B2B vs. B2C Marketing Automation im B2B-Bereich
Was ist Marketing Automation und was macht man damit? Wie nutzt man Marketing Automation im B2B? Geht das überhaupt und wo sind die Unterschiede zum B2C-Geschäft? Mit diesen spannenden Fragen zum Thema Marketing-Automation hat sich marconomy-Experte Norbert Schuster für uns beschäftigt.
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Das „Automation“ in Marketing Automation übersetzen wir Deutschen schnell mit Automatisierung und vermuten, dass Routineaufgaben des Marketings automatisiert werden sollen und vielleicht sogar Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren. Und natürlich automatisieren Marketing Automation Plattformen Prozesse im Unternehmen. Es geht aber nicht darum Routineaufgaben des Marketings wie Werbemitteleinkauf, Anzeigenschaltungen oder ähnliche Aufgaben zu automatisieren. Vielmehr geht es darum, Entwicklungsprozesse von Interessenten und Bestandskunden zu automatisieren, Profile anzureichern und Leads beziehungsweise Kunden zu qualifizieren. Und da dieser Vorgang nicht trivial ist und die meisten Marketingabteilungen, die ich kenne, nicht gerade unter Langeweile leiden, werden für Marketing Automation Projekte eher Mitarbeiter eingestellt.
Wie nutzt man Marketing Automation im B2B und wo sind die Unterschiede zum B2C?
Aus meiner Perspektive ist die Grundmechanik von Marketing Automation die gleiche, unabhängig davon ob Sie Marketing Automation im B2B oder B2C-Geschäft einsetzen. Mit Grundmechanik meine ich hier:
- Zielsetzung: Was möchten Sie erreichen? Neukunden generieren Bestandskundenumsatz und so weiter
- Wunschkunden: Wen möchten Sie erreichen? Dazu nutzen Sie Buyer-Persona-Profile im B2B und B2C. Die Struktur und die Inhalte sind in B2B- und B2C-Persona-Profilen unterschiedlich. Aber in beiden Fällen benötigen Sie eine detaillierte Profilierung – „Deep Buyer Persona Profile“
- Suchverhalten: Basierend auf dem Persona-Profil analysieren Sie das Suchverhalten und leiten die entsprechenden Maßnahmen ab
- Content: Das Persona-Profil ist die Basis für Ihre Content-Strategie. Die Content-Bausteine werden sich in der Ansprache, in den Inhalten und in den Darreichungsformen im B2B- und B2C-Bereich unterscheiden. Aber relevanten, hilfreichen oder unterhaltenden Content benötigen Sie sowohl im B2B als auch im B2C
- Touchpoints: Wo treffen Sie die Persona? Diese Frage stellen Sie sich im B2B- und B2C-Bereich. Natürlich werden die Touchpoints aber jeweils andere sein.
- Lead-Routing: Nach Erreichen der Vertriebsreife werden Leads übergeben, um den Kauf/Abschluss einzuleiten. Im B2C kann eine Übergabe direkt zu einer Produktseite in einem Webshop oder einem Bestellformular stattfinden. Im B2B erfolgt die Übergabe in den Vertrieb und zur Betreuung durch einen Vertriebsmitarbeiter.
- Messen und optimieren: Im B2B- und B2C-Bereich nutzen Sie Marketing Automation, um Ihre Erfolge zu messen und Ihre Aktivitäten zu optimieren.
- Für B2B und B2C gilt: Fünf E-Mails in Folge sind noch kein Nurturing-Prozess!
Soweit zu den Gemeinsamkeiten in der Vorgehensweise und den nur marginalen Unterschieden. Wo liegen die „großen“ Unterschiede zwischen B2B und B2C in der Marketing Automation? An dieser Stelle könnten wir intensiv im Detail über die Unterschiede im Persona-Profil, in den Content-Bausteinen und den Touchpoints sprechen.
Das ist aber Stoff für ein interessantes Gespräch oder einen weiteren Artikel. Mit Blick auf die Überschrift „Marketing Automation im B2B-Bereich“ finde ich die gravierenden Besonderheiten des B2B-Einsatzes viel spannender. Der gravierendste Unterschied liegt für mich im „Herzstück“ der Marketing Automation. Dieses Herzstück sind die Lead Nurturing Prozesse beziehungsweise eine weitere Besonderheit im B2B-Bereich – die Opportunity Nurturing Prozesse. Denn innerhalb der oben beschriebenen allgemeinen Mechanik, sollten Sie den passenden Modus für Ihre Ziele wählen.
Was sind „Modi“ in den Nurture-Prozessen? Sie können sich sicher vorstellen, dass es einen Unterschied macht ob Sie eine Altersvorsorge, Damenoberbekleidung, eine komplexe Anlage, Hydraulik-Komponenten, Konsumgüter, Motoren und Steuerungen, oder, oder, oder, vermarkten möchten.
