten Team, das sowohl die fachlichen, interkulturellen als auch die sprachlichen Skills beherrscht.

Wie kann das Vogel-Eviom-Team den KMUs, die neu im chinesischen Markt Fuß fassen wollen, konkret weiterhelfen? Geht das über die Generierung und Bereitstellung von Leads hinaus? Wie erreiche ich potenzielle Zielgruppen?

Kundenfeedbacks zeigen uns, dass vor allem klein- und mittelständische Unternehmen oftmals keine besonders guten Erfahrungen mit rein chinesischen Agenturen machen. Auch wenn diese vermeintlich billiger sind, kommt es bei der Betrachtung der Ergebnisse allzu oft zu einem Culture Clash aufgrund unterschiedlicher Erwartungen oder Zielvorstellungen in Kombination mit Sprachbarrieren. Genau hier können wir unsere Vorteile ausspielen: Zielgruppenzugang plus Agenturkompetenz plus interkulturelle und Sprachskills. Wir beginnen die Zusammenarbeit immer mit einer Bestandsanalyse und dem Abgleich eines strategischen Entwicklungspfades: Gemeinsam definieren wir mit unseren Kunden den individuellen digitalen Erfolg und klären ab, welche Lösungen für die operative Umsetzungen geeignet sind, um die Ziele auch wirklich zu erreichen. Das gilt für alle Kampagnen entlang der Customer Journey inklusive Steigerung der Awareness in den Zielgruppen, besseren Traffic ebenso wie für die Lead Strategie und Generierung, Suchmaschinenoptimierung, Social Media-Kommunikation oder Webcontrolling.

Zur Person:

Gerd Kielburger verfügt über mehr als 30 Jahre Erfahrung als Fachjournalist in nationalen und internationalen Medien und Zielgruppen inklusive China. 25 Jahre davon als Chefredakteur und Publisher bei Vogel Communications Group in den Branchen Prozessindustrien und Chemie, Pharma, Labor. Seit 2020 verantwortet er als Director International Business & Strategy das gesamte internationale Business der Vogel-Gruppe und ist im Board des Vogel Joint Ventures in China.

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