Fehlerkultur Wieso Scheitern gut für das Geschäft sein kann

Autor / Redakteur: Luuk Houtepen / Lena Höhn

Hand aufs Herz: Wie reagieren Sie, wenn Ihnen ein Fehler unterläuft? Erzählen Sie möglichst vielen Freunden und Kollegen davon, um diese aus Ihren Misserfolgen lernen zu lassen? Vermutlich nicht, denn Fehler werden in Deutschland als Schwächen angesehen. Dabei kann Scheitern gut für das Geschäft sein.

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Alleine das zunehmende Tempo vieler Märkte zwingt uns dazu, Fehler zu akzeptieren.
Alleine das zunehmende Tempo vieler Märkte zwingt uns dazu, Fehler zu akzeptieren.
(Bild: gemeinfrei / CC0 )

Penicillin, Post-its, Teflon oder Teebeutel – all diese Produkte laufen uns in unserem Alltag regelmäßig über den Weg. Dass wir uns kleine bunte Gedächtnishilfen an den Kühlschrank kleben oder Tee ohne großen Aufwand zubereiten können, verdanken wir aber vor allem einem Umstand: dem Fehler des jeweiligen Erfinders. Was auf den ersten Blick also ein Misserfolg ist, kann dennoch eine Innovation sein. Diese Erkenntnis scheint sich in Unternehmen allerdings noch nicht nachhaltig durchgesetzt zu haben. Denn vor allem in Deutschland ist das Thema „Scheitern“ hauptsächlich mit Ängsten verbunden – der Angst vor Gesichtsverlust, vor dem Karriereknick oder gar vor disziplinarischen Folgen.

Aus Fehlern lernen

Aber welche Auswirkungen hat das auf unsere Wirtschaft? Die Studie „So arbeitet Deutschland“ zeigt: 86 Prozent der Arbeitnehmer und Freelancer in Deutschland wünschen sich mehr Fehlertoleranz, wenn sie an Innovationen oder neuen Produkten arbeiten. Diese Verknüpfung von Innovation und Scheitern kommt nicht von ungefähr, wie das aktuelle Innovations-Ranking der Boston Consulting Group zeigt. Denn unter den weltweiten Top-10 befinden sich insgesamt acht Unternehmen mit Sitz in den USA – einem Land, das für eine sehr fortschrittliche und moderne Fehlerkultur bekannt ist.

Zum Vergleich: Das innovativste Unternehmen Deutschlands belegt in der Rangliste lediglich Platz 21. Michael Dell, Gründer des gleichnamigen Computerherstellers, brachte die amerikanische Einstellung zum Thema Scheitern kürzlich auf einer Konferenz treffend auf den Punkt: „If you don’t go bankrupt at least once in your life, you haven‘t learned and you are a nobody“. Sollten sich deutsche Unternehmen davon eine Scheibe abschneiden? Vielleicht, denn Beispiele anderer Länder zeigen, dass „aus Fehlern lernen“ nicht nur funktioniert, sondern auch zu einem entscheidenden Innovations- und Wettbewerbsvorteil werden kann.

Gemeinsam schöner scheitern

Den Kreis der Lernenden weiten Unternehmen dabei bewusst aus. So werden in sogenannten Failure Nights Misserfolge regelrecht zelebriert. Das schafft nicht nur einen Wissensgewinn, sondern festigt auch einen positiven Umgang mit Scheitern. Denn die negative Kommunikation von erfolglosen Projekten wirkt sich maßgeblich auf die Motivation und Kreativität von Mitarbeitern aus.

Nicht verwunderlich also, dass sich je mehr als 60 Prozent der Deutschen eine offenere Kommunikation bei Fehlern, die Ermutigung nach Misserfolgen durch die Vorgesetzten und die Anerkennung von Misserfolgen als Chance zur Weiterentwicklung wünschen. Denn nur durch Weiterentwicklung entstehen Ideen, nur durch Ideen Innovationen und nur durch Innovationen gelingt es Unternehmen, in disruptiven Märkten zu bestehen. Fehler werden zum Nährboden für Fortschritt.

Vier Tipps für eine positive Fehlerkultur

  • 1. Mit gutem Beispiel vorangehen: Führungskräfte müssen die positive Einstellung zu Misserfolgen vorleben. Nur so entsteht bei Mitarbeitern ein Gefühl der Sicherheit: Wenn ich Fehler mache, ergeben sich daraus keine Konsequenzen.
  • 2. Misserfolge feiern: Mehr noch, Fehler werden sogar als Chance gefeiert – gerne auch mal bei einem Feierabendbier im Kollegenkreis. Wichtig dabei: Nicht nur den Fehler analysieren, sondern den Kollegen auch aufmuntern und zu einem weiteren Versuch ermutigen.
  • 3. Akzeptieren, keine Ahnung zu haben: Neues wäre nicht neu, wenn wir schon Erfahrungen damit hätten. Wir müssen den Mut haben, Dinge auszuprobieren und unseren Kurs entsprechend neu anzupassen.
  • 4. So schnell wie möglich Feedback geben: Wer seinen Kurs korrigieren will, sollte die Notwendigkeit dazu möglichst früh erkennen. Je schneller man einen Fehler entdeckt, desto eher kann man noch daraus lernen. Feedback von Kollegen und Vorgesetzten sowie kritisches Hinterfragen des eigenen Handelns sind deshalb die Grundlagen für den erfolgreichen Umgang mit Misserfolgen.

Scheitern ist Chefsache

Alleine das zunehmende Tempo vieler Märkte zwingt uns dazu, Fehler zu akzeptieren. Wer lange plant und jede Unwägbarkeit ausschließen möchte, verpasst wichtige Trends, Markteintritte oder wechselnde Kundenbedürfnisse. Die richtige Fehlerkultur wird in so einem Umfeld zur Überlebensstrategie. Wie aber gelingt uns die Enttabuisierung des Scheiterns in Unternehmen und die Etablierung einer Kultur, die nicht nur frei von Ängsten und Konsequenzen ist, sondern Mitarbeitern dadurch auch mehr Freiraum für Ideen gibt?

In meinen Augen ist hier das Management gefragt. Scheitern ist menschlich – der konstruktive Umgang damit aber will gelernt sein. Wir leben in einer Leistungsgesellschaft, in der Menschen an ihren Erfolgen gemessen und für ihre Niederlagen verurteilt werden. Diese im Großteil fest verankerte Grundeinstellung zu lösen, ist Aufgabe von Führungskräften. Sie müssen mit gutem Beispiel vorangehen, eigene Fehler positiv und offen kommunizieren und gleichzeitig ihren Mitarbeitern mit einem großen Maß an Vertrauen begegnen. Sie müssen Mitarbeiter nach Misserfolgen motivieren und ihnen Anreize geben, neuen Aufgaben mutig entgegenzublicken. Sie müssen in ihren Mitarbeitern aktivieren, was die Autorin J.K. Rowling, selbst unzählige Male gescheitert, Harvard-Absolventen in ihrer Rede mitgab: „Ich stehe hier nicht und sage euch, dass Scheitern Spaß macht.“

Luuk Houtepen ist Director Business Development bei SThree
Luuk Houtepen ist Director Business Development bei SThree
(Bild: SThree)

Über den Autor

Luuk Houtepen, Director Business Development bei SThree, verantwortet die Key Clients sowie die Business Development Strategie des Unternehmens. Zudem engagiert sich der 35-Jährige ehrenamtlich als Vorstandsvorsitzender bei der Gesellschaft APSCo (The Association of Professional Staffing Companies) Deutschland für die Einhaltung hoher Standards in der Personalbeschaffungsbranche.

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