Expertenbeitrag

 Romina Pankoke

Romina Pankoke

Voice User Experience Design Lead, Vixen Labs Limited

Definition und Einsatzbereich Sprachassistenten im B2B – was ist eigentlich Voice Marketing?

Von Romina Pankoke |

Anbieter zum Thema

Voice Technologien und KI-basierte Sprachassistenten werden als nächster großer Evolutionsschritt der digitalen Interfaces und Kundenkommunikation gehandelt. Doch was ist Voice Marketing eigentlich konkret, und was ist dran am Hype? Dieser Artikel bietet einen Einstieg in das Thema und Impulse für mögliche Anwendungsbereiche.

Beim Thema Voice geht es nicht nur darum, dass Audio-Botschaften an Zielgruppen gesendet werden, sondern auch darum, den umgekehrten Weg zu gewährleisten.
Beim Thema Voice geht es nicht nur darum, dass Audio-Botschaften an Zielgruppen gesendet werden, sondern auch darum, den umgekehrten Weg zu gewährleisten.
(Bild: gemeinfrei / Pexels)

Definition Voice Marketing

Im Voice Marketing geht es um Strategien und Maßnahmen, um Zielgruppen sozusagen auf der Tonspur zu erreichen. Dazu werden Audio-Inhalte, wie beispielsweise Podcasts und Flash Briefings, produziert oder Sprachnachrichten an Kunden versendet. Damit diese Maßnahmen auf Unternehmen und Marken einzahlen, muss eine sogenannte Audio-Identität entwickelt werden, die für den entsprechenden Wiedererkennungswert sorgt. Beispielsweise haben beim Wort „Telekom“ die meisten vermutlich direkt eine bestimmte Melodie im Kopf - das ist Sonic Branding.

Es geht jedoch nicht nur darum, dass Audio-Botschaften an Zielgruppen gesendet werden, sondern auch darum, den umgekehrten Weg zu gewährleisten: Durch Einbezug sogenannter Voice User Interfaces (also sprachgesteuerte Benutzeroberflächen) wird dafür gesorgt, dass auch Kunden Unternehmen auf der Tonspur erreichen und im besten Fall ein Dialog entsteht. Das kann beispielsweise eine Voice Anwendung für KI-basierte Sprachassistenten, wie Amazon Alexa oder Google Assistant sein, aber auch die Nutzung von Voice Technologien zur Automatisierung einer Service Hotline.

Außerdem wollen Unternehmen von (potenziellen) Kunden gefunden werden, wenn diese per Sprache nach dem Namen oder Angeboten, die das Unternehmen bereitstellt, suchen. Damit befinden wir uns im spannenden Bereich von Voice Search und Voice Search Optimization.

Das Voice User Interface

Die Bedienung per Sprachbefehl ist intuitiv, effizient, einfach und sicher. Deshalb hat Voice das Potenzial, nach Web, Mobile und Social das nächste große Interface zu werden.

Wenn ein Nutzer ein Gerät per Sprache steuert, dann kann er seine Augen auf etwas anderes richten und seine Hände für andere Tätigkeiten verwenden. Das kann nicht nur die Sicherheit erhöhen, wie beispielsweise beim Autofahren, sondern macht den Nutzer auch effizienter, da Menschen schneller sprechen als tippen. Die Nutzer benötigen kein spezifisches Wissen, um ein Gerät zu bedienen, denn sie sprechen einfach mit ihm und das lernen die meisten bereits als Kind. Dass man sein Anliegen lediglich aussprechen muss, bedeutet auch, dass keine weiteren körperlichen Fähigkeiten benötigt werden und der Nutzer im Prinzip weder lesen noch schreiben können muss, um nach einer Information zu suchen. Das macht Voice zu einem extrem barrierefreien Interface und bietet einer ganz neuen Benutzergruppe Zugang zu bisher vielleicht nicht erreichbaren Kanälen.

Wenn sich die Nutzer per Sprachbefehl durch die Welt navigieren, müssen sie zudem fremde Oberflächen weniger berühren. Dadurch verringert sich das Risiko von Krankheitsübertragungen - ein Aspekt, der gerade in den letzten Monaten einen ganz neuen Stellenwert erlangt hat. Die genannten Vorteile sprechen dafür, dass Voice gekommen ist, um zu bleiben.

