Marketing-Gleichung für B2B – Teil 2 Wie richtige B2B-Segmentierung den Kundennutzen optimiert
Jeder B2B-Sektor besteht aus einer Vielzahl von Kundenunternehmen, die sich in ihren Zielsetzungen, Anforderungen und Wünschen zum Teil deutlich unterscheiden. Eine Segmentierung ist immer dann anzustreben, wenn die Marktsegmente einzeln effektiver und effizienter bedient werden können als der Gesamtmarkt.
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Bei der Segmentierung unterteilt man die Menge der potenziellen Kunden derart, dass sie in mindestens einem relevanten Merkmal übereinstimmen. So erhält man Kundengruppen, die als Teilmärkte beziehungsweise Segmente bezeichnet werden. Im Rahmen des B2B-Vermarktungsprozesses ist die Segmentierung, das heißt die Auswahl attraktiver Marktsegmente für die Geschäftsfeldplanung der Unternehmen, das erste wichtige Aktionsfeld beziehungsweise die erste Phase der Marketing-Wertschöpfungskette (siehe Abbildung 1).
Wie man bei der richtigen Segmentierung vorgeht
Der jeweilige B2B-Bereich wird in Teilmärkte (Segmente) derart aufgeteilt, dass die einzelnen Segmente Unternehmen und Organisationen enthalten, die ähnliche Eigenschaften aufweisen und nach gleichen Gesichtspunkten einkaufen. Die Marktsegmentierung muss sicherstellen, dass Leistungen, Preise, Vertriebswege und Kommunikationsmaßnahmen zu den spezifischen Anforderungen der identifizierten Kundengruppen passen. Damit wird deutlich, welche bedeutende Rolle die Segmentierung des Zielmarktes auch im B2B-Marketing einnimmt. Von besonderer Bedeutung ist dabei das Verständnis für eine kundenorientierte Durchführung der Segmentierung, denn der Vermarktungsprozess sollte grundsätzlich aus Sicht der Kunden beginnen. Daher steht die Kundenanalyse, die sich mit den Zielen, Problemen und Nutzenvorstellungen der potenziellen Kunden befasst, im Vordergrund der Segmentierung. Die hiermit angesprochene Rasterung der Kundengruppen erhöht die Transparenz des Marktes, lässt Marketing-Chancen erkennen und bietet die Möglichkeit, Produkt- und Leistungsmerkmale feiner zu differenzieren.
Zweistufige Segmentierungspraxis
Für das Anwendungsfeld des B2B-Marketings bietet es sich an, die Segmentierung in zwei Stufen vorzunehmen:
- 1. Stufe: Makrosegmentierung zur Abgrenzung von Kundengruppen mit homogener Problemlandschaft und Nutzenvorstellung
- 2. Stufe: Mikrosegmentierung zur Auswahl und Ansteuerung der an der Kaufentscheidung beteiligten Personen innerhalb der ausgewählten Kundengruppe.
Makrosegmentierung
Die (strategisch ausgelegte) Makrosegmentierung konzentriert sich problembezogen auf eine effiziente Aufteilung des Gesamtmarktes in möglichst homogene Teilmärkte. Dabei wird eine Beschreibung und Abgrenzung der Kundengruppen mit Hilfe organisationsbezogener Kriterien vorgenommen, die in etwa den „demo¬grafischen“ Kriterien im B2C-Bereich entsprechen:
- Vertikale Märkte (Branchen)
- Horizontale Märkte (Funktionen)
- Räumliche Märkte (Regionen)
- Betriebsgröße (Umsatz, Anzahl der Beschäftigten, Bilanzsumme etc.)
- Technologie (Hardware, Vernetzung, Datenbanksystem, Anwendungssysteme etc.)
Vertikale Segmentierung
Aus Sicht vieler B2B-Unternehmen ist die vertikale Segmentierung, das heißt die Aufteilung des Marktes nach Branchen maßgebend. Neben der generellen Branchenzugehörigkeit (Industrie, Handel, Banken, Versicherungen, Transport, Verkehr, sonstige Dienstleistungen und Öffentlicher Bereich) ist vor allem die Differenzierung innerhalb dieser Wirtschaftsbereiche besonders aussagekräftig. Im industriellen Bereich beispielsweise kann weiter unterschieden werden nach Wirtschaftsabteilungen wie chemische Industrie, Maschinen- und Anlagenbau, Elektroindustrie etc. oder nach Fertigungsarten wie Auftrags- und Einzelfertiger, Serienfertiger, Massenfertiger und Prozessfertiger. Häufig bietet erst eine solch umfassende Differenzierung (zum Beispiele anhand eines Segmentierungsbaumes wie Abbildung 2 dargestellt) Anhaltspunkte dafür, welche primären Zielgruppen ausgewählt, oder welche Organisationsgruppen als weniger relevant ausgeschlossen werden sollen.
