Künstliche Intelligenz Maschine statt Mensch – sieht so die Zukunft von Marketing und Vertrieb aus?

Autor / Redakteur: Orhan Dayioglu / Elena Koch |

Einige große Firmen bauen immer mehr Stellen im Marketing ab. Zalando kündigte beispielsweise im März an, rund 250 Marketer zu entlassen. Werbemails würden verstärkt von Algorithmen versendet. Ist die Zukunft von Marketing und Vertrieb wirklich gefährdet und gilt das auch für den B2B-Bereich?

Anbieter zum Thema

Ist die Zukunft von Marketing- und Vertriebsmitarbeitern wirklich gefährdet?
Ist die Zukunft von Marketing- und Vertriebsmitarbeitern wirklich gefährdet?
(Bild: gemeinfrei / CC0 )

Studien zeigen regelmäßig das „Substituierbarkeitspotenzial“ bestimmter Berufsgruppen. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) schätzt, dass jede vierte Arbeitskraft durch Roboter ersetzt werden könnte. Obgleich Technologien in vielen Bereichen zum unverzichtbaren Helfer geworden sind – wer möchte schon durch Chatbots oder Algorithmen ersetzt werden?

Die gute Nachricht ist: So schnell wird dies nicht geschehen. Gerade im erklärungsbedürftigen B2B-Bereich dürfen Marketing- und Vertriebsmitarbeiter (noch) aufatmen. Zwar haben sich Technologien in den vergangenen Jahren stark weiterentwickelt, dennoch ist der menschliche Faktor beim Kundenkontakt wichtiger und entscheidender als je zuvor. Wie bisher sollte es trotzdem nicht weitergehen, sonst droht Marketing und Vertrieb doch noch das vorzeitige Aus.

Kundenbindung in Zeiten „überinformierter“ Kunden

Denn Kunden starten informierter denn je in den Kaufprozess. Bewertungsportale, Foren, aber auch Herstellerinformationen vereinfachen die Informationsrecherche. Auch die Marketingabteilung kommt dem Informationshunger des Kunden nach, indem sie eine gezielte Informationsrecherche über das Web ermöglicht. Warum also nicht auch noch den Kaufabschluss über Algorithmen steuern?

Weil es nicht von Erfolg gekrönt sein wird. Zwar benötigen Kunden für einfache Verkaufsprozesse mit simplen Produktinformationen selten oder sogar gar keine persönliche Vertriebsunterstützung. Im B2B-Bereich sind Kaufentscheidungen komplexer, die verfügbaren Informationen führen eher zu einer Überforderung des Käufers als zu mehr Klarheit. Im schlechtesten Fall kann sich der Kunde überhaupt nicht entscheiden und tritt von seiner Kaufabsicht zurück. In dieser Informationsflut entsteht Platz für einen neuen Typus des Verkäufers: den beratenden Vertriebsmitarbeiter.

Kunden sind bereit, dem Vertrieb ein Ohr zu schenken, wenn ihnen dieser einen Nutzen bietet, den sie online nicht erhalten. Dies können individuelle Empfehlungen sein, oder auch ein offenes Gespräch über Stärken und Schwächen (!) der diskutierten Lösungen. Auch vermeintlich kritische Aspekte müssen angesprochen werden. Statt direkt auf das Ziel – den Kaufabschluss – zuzusteuern, muss der Vertrieb willens sein, für den Kunden zum Navigator zu werden und ihn bei der Entscheidungsfindung zu unterstützen.

Wer analysiert, gewinnt

Dies stellt höhere Anforderungen an Vertriebsteams. Sie müssen ihre potenziellen Kunden besser verstehen – dabei kann Technologie große Unterstützung bieten und detaillierte Informationen zum Kunden und seinem Informationsverhalten liefern. Welche Inhalte hat der Kunde wie lange angesehen? Welche Dokumente links liegen gelassen? Auf Grundlage dieser Daten lassen sich Empfehlungen für ein persönliches und individuell gestaltetes Gespräch ableiten.

Gleiches gilt für die Marketingabteilung, die die inhaltliche Basis für den Vertriebserfolg legt. Während bei einem Kunden ein Datenblatt sämtliche Fragen beantwortet, wird ein anderer möglicherweise erst durch ein Produktvideo überzeugt. Ein dritter Kunde will Einblicke, wie er ein Produkt an seinem Standort oder Werk schnellstmöglich implementieren kann. Ebenso wie der Vertrieb benötigt die Marketingabteilung durch eine Analyse des Kundenverhaltens Aufschlüsse über die Art des erforderlichen Contents.

Kundenberatung statt Powerpoint-Karaoke

Was spricht noch für den Einsatz von Technologie? Künstliche Intelligenz hilft Vertriebsmitarbeitern, schneller Inhalte zu finden, die zudem besser den individuellen Bedürfnissen des Kunden entsprechen. Vergangene Verkäufe ermöglichen Rückschlüsse, welche Inhalte früher zu einem Abschluss führten. Diese werden dem Vertriebsmitarbeiter in einer ähnlichen Situation erneut empfohlen. Bei solchen Analysen ist Technologie schnell und objektiv und damit den menschlichen Analysen im Vorteil.

Der persönliche Kontakt wird damit nicht überflüssig. Ganz im Gegenteil: Er ist die Chance, sich von konkurrierenden Unternehmen zu unterscheiden. Künstliche Intelligenz hilft, Prozesse zu automatisieren und Zeit für den wichtigeren Teil der Vertriebstätigkeit einzusparen: die Kundenberatung. Künstliche Intelligenz wird auch in absehbarer Zeit nicht in der Lage sein, spontan auf Gegebenheiten zu reagieren und den Kunden beispielsweise zu überraschen – beides wichtige Elemente zur Kundenbindung und mehr Erfolg im Vertrieb.

Vertriebsmitarbeiter sind somit nicht akut vom Aussterben bedroht – sie müssen sich aber weiterentwickeln. Kein Kunde wird dem Vertrieb Zeit schenken, wenn dieser nur Preislisten auswendig kann oder über Inhalte referiert, die online verfügbar sind. Technologie verbessert den Kundenkontakt und verändert somit auch den Verkaufsprozess, wie wir ihn bisher kannten. Es wird Zeit für Vertrieb und Marketing, mitzuziehen und die Weichen für zukünftigen Erfolg zu stellen.

Orhan Dayioglu ist Director Business Development DACH bei Showpad.
Orhan Dayioglu ist Director Business Development DACH bei Showpad.
(Bild: Showpad)

Über den Autor

Orhan Dayioglu ist Director Business Development DACH bei Showpad. Die Plattform des belgischen Unternehmens verhilft Organisationen zu mehr Erfolg im Vertrieb und Marketing. Orhan Dayioglu kennt beide Seiten: Der studierte Maschinenbauer leitete das globale Marketing von Carl Zeiss Vision, bevor er 2015 in den Vertrieb wechselte.

(ID:45382311)