Teamwork Vier erstaunliche Erfolgsfaktoren für die agile Zusammenarbeit

Autor / Redakteur: Ulrike Stahl / Annika Lutz

Weil Aufgaben heute oft sehr komplex sind, werden mehr hochspezialisierte Experten benötigt. Dies führt zu höherer Diversität, virtuellen Teams sowie einer agilen Vorgehensweise. Was aber braucht es wirklich, damit diese neue Teamarbeit funktioniert?

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Es gibt verschiedene Faktoren, die ein Team erfolgreich machen.
Es gibt verschiedene Faktoren, die ein Team erfolgreich machen.
(Bild: gemeinfrei / Unsplash)

Bisher haben wir in überschaubaren Teams gearbeitet, die lange beständig blieben. Weil die meisten Mitglieder über einen ähnlichen Hintergrund verfügten, war es nicht schwierig, eine Teamkultur zu entwickeln. Das wäre auch heute essentiell. Allerdings ist es weit herausfordernder, diese neue WIR-Kultur in die Tat umzusetzen.

Fokus – Prozess – Flow – Klima

Ein Beispiel: In einem Unternehmen bringt ein Innovationsprozess eine neue Produktidee für digitale Lösungen hervor. Ein Sponsor stellt das Budget für die Produktentwicklung bereit – unter der Bedingung, vor der Konkurrenz auf dem Markt zu sein. Ein Projektverantwortlicher wird eingesetzt und ein ambitionierter Termin für die Markteinführung festgelegt. Für das Projekt werden die besten Experten weltweit aus den involvierten Bereichen rekrutiert (Prozesse, IT, Finanzen, Marketing, Sales etc.). Dabei zeigt sich, dass sich erfolgreiche Teamarbeit durch vier Aspekte auszeichnet:

Fokus: Gemeinsames Ziel und Ergebnisorientierung
Prozess: Arbeitsmethoden und Messkriterien
Flow: Zusammenarbeit und Agilität, sprich Lernen und Weiterentwicklung
Klima: Vertrauen und Zusammenhalt

Die Aspekte Prozess und Fokus bekommen üblicherweise zu Beginn die größte Aufmerksamkeit. Das Budget wird nur bereitgestellt, wenn das Ziel inklusive des Zeitpunkts im Vorfeld bereits klar definiert ist. Durch den hohen Druck sind alle fokussiert, die geforderten Ergebnisse zu liefern. Da die Experten sich zunächst in ihre Themen vertiefen, spielt der Flow – also die Zusammenarbeit – noch nicht die größte Rolle. Informationen fließen, soweit der Prozess das fordert. Dass dabei nicht immer die gesamte Information zur rechten Zeit am rechten Ort ankommt, fällt noch nicht auf. Das Klima ist von „Swift Trust“ geprägt, dem „flüchtigen Vertrauen“. Projektgruppen, die sich neu formen, arbeiten unvermittelt vertrauensvoll zusammen, obwohl sich die Beteiligten gar nicht kennen. Tatsächlich beruht das weniger auf dem Vertrauen in die anderen, als vielmehr auf dem Bewusstsein, es sich nicht leisten zu können, misstrauisch zu sein. Die Beteiligten wissen: „Wir sitzen alle im selben Boot!“

Gefahr „Swift Trust“

Gerade in zeitkritischen Projekten stürzen sich die Beteiligten sofort auf das, was zu tun ist. Weil sich jeder zu Beginn von seiner besten Seite zeigen will, scheint das erfolgsversprechend und es gibt Sicherheit. Persönliche Sichtweisen oder gar Bedenken auszutauschen wird in dieser auf Effizienz getrimmten Umgebung als Zeitverschwendung betrachtet und vermieden. Die Gefahr besteht, sich vom „Swift Trust“ täuschen zu lassen. Er hat nämlich die Eigenschaft, nach einiger Zeit zu verschwinden. Spätestens wenn es zu Verzögerungen kommt oder sich Misserfolge einstellen, zeigt sich, dass Menschen keine Maschinen sind. Plötzlich kommen Emotionen ins Spiel und leiten unser Verhalten. Interessenskonflikte werden sichtbar, Streitereien über scheinbare Belanglosigkeiten häufen sich, Verhaltensweisen werden negativ bewertet.