Neben den oben beschriebenen Unterschieden in den Persona-Profilen, dem Content, den Touchpoints (was sich technisch gesehen alles außerhalb der Marketing Automation abspielt), findet der eigentliche Unterschied in den digitalen Entwicklungsprozessen (Nurturing) und den Aufgaben statt, die ihnen gestellt werden.
Ein Beispiel aus dem B2C-Bereich
Wenn Sie die oben schon erwähnte Damenoberbekleidung verkaufen, müssen Sie einem potenziellen Kunden nicht erklären, was eine Bluse ist. Eine verschwindend geringe Menge an Blusen-Käuferinnen wird sich damit beschäftigen, mit welcher Maschine die Knöpfe der Bluse gefertigt wurden. In diesem „Modi“ ist es viel spannender und zielführender Impulse für die Beschäftigung mit der Bluse und den „existenziell“ wichtigen „Zusatzmodulen“ (Kette, Schuhe, Tasche) zu geben. Der passende Nurture-Prozess hat für diesen Zweck eine „radiale“ (in der Richtung eines Radius verlaufend) Form (siehe Abbildung).
Nach einem Erstkontakt an einem beliebigen Touchpoint erhält die (potenzielle) Kundin Impulse, die idealerweise zur Beschäftigung und Kauf des Angebotes führen.
Im Beispiel der Damenoberbekleidung könnte das sein „Der graue Blazer mit diesem Seidenschal – das ideale Ensemble fürs Büro“ oder „Zu dieser Jacke fehlen nur noch die passenden roten Schuhe.“ OK, Sie spüren schon, dass Damenoberbekleidung nicht mein Fachgebiet ist.
Ein Beispiel aus dem B2B-Bereich
Im B2B-Bereich ist das Ziel eines Lead-Nurturing-Prozesses in der Regel den (potenziellen) Kunden bis zur Vertriebsreife und zum Abschluss zu entwickeln. Je komplexer Ihr Angebot ist, desto wichtiger ist die Befähigung und Entwicklung des Leads. Ich nenne das auch den „Erklär-Bär-Modus“. Dieser Nurturing-Modus hat die Aufgaben:
- Aufmerksamkeit/Interesse zu wecken
- Impulse geben
- Befähigen – Technik, Methode und Vorgehen erklären
- Bei der Evaluierung helfen
- Unterstützen bei der Definition von Entscheidungskriterien
Der Nurturing Prozess für den „B2B-Erklär-Bär-Modus“ hat tendenziell eine lineare Struktur und – sofern zielführend – Weichen beziehungsweise Verzweigungen.
Trotz dieser Tendenz zu linearen Prozessen ist es immer empfehlenswert, die Struktur von Nurturing-Prozessen vom jeweiligen Ziel anhängig zu machen. Wenn Sie im B2B-Bereich mit einer bestimmten Kundengruppe beispielsweise „einfach“ nur in Kontakt bleiben möchten, kann auch ein Nurturing-Prozess zielführend sein, der in gewissen Abständen automatisiert, aber individuell, Impulse sendet. Daher empfehle ich, den Fokus auf die Aufgabe, das Ziel zu legen und davon die passende Vorgehensweise in der B2B Marketing Automation abzuleiten.
Mögliche Ziele in der B2B Marketing Automation:
- Leadgenerierung: Neue Leads bis zur Vertriebsreife entwickeln
- Up-Selling: Bestandskunden zur erneuten Vertriebsreife entwickeln
- Cross-Selling: Kunden, die eine Anlage gekauft haben, zum Kauf von Ersatz- und Verbrauchsmaterial auf einen B2B-Webshop führen
- After Sales: Kunden bei der Implementierung (zum Beispiel einer Anlage oder Methode) begleiten und Schulung/Wartung verkaufen
- Nachverkaufsbestätigung: Kaufentscheidung des Kunden unterstützen
- Opportunity Nurturing: Den Vertrieb unterstützen eine Opportunity erfolgreich zum Abschluss zu entwickeln
- Account Based Marketing: Einen definierten Zielkunden durchdringen, das gesamte Buying-Center erreichen
Fazit: Marketing Automation ist prädestiniert für den B2B-Bereich
Für viele Aufgaben und Zielsetzungen können Sie Marketing Automation nutzen, um Ihren Vertrieb zu entlasten und den Abschluss und Vertriebserfolg optimal vorzubereiten. Es ist aber nicht damit getan nur eine Marketing Automation Plattform anzuschaffen. Marketing Automation ist KEIN IT-Projekt.
Viel entscheidender als die Auswahl der Marketing Automation Plattform ist eine zielführende Strategie und die Begleitung des Wandels im Marketing und Vertrieb.
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Mission Marketing Automation – Teil 1
Ein Konzept, das Ihr Marketing auf den Kopf stellt
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