Damit Menschen und Sprachassistenten miteinander kommunizieren können, sind komplexe Vorgänge im Hintergrund notwendig. Spracherkennung beruht auf künstlicher Intelligenz und dem Zusammenspiel verschiedener Kerntechnologien. Hierzu zählen beispielsweise die Automated Speech Recognition (ASR) und das Natural Language Understanding (NLU), die dafür sorgen, dass Sprachassistenten die Menschen grundsätzlich verstehen und deren Anliegen entgegennehmen können. Über das Natural Language Processing (NLP) weist ein Smart Assistant dem Anliegen dann eine Bedeutung zu, durch die klar wird, was der Nutzer will und welche Antwort er erwartet. Während zu Beginn der Interaktion das gesprochene Wort in Text umgewandelt werden muss (Speech to Text, STT), muss der verarbeitete Text am Ende wieder in Sprache umgewandelt werden (Text to Speech, TTS), damit man dann tatsächlich eine gesprochene Antwort erhält.

Wie funktioniert ein Sprachassistent?
Wie funktioniert ein Sprachassistent?
(Bild: NEXT Munich GmbH, Alex Bosen)

Verbreitung und Nutzung von Sprachassistenten

Ob Unterhaltung, Bildung, Organisation, Recherche, Wegweiser, Sport, Küchenhelfer etc.: Sprachassistenten verankern sich derzeit immer stärker in unserem Leben.

Auf dem Smartphone, der Smartwatch oder den Smart Earplugs begleiten sie uns unterwegs und über den Smart Speaker sind sie zu Hause stets in Reichweite. Nur einen Sprachbefehl entfernt, verändern sie unseren Umgang mit dem Internet und Geräten in unserer Umgebung substanziell.

Die Nutzung von Smart Assistants ist in den letzten Jahren konsequent gestiegen. Auch wenn die Entwicklung in Deutschland sicherlich zaghafter verläuft als beispielsweise in den USA oder Großbritannien, so ist der Trend klar erkennbar, wie beispielsweise die Ergebnisse der jährlichen Postbank Digital Studie zeigen: Demnach nutzten im Jahr 2019 bereits 32 Prozent der Menschen in Deutschland Assistenten von Apple, Google und Amazon. Dieses Jahr sind es bereits 45 Prozent. Die Nutzung findet sowohl auf dem Smartphone also auch in Form von intelligenten Lautsprechern in der Wohnung statt. Doch nicht nur die jüngere Generation, auch die älteren Deutschen finden immer mehr Gefallen daran.

Jetzt Newsletter abonnieren

Verpassen Sie nicht unsere besten Inhalte

Mit Klick auf „Newsletter abonnieren“ erkläre ich mich mit der Verarbeitung und Nutzung meiner Daten gemäß Einwilligungserklärung (bitte aufklappen für Details) einverstanden und akzeptiere die Nutzungsbedingungen. Weitere Informationen finde ich in unserer Datenschutzerklärung.

Aufklappen für Details zu Ihrer Einwilligung

Internationale Studien zeigen zudem, dass die weltweite Corona-Pandemie die Bedeutung und Nutzung von Voice Technologien zusätzlich verstärkt hat. Neben dem gestiegenen Interesse daran, Berührungen fremder Geräte und Oberflächen zu vermeiden, scheinen viele Menschen die vermehrte Zeit zu Hause genutzt zu haben, um sich mit ihren Smart Speakern und Smart Assistants anzufreunden. Die meisten dieser Nutzer gehen zudem davon aus, dass sie dieses neue Medienkonsumverhalten auch „nach Corona“ beibehalten werden.

Alexa und Co.: Wer sind diese Smart Assistants?

Amazon Alexa ist sicherlich einer der bekanntesten Sprachassistenten und wird derzeit am häufigsten über die Amazon-eigenen Echo Smart Speaker genutzt. Daneben gibt es den Google Assistant. Er läuft auch auf Smart Speakern, wie beispielsweise den Google-eigenen Geräten, seine Verbreitung geht aber vor allem mit der Integration in Smartphones mit dem Google-Betriebssystem Android einher.

