Belief-driven-buying Wie B2B-Marken jetzt ihr Rückgrat finden

Von Gunnar Schnarchendorff* |

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Junge Zielgruppen richten Ihre Entscheidungen für oder gegen B2B-Marken immer mehr an sinnstiftenden Themen aus. Daher sprechen derzeit Unternehmen auch vermehrt über Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility. Aber reicht das? Oder müssen Marken im B2B jetzt auch Taten sprechen lassen?

Generation Z macht die Entscheidungen für oder gegen eine Marke immer mehr abhängig von gesellschaftlich nachhaltigem Handeln eines Unternehmens.
Generation Z macht die Entscheidungen für oder gegen eine Marke immer mehr abhängig von gesellschaftlich nachhaltigem Handeln eines Unternehmens.
(Bild: gemeinfrei / Pexels)

Zunehmend positionieren sich Marken über sog. „sinnstiftende“, gesellschaftlich relevante oder gar politische Themen und nehmen zu diesen auch öffentlich Stellung. Auch im B2B-Segment sieht man, dass Themen wie Nachhaltigkeit oder Corporate Social Responsibility (CSR) zu wichtigen Kriterien bei B2B-Entscheidungen avancieren. Viele Unternehmen prüfen dabei ihre gesamte Supply Chain und setzen Betrieben ihrer Lieferkette klare Standards.

Gleichzeitig beobachten wir, dass junge Zielgruppen wie die „Generation Z“ ihre Entscheidungen für oder gegen Marken, Produkte oder Arbeitgeber wie auch ihre Markentreue verstärkt an diesen sinnstiftenden Themen ausrichtet – das sog. „Belief-driven buying“. Der Beitrag von Marken zur Gesellschaft, zu guten und fairen Arbeitsbedingungen, Gendergerechtigkeit, ökologischen Materialien und Produktionsverfahren oder nachhaltigem Wirtschaften ist ein mindestens ebenso starkes Kaufkriterium wie Blank zu viel Qualität, Funktionalität oder Design des Produktes. Laut der Studie „The Truth about Gen Z“ sind fast 60 % der Gen Z sogar bereit, mehr für ein Produkt zu zahlen, wenn die Marke ein Thema unterstützt, das ihnen am Herzen liegt.

Marken als Treiber sozialen Wandels

Mehr noch: Konsumenten sind nicht nur davon überzeugt, dass Marken gesellschaftliche Veränderungen vorantreiben können – sie fordern dies sogar ein. Schon 2018 zeigte die repräsentative Studie „Earned Brand 2018“ von Edelman Intelligence, dass 53 % der Befragten glauben, Marken könnten mehr tun als Regierungen, um soziale Probleme zu lösen. Weitere 46 % sehen bei Marken auch die besseren Ideen, um diese Probleme anzupacken.

Die neue Rolle der Marke wird also vom Konsumenten getrieben. Mit allen Konsequenzen. Verstößt eine Marke gegen das selbst gesetzte Wertesystem bzw. jenes der Zielgruppe, wird sie über soziale Medien gnadenlos abgestraft. Laut der Studie „Battle of the Wallets: The Changing Landscape of Consumer Activism“ von Weber Shandwick/KRC befürworten knapp 60% sogenannte „Buycotts“. Es gibt mittlerweile sogar eine gleichnamige App, welche einem sogar die eigene Meinungsbildung abnimmt.

Passend dazu: 72 % halten das Teilen von Informationen über „negative Unternehmen“ für ein probates Mittel, 36 % würden sogar falsche Gerüchte streuen. Man kann davon halten, was man will; deutlich wird aber: Verbraucher und Interessensgruppen sind zunehmend bereit, aktiv zu werden, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen.

Von Marken und Identitäten

Marken sind heute Teil der persönlichen Identität. Sie repräsentieren uns und wir repräsentieren sie. Durch Marken können wir unseren Stil, unseren „Lifestyle“ wie auch unsere Haltung ausdrücken. Daher suchen wir – bewusst oder unbewusst – Marken, die sich mit unserem persönlichen Wertesystem decken. So können wir heute mehr denn je behaupten, dass Marken eben auch eine emotionale Heimat bieten. Sie sind ein Teil unseres Lebens.

