Arbeitswelten Die Zukunft der Arbeit – Sind Sie dabei?
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In Zukunft erwarten uns beträchtliche Veränderungen in der Arbeitswelt, denen wir frühzeitig begegnen müssen. Das sind die Ergebnisse einer internationalen Expertenbefragung zur Zukunft der Arbeit.

Das Millennium Project und die Bertelsmann Stiftung haben gemeinsam die Ergebnisse einer internationalen Expertenbefragung zur Zukunft der Arbeit veröffentlicht. Die Befragung zeigt einige Veränderungen in der Arbeitswelt, auf die sich Unternehmen einstellen sollte.
Die globale Arbeitslosigkeit könnte bis 2050 sehr stark ansteigen
Wir dürfen uns nichts vormachen; alles was automatisiert werden kann, wird auch automatisiert werden. Die Entwicklung hin zu künstlichen Intelligenz verläuft exponentiell. Die Maschinen werden immer schneller immer klüger. Es gibt kein „Plateau“, auf dem die Entwicklung zum Stillstand kommt und der Mensch dann aufholen könnte. Diese rasante Entwicklung betrifft in der Folgen jeden Arbeitenden, egal ob es sich um einen Führungsmenschen, einen Angestellten, einen Selbständigen oder einen Vorstand handelt. Da diese Entwicklung kaum aufzuhalten zu sein scheint, müssen wir uns Gedanken machen über ein alternatives Verständnis von „Arbeit“, denn Arbeitslosenquoten von durchschnittlich 24 Prozent (so die Experten) in 2050 sind gesellschaftlich nicht zu verkraften.
Robotik, künstliche Intelligenz und Technologie-Konvergenz treiben die Entwicklung – Arbeitgeber hinken hinterher
Die letzten beiden Ausgaben des D21 Digital Index, an dem die Bertelsmann Stiftung beteiligt gewesen ist, haben gezeigt: Arbeitnehmer leiden schon heute an einer „Unterversorgung“ mit adäquater Hard- und Software, die es verhindert, dass die Potenziale digitalen Arbeitens gehoben werden. Hinzu tritt das Fehlen einer digitalen Arbeitskultur. Statt auf die Vorteile mobilen Arbeitens zu setzen, müssen Arbeitende entgegen ihrer Wünsche täglich in Büros weitab von ihrem Wohnort verharren, da eine veraltete Technik im Büro kein konsequentes mobiles Arbeiten ermöglicht.
Die bewusste Nutzung von künstlicher Intelligenz bei der alltäglichen Arbeit auf der einen und die Verweigerung des digitalen Arbeitens auf der anderen Seite führt zudem zu einem Digital Gap innerhalb der Arbeitnehmerschaft. Es kann aber auf Dauer die Zufriedenheit am Arbeitsplatz beschädigen, wenn die digitalen „Verweigerer“ sichtbar weniger produktiv sind als die digital Affinen. Es ist fraglich, ob diese Erkenntnis bei den mehrheitlich in wirtschaftlichen Führungspositionen sitzenden Baby Boomern, die eher als technikavers zu bezeichnen sind, angekommen ist.
Weitergehende Fragen wie die nach den arbeitsrechtlichen Konsequenzen eines „Roboter-Chefs“ oder einer Arbeit im virtuellen Raum müssten eigentlich thematisiert werden, werden aber noch lange nicht von der Mehrheit der Entscheider überhaupt als relevante Aspekte wahrgenommen.
Arbeit ist heute multilokal und mobil, morgen virtuell und im Metaversum
Wir erleben zur Zeit den Übergang von der ortsgebundenen Arbeit bei ein und demselben Arbeitgeber, der lebenslangen Anstellung, der lebenslangen Ausübung eines Berufs und der sinnbefreiten taylorisierten Arbeit hin zu einer mobilen oder gar virtuellen ortsungebundenen, anlassbezogenen Arbeit für verschiedene Auftraggeber. Dieser Übergang von der standardisierten zur entgrenzten Arbeitsweise eines zunehmend mündigen Arbeitnehmers ist gegenwärtig in keiner Weise kompatibel mit dem bestehenden Arbeitsrecht, der Vorstellung von national begrenzten Märkten oder nationalen sozialen Sicherungssystemen, die zudem auf klassische Erwerbsarbeit ausgerichtet sind.
