Kundenkommunikation Kundenansprache – die Debatte ums „Du“ oder „Sie“

Von Sebastian Strzelecki*

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Die Entscheidung des Berufsnetzwerks XING, seine Nutzer mit dem direkten „Du“ anzusprechen, hat für teils heftige Diskussionen gesorgt. Unterschiedliche Präferenzen lassen Unternehmer nun ratlos vor der Frage zurück: Welche Anrede ist für Kunden angebracht?

Je besser ein Unternehmen oder eine Marke seine Nutzer und Kunden kennt, umso besser kann die Ansprache gestaltet werden. Am effektivsten ist dabei die Personalisierung bei der Direktkommunikation.
Je besser ein Unternehmen oder eine Marke seine Nutzer und Kunden kennt, umso besser kann die Ansprache gestaltet werden. Am effektivsten ist dabei die Personalisierung bei der Direktkommunikation.
(Bild: gemeinfrei / Unsplash)

Der Wechsel der Anrede als Auslöser

Sebastian Strzelecki, CEO von CleverReach, hat die Entwicklung und Entscheidung der Berufsnetzwerkplattform mit kritischem Auge beobachtet. Denn vor einigen Jahren stand das Unternehmen CleverReach vor einer ähnlichen Situation: „Wie auch XING, haben wir unserer Software 2014 neben neuen Funktionen ein moderneres Aussehen spendiert und hielten es in diesem Zuge für eine gute Idee, mit dem Relaunch auch die Ansprache zu modernisieren.“, erläutert Strzelecki. Auch in diesem Falle löste die Entscheidung des Unternehmens Diskussionen unter den Nutzern aus. Strzelecki ergänzt: „Wir haben unmittelbar und unmissverständlich das Feedback von unseren Kunden erhalten, dass dieser Schritt nicht gewünscht ist. In letzter Konsequenz haben wir uns 2015 dann dazu entschieden, diesen Schritt zu revidieren.“

Social Media vs. Berufsnetzwerk

Die Begründung zur Entscheidung hin zum „Du“ scheint naheliegend. So wollen doch laut einer Studie von Appinio aus dem letzten Jahr die meisten jungen Kunden und Nutzer aus Deutschland auf den Plattformen von Unternehmen geduzt werden. Besonders im Social Media Bereich wird das „Du“ als selbstverständlich erachtet. Instagram ist dabei der absolute „Du“-Vorreiter: über alle Altersgruppen hinweg wollen Nutzer zwischen 16 und 54 Jahren dort vermehrt lieber mit „Du“ angesprochen werden (81 bis 82 Prozent). In den Berufsnetzwerken sieht es dagegen anders aus. LinkedIn und XING werden von Nutzern anscheinend anders gewertet, dort liegt die höchste Zustimmungsrate des „Du“ bei 41 Prozent in der Gruppe der 16 bis 24-jährigen auf LinkedIn. Am wenigsten Zustimmung geben sowohl die 25 bis 34-jährigen als auch die 45 bis 54-jährigen auf XING, mit gerade Mal 27 Prozent für das „Du“.

Kommunikation von Veränderung

Anders lauten allerdings die Zahlen, die das Berufsnetzwerk selber teilt: Dr. Sabrina Zeplin von XING spricht davon, dass mehr als die Hälfte der Mitglieder das „Du“ als richtig und angemessen ansieht, während nur 15 Prozent beim „Sie“ bleiben wollen. So steht es in der öffentlichen Ankündigung des Unternehmens. Die über 2.000 Kommentare unter dem Beitrag spiegeln Meinungen von Nutzern wider, die in beide Richtungen ausschlagen. Eine gerechtfertigte Auseinandersetzung beider Seiten, laut Strzelecki: „Die Herleitung von Dr. Sabrina Zeplin, das „Sie“ stehe für eine hierarchische Denk- und Arbeitsweise, finde ich in der Begründung für diesen Schritt haarsträubend. Innerhalb der Unternehmenskommunikation hat sie vielleicht ein stückweit Recht. Doch wie auch schon viele der Kommentatoren sagen: Wie innerhalb von XING kommuniziert wird, ist XING selbst überlassen. Aber wie XING mit Kunden kommuniziert - auch da gehört es zur Höflichkeitsnorm, erst einmal mit einem „Sie“ einzusteigen. Auch wir bei CleverReach lieben und leben flache Hierarchien und bieten häufig bereits in Bewerbungsgesprächen das Du an, da es Teil unserer Kultur ist. Doch gehört es meines Erachtens zum guten Ton, nach außen zumindest initial gewisse Höflichkeitsregeln einzuhalten.“

Höflichkeit oder Bildung des Markenprofils?