Ist das im B2B genauso? Noch nicht – mit Betonung auf dem „noch“. Da B2C und B2B in ihren Funktionsweisen immer mehr zusammenwachsen, werden wir diese Entwicklung zunehmend auch im Business-Sektor beobachten. Das liegt einerseits an den Entscheidern, aber auch an den Arbeitnehmern. Diese suchen ebenfalls verstärkt Arbeitgeber, mit denen sie sich identifizieren können – und da sind genau jene Werte- und Haltungs-Themen von Bedeutung.

Von “nice to have” zu “need to have”

B2B-Marken werden also aus den vielfältigsten Gründen gar nicht umhinkommen, mindestens eine klar definierte Marke mit einem relevanten Wertesystem zu entwickeln. „Relevant“ wird hier verstanden als inhalts- und bedeutungsvolle Werte, die über das bloße Bullshit-Bingo aus „Qualität“, „Zuverlässigkeit“ und „Tradition“ hinausgehen und Anknüpfungspunkte für interne wie für externe Stakeholder bieten. Warum? Weil echte Werte das Potenzial in sich tragen, die Handlungen von Unternehmen und Menschen zu bestimmen und sie damit „accountable“ machen. Heißt: Was sie tun, wird messbar und operationalisierbar. Gerade Führungskräfte können damit unmittelbar auf das Wertesystem ihres Unternehmens verpflichtet und nach diesem beurteilt werden.

Das schafft Klarheit und Differenzierung und macht es Arbeitnehmern zunehmend leichter, den für sie richtigen Arbeitgeber zu finden. Vielleicht wird vielen Führungskräften dann auch endlich klar, dass nicht Bezahlung, Kantine, Jobrad oder Standort die wahren Treiber der Arbeitnehmerattraktivität sind, sondern am Ende (auch) ihr eigenes Handeln und Auftreten.

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Sollten B2B-Marken also eine Haltung haben? Ich denke, sie müssen es sogar. Wer es schafft, über die Erwartungen der Stakeholder oder die „gesetzlichen Vorgaben“ hinauszugehen und eigene Maßstäbe zu setzen und diese konsequent zu leben, der wird sich dadurch profilieren und differenzieren. Und er gewinnt ein ganzes Füllhorn an kommunizierbaren Themen, die weit jenseits von Produkten und deren Funktionalitäten liegen. Alles Dinge, die ohnedies in vielen Fällen nur noch temporär differenzieren.

Unternehmen und Persönlichkeiten, die in diesem Sinne eine klare Kante zeigen, können inspirieren und faszinieren. Denn sie entwickeln wahrhaftig eine echte „Markenpersönlichkeit“, die es leicht macht, an sie emotional anzudocken.

Rückgrat ist das, was manchmal schmerzt

Ist das immer einfach und immer positiv? Keineswegs. Zu polarisieren heißt eben, beide Pole zu schaffen. Und damit werden sich auch einige von diesen Marken abwenden. Jene, die sich dann aber bewusst für diese Marke entscheiden, werden ihr vermutlich noch loyaler sein. Im besten Falle werden sie zu deren Fans und aktiven Fürsprechern. Eine klare Haltung kann also Loyalität schaffen und über die langfristig erhöhte (Wieder-)Kaufbereitschaft unmittelbar Umsatz und Markenwert beeinflussen.

Aber egal, wohin der Weg führt: Allein die Beschäftigung mit dem eigenen Wertesystem und der Haltung zu gesellschaftlich relevanten Themen wird vielen Marken wichtige Erkenntnisse mit sich bringen.

Was können B2B-Unternehmen daraus lernen? Mein Rat: Arbeitet an einer echten Markenpersönlichkeit. Mit relevanten, authentischen und bedeutungsvollen Werten. Entwickelt daraus eine Haltung, die den Namen auch verdient. Und habt den Mut, eine Meinung zu haben, sie konsequent zu leben und ebenso konsequent zu äußern. Auch wenn es anfangs schwerfällt, es zahlt sich aus. In einem klaren Markenbild und erhöhter Loyalität bei allen Stakeholdern.

* Gunnar Schnarchendorff ist Head of Strategy von wob AG.

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