Die vier Aspekte, die für erfolgreiche Teamzusammenarbeit verantwortlich sind, finden sich in unterschiedlichen Persönlichkeitstypen auch unterschiedlich gewichtet wieder. Während Fokus- und Flow-orientierte Menschen sehr gut mit Druck, agiler Lösungsentwicklung und der daraus entstehenden Unsicherheit umgehen können, fällt dies Klima- und Prozess-orientierten Menschen schwerer. Der eine beginnt um seinen Job zu bangen. Der andere wirkt langsam und zögerlich, weil er gerne perfekte Ergebnisse abliefern will. Hinzu kommt, dass über Befürchtungen und Befindlichkeiten nicht gesprochen wird, weil es scheint, dass die meist Fokus-orientierte Führungskraft dafür kein Verständnis und keine Zeit hat. Die Gefahr wächst, dass die Beteiligten sich nicht mehr voll engagieren, weil sie glauben, keine angemessene Anerkennung für ihre Arbeit zu bekommen oder meinen, keinen guten Job zu machen.

Sackgasse „Lösungswege verteidigen“

Fakt ist: Menschen arbeiten leichter und natürlicher zusammen, wenn sie sich ähnlich sind. In der modernen Arbeitswelt lässt sich Heterogenität aber kaum vermeiden. Unterschiedlichkeiten erwachsen nicht nur aus der Nationalität, sondern auch aus Alter, Bildungsgrad, Expertise und Firmenzugehörigkeit. Hinzu kommt, dass heterogene Teams viel bessere Voraussetzungen haben, wenn es darum geht, komplexe Aufgaben zu bewältigen. Was einerseits Erfolgsgrundlage ist, ist andererseits die größte Stolperfalle. In unserem Beispiel haben wir eine hohe Diversität, zudem müssen Menschen zusammenarbeiten, die sich nur oberflächlich kennen oder/und noch nie gesehen haben. Tatsächlich zeigen Untersuchungen: Je mehr Fremde es im Team gibt und je größer die Diversität ist, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Teammitglieder ihr Wissen teilen oder sich sonst kollaborativ verhalten. Anstatt Informationen frei fließen zu lassen und gemeinsam aus Fehlern zu lernen, schotten sie sich ab und verteidigen ihren Lösungsweg. Was können Organisation und Führungskräfte tun, um Teams langfristig arbeitsfähig zu machen?

Chance „WIR-Kultur“

Relativ schnell nach der Anlaufphase müssen die Aspekte Flow und Klima ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken. Jetzt geht es um Kollaboration statt einfach nur um Arbeitsteilung. Echte Zusammenarbeit ist gekennzeichnet durch eine laufende Interaktion. Durch Teammitglieder, die über ihre eigene Rolle hinausdenken und erfassen, was für die anderen und die gemeinsame Zielerreichung wichtig ist. Gar nicht so einfach, wenn Experten völlig unterschiedlicher Bereiche zusammenwirken. Wird dieser Austausch jedoch gefördert, kann echtes Vertrauen und Zusammenhalt entstehen. Oder kurz gesagt: eine WIR-Kultur. Das fordert von Führungskräften, sowohl aufgaben- als auch menschenorientiert führen zu können. Zu Beginn eines kritischen Projektes bedarf es starker aufgabenbezogener Fähigkeiten. Wenn das Projekt Fahrt aufnimmt, sind mehr menschenbezogene Fähigkeiten gefragt. Untersuchungen zeigen, dass Mitarbeiter in Unternehmen, deren Führungskräfte kollaboratives Verhalten vorleben, in diversen Teams besser zusammenarbeiten. Führungskräfte haben Vorbildwirkung und müssen das Verhalten, das sie von ihren Mitarbeitern erwarten, vorleben. Je größer das Team ist, umso wichtiger ist es, dass die Teammitglieder selbst kollaborative Fähigkeiten entwickeln: gegenseitige Wertschätzung, Beziehungsmanagement, Konflikte produktiv und kreativ lösen, achtsame und zielorientierte Kommunikation, Selbststeuerung und Projektarbeit. Der Mangel an diesen Fähigkeiten kann in diversen Teams zu einem harten Fakt für das Scheitern werden.

Hochdiverse, globale, ad hoc zusammengestellte Teams sind die Lösung, um anspruchsvolle und komplexe Aufgaben zu bewältigen. Gleichzeitig bergen sie auch die größte Herausforderung für erfolgreiche Zusammenarbeit. Der Schlüssel zum Projekterfolg liegt im Gestalten einer WIR-Kultur – im Projektteam und noch besser im gesamten Unternehmen.

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