Interview Messe- und Eventgeschäft „Hybride Eventformate werden sich nachhaltig am Markt etablieren“
Das Messe- und Eventgeschäft leidet unter der Coronakrise. Dass die Branche jedoch nicht stillsteht, zeigen die vielen digitalen sowie hybriden Alternativen, die sich in den letzten Wochen etabliert haben. Wir haben nachgefragt, wie B2B Unternehmen damit umgehen. In diesem Teil: Dominik Heigemeir von Festo.
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Das Einkaufs- und Informationsverhalten von Kunden im B2B-Bereich verändert sich stark und digitale Kanäle gewinnen dabei immer mehr an Bedeutung. Diese Erkenntnis hat auch Festo, ein führendes Unternehmen in der Automatisierungstechnik, bereits vor einigen Jahren in seinen Marketing-Mix integriert. Dieses „digitale Denken“ kommt der Unternehmensgruppe zu Gute, denn auch in Zeiten von Corona und Messeverschiebungen, gilt es schnell digitale Alternativen zu schaffen. Einen spannenden Weg ist Festo mit seiner Virtual Exhibition unter dem Motto „It is REAL!“ Anfang Juli gegangen. Neben einem echten Messestand, der virtuell übertragen wurde, gab es Livestreams der Festo-Experten direkt vom Stand, Produktneuheiten und eigene Chatrooms zum Netzwerken. Wir haben mit Dominik Heigemeir, Leitung Market Communication bei Festo, über das Konzept gesprochen.
Messen und Events sind im B2B-Bereich nicht wegzudenken: Wie relevant sind diese im gesamten Marketingmix von Festo? Spiegelt sich das auch in den Budgets wider?
Dominik Heigemeir: Sicherlich haben auch wir in den letzten Jahren – wie viele B2B-Unternehmen der Automatisierungsbranche – einen hohen Budgetanteil in die Live-Kommunikation auf Messen und Veranstaltungen verwendet. Wir haben jedoch bei Festo bereits früh die Stärken der Digitalisierung erkannt und demzufolge vor vielen Jahren begonnen, unseren Marketing Mix konsequent mehr in Richtung digitaler Medien auszuweiten. Das Informations- und Einkaufsverhalten unserer Kunden hat sich in den letzten Jahren massiv verändert und so ist unser Anspruch die „Customer Journey“ unserer Kunden von Anfang an entsprechend zu begleiten und zu steuern.
Aktuell werden auf Grund des Coronavirus zahlreiche Events und Messen verschoben, teilweise sogar ganz abgesagt. Ein spannendes Konzept von Festo ist die virtuelle Messe, die im Juli stattgefunden hat. Können Sie uns die Idee und das Konzept dahinter schildern?
Auch wir standen mit der Absage nahezu aller Messeplattformen vor der Herausforderung, unseren Kunden die Neuheiten und Innovationen des Jahres zu präsentieren. Das wäre mit Abstrichen natürlich auch über Webplattformen und virtuelle Showroom-Lösungen jederzeit möglich gewesen.
Wir wissen aber auch um die Bedeutung des persönlichen Kontakts und vor allem den Faktor Mensch in der gemeinsamen Lösungsfindung und individuellen Beratung. Aus diesem Grund haben wir uns dazu entschlossen, die bei unseren Kunden bekannte physische Messelandschaft durch interaktive Live-Sessions der jeweiligen Experten virtuell zugänglich zu machen. Unser „echter“ Messestand mit zahlreichen Applikationsbeispielen diente uns als Bühne für über 50 Live-Streams an zwei Messetagen.
Wir haben also die reale Messewelt mit ihren realen Experten auf virtuellem Weg zu unseren Kunden nach Hause gebracht.
Durch den Live-Charakter der virtuellen Messe erreichen Sie auch einen Grad an Emotionalisierung der virtuellen Messe. Wie wichtig sehen Sie das Thema Emotionalisierung im B2B-Marketing?
Emotionalisierung ist ein wichtiger Bestandteil auch im B2B-Marketing. Ich kaufe ja nicht nur ein Produkt beziehungsweise eine Komponente mit bestimmten Spezifikationen. Ich bin auch begeistert von der Lösungskompetenz meiner Ansprechpartner, der Innovationskraft des Unternehmens oder der Verlässlichkeit einer langen Partnerschaft. Das sind nur ein paar Beispiele für Faktoren, die eine emotionale Bindung über das Produkt hinaus schaffen.
Wie ist die digitale Alternative bei Ihren Kunden angekommen? Ist es ein Konzept, das „Face-to-Face-Messen“ in Zukunft gänzlich ersetzen kann?
Wir haben auf unsere erste virtuelle Messe sehr positives Feedback erhalten und sind mit den Ergebnissen absolut zufrieden. Ich bin aber auch davon überzeugt, dass virtuelle Messen die Vorteile eines guten Messegesprächs von Angesicht zu Angesicht nicht komplett ersetzen werden können. Daher werden wir zukünftig unsere Aktivitäten viel mehr darauf ausrichten, die Vorteile der beiden Welten zu verknüpfen. Hybride Eventformate werden sich aus meiner Sicht nachhaltig am Markt etablieren.
Welche Learnings haben Sie in diesem Projekt gemacht und wie geht es mit dem Konzept weiter?
Eine wichtige Erkenntnis war sicherlich, dass wir aufgrund der räumlichen Unabhängigkeit zahlreichen Festo Landesgesellschaften und deren Kunden rund um den Globus einen Zugang zur Festo Welt bieten konnten, der bei einer „Face-to-Face-Messe“ allein aufgrund der Reisestrapazen vielen nicht möglich gewesen wäre – vor allem auch Ländern deren Messelandschaft nicht so ausgeprägt ist wie die deutsche (z.B. Südamerika, Indien, etc.).
Gleichzeitig war auch erkennbar, dass der Aufwand hinter den Kulissen nahezu identisch mit den Vorbereitungen einer physischen Messe ist und man vor allem im Hinblick auf die gewünschte Interaktion mit den Teilnehmern/Usern kreative Ansätze verfolgen musste.
Für unsere Vertriebsmannschaft sind aber gerade in Zeiten reduzierter Kontaktmöglichkeiten die auf der virtuellen Messe generierten Leads ein willkommener „Türöffner“ und eine gute Gelegenheit, mit neuen Ansprechpartnern Kontakt aufzunehmen.
Wie geht es mit dem Konzept weiter: abhängig davon, wie sich die Messelandschaft entwickelt ist alles denkbar – vom virtuellen Zwilling einer „Face-to-Face Messe“, über die oben genannten hybriden Formate bis hin zu rein virtuellen Folgeveranstaltungen. Hier wollen wir uns alle Möglichkeiten offenlassen.
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Welche Tipps würden Sie anderen B2B-Marketern geben, die von den zahlreichen Messe- und Eventverschiebungen betroffen sind?
Nicht den alten Status-Quo herbei sehnen, sondern die Corona-Krise als Chance nutzen, Marktbearbeitung neu zu denken. Ich bin zum Beispiel begeistert, wie schnell einige Vertreter der in den letzten Monaten schwer gebeutelten Veranstaltungsbranche ganz neue kreative Ansätze geboren und neue Geschäftsmodelle für sich geschaffen haben. Sehen wir es also nicht als Krise, sondern als Chance für eine Neuausrichtung!
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