Nichts beschreibt die Ausrichtung auf traditionelle Arbeit zur Zeit besser als der Streit zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern um die Verkürzung der Wochenarbeitszeit. Es kann zukünftig nicht mehr um das Absitzen eines wöchentlichen Zeitkontingents gehen. Vielmehr muss es um eine aufgaben- statt zeitfixierte berufliche Tätigkeit gehen, die aber im Umkehrschluss dann auch ein entsprechend anderes Besitz- und Verantwortungsverhältnis des Arbeitnehmers gegenüber der Firma, für die er auf Dauer arbeitet, bedeuten würde. Denn aufgabenzentrierte Arbeit in einer virtuellen Welt ist in nahezu keiner Weise kompatibel mit tradierten Führungsrollen und der damit einhergehenden Zuschreibung von „klaren“ Verantwortlichkeiten und Besitzständen, auch bekannt als Statusdenken.
Das Bildungssystem muss sich in Richtung selbstgesteuerter Bildungsportfolios verändern
Dass ein solches Arbeitsverständnis gänzlich andere Qualifikationen und Kompetenzen erfordert, scheint mehr als selbstverständlich. Formale für ein Leben lang erworbene berufsbezogene Kompetenzen sind zwar nach wie vor geeignet, um ein gewisses Grundset an Qualifikation für eine erste berufliche Tätigkeit mitzubringen. Entscheidender werden aber bisherige „Soft“ Skills sein; die Fähigkeit zum Teilen statt zum Einsatz von Ellbogen, Empathiefähigkeit statt Apparatschik-Kompetenz, Kommunikationsfähigkeit statt Command-and-Controll-Logiken, eigenverantwortliche informelle Bildungsaktivitäten statt Standard-Module mit Standard-Zertifikaten, Computational Thinking statt Versäulung von Kompetenzen und Zuständigkeiten.
Dann werde ich eben Empath: Zukunftstätigkeiten
Ein stark individualisierter Bildungsverlauf sowie die stärkere Fokussierung auf Tätigkeiten statt auf Berufsbilder wird dann auch zu einer stärkeren Ausdifferenzierung der Erwerbstätigkeiten führen. Kurzfristig entstehende Bedarfe für Tätigkeiten, die es bisher nicht gegeben hat (Data Analyst, persönlicher Bildungscoach etc.) führen uns schon heute vor Augen, dass es schon in 10 Jahren Tätigkeiten geben wird, für die wir heute noch keinerlei formale Ausbildungskonzepte haben. Tätigkeitsbilder (statt Berufsbilder) verändern sich in fluider Weise und fortlaufend. Die Fähigkeit, sich mit Hilfe digitaler Tools kurzfristig in neue Themenfelder einzuarbeiten, wird immer wichtiger werden. Zu erkennen, was heute und morgen gefragt sein wird, setzt aber wiederum andere persönliche Kompetenzen als bisher voraus. Nicht die Verteidigung der eigenen beruflichen Daseinsberechtigung sollte das Ziel sein sondern die beständige Suche nach der Tätigkeit, die mich morgen bewegen wird.
Und an dieser Stelle schließt sich der Kreis; Bildung, eine digitale Arbeitskultur und die Fähigkeit, sich sowohl als Standort wie auch als einzelnes Unternehmen auf diese neuen digitalen Herausforderungen einzustellen sind die Grundvoraussetzungen für die Arbeitswelt von morgen. Ob „Arbeit“, wie wir sie heute verstehen, dann noch existieren wird, ist eine Frage, die nur die Zukunft beantworten kann. Dass aber die Anforderungen an das Bildungssystem, den Arbeitsmarkt und die Arbeitnehmer sich schon heute verändern, steht außer Frage. Haben Sie sich schon auf den Weg gemacht?
Dr. Ole Wintermann hat für die Bertelsmann Stiftung die Plattform Futurechallenges.org aufgebaut. Er ist Co-Founder der Menschenrechtsplattform www.weye.info und befasst sich mit der Zukunft der Arbeit, Fragen der Globalisierung, der Demografie, der Freiheit des Netzes und OER. Er bloggt außerdem auf www.zukunftderarbeit.de, www.globaler-wandel.eu www.blog.aus-und-weiterbildung.eu , www.gov20.de und www.netzpiloten.de
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