Während Alexa (zumindest derzeit) häufig mit der stationären Nutzung zu Hause in Verbindung gebracht wird, geht es bei Google Assistant oft um die Nutzung „on the go“ oder zumindest in mobileren Szenarien in Verbindung mit dem Smartphone. Dies ist aber keinesfalls als absolute Abgrenzung zu betrachten. Beide Anbieter sind extrem darum bemüht, ihre Technologien über die eigenen Devices hinaus möglichst weit zu verbreiten und die Bandbreite der Nutzungsszenarien zu erhöhen. Dazu zählen nicht nur typische Gadgets und sogenannte Wearables, sondern auch die gesamte Smart Home-Palette und das Auto.

Beide Plattformen streben es zudem an, möglichst vielen Unternehmen und Privatpersonen die Entwicklung eigener Anwendungen für den Smart Assistant zu ermöglichen. Bei Amazon heißen diese Anwendungen „Skills“ und bei Google „Actions“. Das Prinzip gleicht dem der Entwicklung mobiler Applikationen für das Smartphone, die von jedermann entwickelt und dann im jeweiligen App Store des Anbieters angeboten werden können. Schaut man sich auf den Marktplätzen von Amazon und Google um, so findet man bereits heute tausende Anwendungen, von Spielen und Quizzes über Smart Home-Anwendungen bis hin zu Meditation, Sport, Rezepten und vielem mehr.

Viele Unternehmen haben diese neue Form der Konsumentenansprache und Markenkommunikation bereits für sich entdeckt. Während es sich für viele dabei um eine Verlängerung in diesen neuen Kanal und eine Attraktive Chance zur direkten Kommunikation mit dem Kunden handelt, hat Voice für viele Zweige aber auch disruptiven Charakter. So stellt Voice beispielsweise Medienunternehmen, Radiosender und Fernsehanstalten vor die Herausforderung, sich diesem neuen, interaktiven Medium und dem daraus entstehenden neuen Medienkonsumverhalten anpassen zu müssen.

Zu den größeren Playern im westlichen Raum zählen zudem Siri, der Sprachassistent von Apple, sowie Bixby von Samsung und Cortana von Microsoft. Gerade bezüglich der zwei letztgenannten gibt es in der Branche regelmäßig Diskussionen rund um mögliche Neuausrichtungen und gar der Einstellung der jeweiligen Angebote.

Außerdem denken auch immer mehr Unternehmen darüber nach, einen eigenen Sprachassistenten ins Leben zu rufen. Für einige ist dies der Versuch, sich in die Liste der Big Player einzureihen, wie beispielsweise im Fall der Telekom mit dem Launch eines eigenen Smart Speaker „Magenta“. Die meisten streben aber eher eine Nischenpositionierung nah an ihrem Geschäftskern an und wollen in erster Linie unabhängig von den großen Plattformen sein. Ein wichtiger Vorteil dieser Vorgehensweise ist die Datenhoheit, denn die großen Plattformen schränken den Zugriff auf die generierten Daten stark ein. Die Britische BBC ist ein sehr gutes Beispiel für diese Vorgehensweise. Vor kurzem wurde der eigene Voice Assistant „Beeb“ als Beta Version veröffentlicht und die BBC hat seit Bekanntgabe dieses Vorhabens betont, dass es vor allem darum gehe, direkten Einfluss auf die User Experience und Zugriff auf alle Nutzerdaten und die damit verbundenen Learnings zu haben.

Voice Technologie für B2B Unternehmen?

Spricht man über das Thema Voice, geht es oft zunächst erst einmal um „Alexa und Co.“, denn die Sprachassistenten sind den meisten bekannt und das erleichtert den Einstieg. Gerade für B2B Unternehmen stellt sich jedoch die Frage, ob eine Alexa Skill und/oder Google Action der richtige Ansatz ist und auch, ob die Aufgabe, „was mit Voice zu machen“ damit getan ist.