Kunden- und Nutzeransprache ist also abhängig vom Kommunikationskanal und wie das Unternehmen oder die Marke wahrgenommen werden will. Strzelecki sieht vor allem in der deutschen Unternehmenslandschaft klare Tendenzen: „Nach wie vor ist das „Sie“ eine Höflichkeitsform, die im deutschen Sprachgebrauch für ein gewisses Maß an Professionalität, insbesondere auch im B2B- und Dienstleister-Kontext, steht. Wenn die Vertrauensebene erreicht ist, bietet es sich immer noch an, auf die Du-Form zu wechseln.“ Die Entscheidung für die passende Ansprache liegt also bei Unternehmern und Marken selbst, kann aber bei einer Fehlentscheidung nicht leicht zurückgenommen werden. „Meine Devise ist: Ein „Sie“ tut niemandem weh. Mit einem „Du“ sind schnell auch mal Grenzen überschritten. Es macht vielmehr Sinn, und so handhaben wir es bei CleverReach auch, die Sprache der Kanäle zu sprechen. Auf dem sozialen Kanal Instagram duzen wir zum Beispiel“, ergänzt Strzelecki.

Individualität in der Kundenansprache

Kunden und Nutzer werden nicht nur auf Berufsnetzwerken und Social-Media-Plattformen angesprochen. Die Kommunikation mit der Zielgruppe läuft für Unternehmen und Marken über diverse Kanäle hinweg. Hier bleibt die Entscheidung, ähnlich wie CleverReach, plattformabhängig die Ansprache zu adjustieren oder innerhalb des Markenprofils eine Schiene konsequent zu bedienen. Zu sehr abweichen sollten Marken zwischen den Kanälen dabei aber auch nicht. Die Appinio Studie zeigt, dass beispielsweise die Kundenansprache auf den Websites oft auch von Empfinden des Markenprofils abhängt. Im Schnitt sprechen sich rund 31 Prozent der Nutzer nur für das „Du“ auf der Website einer Marke aus, „wenn es zur Marke passt“. Nur rund 24 Prozent finden das „Du“ generell sympathisch. Je besser ein Unternehmen oder eine Marke seine Nutzer und Kunden also kennt, umso besser kann die Ansprache gestaltet werden. Am effektivsten ist dabei die Personalisierung bei der Direktkommunikation, wie Strzelecki erläutert: „Individualität ist in der Kundenansprache das A und O und auch eine der großen Stärken im E-Mail Marketing. Durch unser Tagging und entsprechende Segmente kann man seinen Empfängern beispielsweise direkt eine Ansprache zuweisen. Bei der Ausgestaltung der Inhalte ist es dann möglich, durch dynamische und individuelle Textblöcke automatisch zu Duzen oder zu Siezen.“

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Die Zukunft der Individualkommunikation

Die richtige Kundenansprache zu finden bleibt letztlich immer auch eine Gratwanderung zwischen der Einhaltung des Unternehmens- und Markenprofils, der Kunden- und Zielgruppenstruktur, aber auch des gewählten Kommunikationskanals. Direktes Testen und Abfragen der Präferenz in der entsprechenden Zielgruppe ist die beste Lösung, wenn es um die Entscheidung geht. Grundsätzlich gilt: passt es zum Unternehmen, sollte es auch zur Zielgruppe passen.

CleverReach geht bei der Direktkommunikation im E-Mail Marketing noch einen Schritt weiter: „Wir bei CleverReach planen, künftig die Kundenansprache systemweit zu individualisieren und unter anderem in der Ansprache auf die Bedürfnisse der Kunden einzugehen. Wir glauben, dass dies der nächste Schritt im Dialog von Menschen und Software sein wird“, schließt Strzelecki. Damit wäre die Frage um die passende Kundenansprache, zumindest auf einem Kommunikationskanal, beantwortet.

*Sebastian Strzelecki ist Chief Executive Officer bei CleverReach.

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