Segmentierungsbeispiel Fertigungsindustrie
Eine besonders aussagekräftige Segmentierung im Bereich der Fertigungsindustrie hat die Unternehmensberatung UBM (heute: Oliver Wyman) für ihre Kunden entwickelt. Dabei werden die beiden Merkmale Stabilität des Produktionsprozesses und Komplexität des zu fertigenden Produktes zueinander in Beziehung gesetzt. Die Stabilität des Produktionsprozesses korreliert sehr stark mit der Anzahl der produzierten Erzeugnisse und wird mit den Ausprägungen niedrig, mittel und hoch auf der Abszisse abgetragen. Auf der Ordinate werden die verschiedenen Komplexitätsstufen des Produktes dargestellt. Je komplexer das zu fertigende Produkt ist, desto höher sind auch die Anforderungen an die Stücklistenorganisation. Auf diese Weise lassen sich dann Industriesegmente wie Einmal-, Einzel-, Varianten-, Massen-, Wiederhol- oder Prozessfertiger voneinander abgrenzen (siehe Abbildung 3).
Segmentierungsbeispiel Mittelstandsberatung
Ein sehr wirkungsvolles Beispiel für die Bestimmung relevanter Zielgruppen im B2B-Mittelstand untenstehende Abbildung. Danach werden die beiden Merkmale Unternehmensperformance (mit den Ausprägungen niedrig, mittel und hoch) und Unternehmenszugehörigkeit (mit den Ausprägungen Entrepreneurial Companies, Corporate Companies und Semi-public Companies) zueinander in Beziehung gesetzt. Die so identifizierten Marktsegmente reichen von „erfolgreichen“ und „innovativen“ Unternehmen, über „Start-ups“ bis hin zu „Sanierungsfällen“ und „Insolvenzen“. Auf diese Weise lässt sich für B2B-Anbieter im Mittelstand der spezifische Bedarf für die einzelnen Marktsegmente ableiten.
Mikrosegmentierung
Der Segmentierung auf Mikroebene (Unternehmensebene) liegt eine andere logische Dimension zugrunde als der Makrosegmentierung. Während in der Makrosegmentierung die strategisch bedeutsame Auswahl des zu bearbeitenden Marktausschnitts (Zielgruppe) getroffen wird, legt die Mikrosegmentierung fest, welche Zielpersonen innerhalb der zuvor definierten Zielgruppe angesprochen werden sollen. Als Kriterien zur Abgrenzung der Mikrosegmente können Merkmale der an der Kaufentscheidung beteiligten Personen, wie Stellung in der Hierarchie, Zugehörigkeit zu bestimmten Funktionsbereichen oder persönliche Charakteristika, herangezogen werden. Für das B2B-Marketing ist diese Multipersonalität von besonderer Bedeutung. Zwei Zielpersonenkonzepte bieten sich besonders an: das hierarchisch-funktionales Zielpersonenkonzept und das Buying-Center.
Hierarchisch-funktionales Zielpersonenkonzept
Als eine sehr pragmatische Abgrenzung von Personen, die bei der Auswahl insbesondere von IT-orientierten Dienstleistungen (zum Beispiel ERP-Einführungsberatung, SOA) beteiligt sind, hat sich das hierarchisch-funktionale Zielpersonenkonzept erwiesen. Es geht davon aus, dass in den Beschaffungsprozess des Kundenunternehmens drei Funktionsbereiche involviert sein können:
- Geschäftsleitung
- IS-/IT-Management (CIO)
- Fachabteilung
Buying Center
Die Funktionsweise des Buying Center ergibt sich aus den verschiedenen Rollen seiner Akteure:
- Initiator (englisch Initiator)
- Informationsselektierer (englisch Gatekeeper)
- Beeinflusser (englisch Influencer)
- Entscheider (englisch Decider)
- Einkäufer (englisch Buyer)
- Benutzer (englisch User)
Von besonderer Bedeutung für das B2B-Marketing ist es, die Mitglieder des Buying Center zu identifizieren und diese in ihrem Rollenverhalten zu analysieren.
* Erfahren Sie im dritten Teil der „Marketing-Gleichung“ wie richtige B2B-Positionierung den Kundenvorteil optimiert. Dieser erscheint am 12.12.2018 auf marconomy.
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Marketing-Gleichung für B2B – Teil 3
Wie richtige B2B-Positionierung den Kundenvorteil optimiert
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