Je nachdem, welche Zielgruppen sie ansprechen, welche Kommunikationsziele sie verfolgen und welchen Use Case sie finden, können unterschiedliche Maßnahmen sinnvoll sein. Dabei geht es nicht nur darum, wie sie (potenzielle) Kunden auf der Tonspur erreichen, sondern auch darum, auf den Kanälen erreichbar zu sein, für die sich ihre Zielgruppe entscheidet. Der Einstieg ins Voice Marketing unterscheidet sich also zunächst einmal nicht wirklich von anderen neuen Kommunikationsformen und Kanälen, die in den letzten Jahren in die Kundenansprache integriert wurde. Auch hier gilt: Machen Sie sich ein paar grundlegende Gedanken, bevor Sie sich in die Realisierung eines konkreten Projektes stürzen. Betrachten Sie das Thema ganzheitlich und berücksichtigen Sie Synergien und Verflechtungen mit bestehenden Maßnahmen. Analysieren Sie Ihre Zielgruppe und bestehende Touchpoints ganz konkret im Voice Kontext und finden Sie die bestmöglichen Anwendungsfälle. Definieren Sie ein Sonic Branding für Ihr Unternehmen und schaffen Sie dann Voice Angebote, die einen echten Mehrwert haben, damit sie auch genutzt werden.

In der Marketingkommunikation könnte Voice beispielsweise in folgenden Bereichen relevant sein oder werden:

Voice Search: (Wie) wird man gefunden, wenn User nach bestimmten Keywords per Sprachbefehl suchen? Hier geht es um die Optimierung der entsprechenden Kanäle zur Beantwortung von Sprachsuchen. Der Trend, dass Nutzer immer mehr auf Sprachsteuerung zurückgreifen, zeichnet sich klar ab. Das macht Voice Search zu einem Thema, an dem vermutlich niemand vorbeikommt.

Website: Da sich Kunden immer stärker daran gewöhnen werden, per Voice zu navigieren und zu konsumieren, wird es vielleicht irgendwann auch normal sein, dass Websites per Sprache bedient und Inhalte eher gehört als gelesen werden. Zudem werden Websites zur Beantwortung von Sprachsuchen herangezogen, sofern sie dafür geeignet und von Suchmaschinen gut lesbar sind. Es lohnt sich also, sich mit dem Thema Voice Search Engine Optimization auseinanderzusetzen und sich frühzeitig anzuschauen, wie aus Textinhalten zukünftig Sprach- und Audio Erlebnisse geschaffen werden können.

Mobile App: Es wird zukünftig immer selbstverständlicher werden, Smartphones per Sprache zu bedienen, zumal entsprechende Funktionsweisen und Möglichkeiten von den Herstellern stark ausgebaut und gepusht werden. Wir können also davon ausgehen, dass die User über kurz oder lang, jegliche Mobile Apps per Sprachbefehl steuern können. Sollten Unternehmen eine Mobile App haben, lohnt es sich also, diese um entsprechende Optionen zu erweitern.

Voice Anwendungen: Je nachdem, welchen Content Unternehmen haben, welche typischen Kundendialoge diese führen, und in welchem Kontext Kunden auf diese Hilfe zugreifen, könnte die Einführung einer eigenen Alexa Skill oder Google Action in einem Unternehmen eine tolle Chance sein, den Kundenservice zu erweitern. Denkbar sind auch Angebote, die weniger in direktem Zusammenhang mit dem Service oder dem Produkt stehen, dafür aber mehr auf das Image einzahlen. Kreativ zu sein und aus User-Perspektive „out of the box“ zu denken, zahlt sich hier aus.

Voice Technologien finden aber nicht nur im Marketing ihre Anknüpfungspunkte. Sehr typisch ist auch die Nutzung entsprechender Technologien im Kundenservice, wenn es beispielsweise darum geht, eine Telefon-Hotline auszubauen oder effizienter zu gestalten. Darüber hinaus kann es sogar relevant sein, die Produkte oder Services, die den Geschäftskern ausmachen, um ein Voice User Interface oder eine Voice Komponente zu erweitern. Außerdem kann Voice natürlich auch in der internen Kommunikation und Organisation eine Rolle spielen kann. Wenn Mitarbeiter aus dem Home Office zurück ins Büro kehren, stellt sich vielleicht auch hier die Frage, wie Berührungspunkte unter Mitarbeitern und mit Oberflächen minimiert werden können. Von Konzepten wie dem „Touchless Office“ werden wir sicherlich in der Zukunft noch viel hören.

(ID:46850888)