Wachstumsmarkt China Messen und Veranstaltungen im B2B Marketing Mix im Reich der Mitte
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Die chinesische Messelandschaft ist in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen – doch dann kam die Coronakrise. Wie sich die Lage in China durch die Pandemie verändert hat und warum kein Aussteller in den unterschiedlichen Phasen der Messevorbereitung um WeChat herumkommt, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Messebeteiligungen sind für deutsche Unternehmen weiterhin eines der zentralen Marketing-Instrumente. Laut einer Umfrage des AUMA Messe Trends 2020 unter 500 deutschen Ausstellern planen die befragten Unternehmen in den Jahren 2020/2021 rund 48 Prozent ihrer B2B-Marketing-Budgets für die Teilnahme an Messen einzusetzen, sowohl im In- als auch Ausland. Diese positiven Zahlen werden sich aufgrund der Corona-Krise zwangsweise nach unten verändern. Aufgrund der weltweiten Absagen und Verschiebungen internationaler Leit- und Regionalmessen müssen vielen Unternehmen in diesem Jahr leider auf ihre Messeauftritte verzichten und auf Online-Plattformen zurückgreifen.
Vor Corona war auch auf dem chinesischen Markt die Bedeutung von Messen und Veranstaltung als B2B Marketing-Instrument ungebrochen. Messen ermöglichen in den wenigen Tagen ihrer Laufzeit den direkten Kontakt zu vielen bestehenden und potentiellen Kunden, Wettbewerbern, neuen Technologien und Trends der eigenen Branche. Wie sich allerdings die Messelandschaft in China nach der Coronakrise entwickeln wird, dazu können derzeit noch keine gültigen Aussagen getroffen werden. Die chinesischen Veranstalter bemühen sich, neue Termine für die großen Leitmessen zu finden; viele sind in das 3. oder 4. Quartal 2020 verschoben.
Die Messelandschaft erfolgreich „entwirren“
Die chinesische Messelandschaft ist in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen. Vielerorts sind mit Hilfe von Milliardeninvestitionen modernste Messezentren entstanden, die mit internationalen Standards mithalten können oder diese sogar übertreffen. Zu den wichtigsten Messestandorten in China zählen die Metropolen Shanghai, die Provinz Guangdong mit den Städten Guangzhou und Shenzhen sowie die Hauptstadt Peking. Aber auch regionale Zentren wie die Städte Dalian, Changchun, Wuxi und Xiamen haben in den letzten Jahren an Bedeutung als Anbieter von Fachmessen an Bedeutung gewonnen. Sie bieten der deutschen Industrie die Chance, näher bei ihren Kunden und somit direkt am Marktgeschehen ihrer Industrie zu sein.
Das Angebot an Fachmessen in China ist groß. Laut dem „Annual Report on China’s Exhibition Industry 2019“ gab es im Jahr 2019 insgesamt 3.547 Fachmessen in China. Diese Fülle erschwert es, sich auf Anhieb erfolgreich auf dem unübersichtlichen Fachmessemarkt zu orientieren und eine gut informierte Entscheidung für die Teilnahme an einer zielgruppengerechten Veranstaltung zu treffen. Daher ist es – vor allem für Markt-Newcomer – sinnvoll, in einem ersten Schritt Fördermöglichkeiten durch den Bund oder angegliederte Institutionen zu prüfen, um eine Messeteilnahme in China erfolgreich durchführen zu können. Ein verlässliches Entscheidungskriterium für oder gegen eine Teilnahme ist die Präsenz eines deutschen Gemeinschaftsstandes. Für den einzelnen Aussteller ist es oft besonders schwer, die für sich passenden Veranstaltungen aus dem Angebot zu identifizieren. Daher ist gut beraten, wer sich in einem ersten Schritt an Veranstaltungen in den großen Messestädten hält und als B2B-Aussteller unter der Flagge eines deutschen Gemeinschaftsstandes „mitsegelt“. Beim Start in einem neuen Land macht die Teilnahme an einem Gemeinschaftsstand durchaus Sinn: Die Kosten sind überschaubar, der Austausch mit anderen deutschen Firmen ideal. Das Angebot führender deutscher Messeveranstalter mit einer professionellen Auswahl wichtiger Leitmessen ist in China groß: Laut AUMA nimmt die Volksrepublik China im Ländervergleich den ersten Platz ein, was Eigenveranstaltungen deutscher Messeveranstalter im Ausland betrifft.
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Für einen Ausbau der Präsenz in China ist im nächsten Schritt ein individueller Messeauftritt richtig – und unabdingbar für den Aufbau einer wahrnehmbaren Marke. Auch hier gilt es, den richtigen Partner zu finden. Einige deutsche Agenturen- und Messebauer sind mit Niederlassungen in China vertreten, sie können die Umsetzung einer für China lokalisierten globalen Marketing Strategie erleichtern. Verfügt ein Unternehmen bereits selbst über Niederlassungen in China, kann man ohne weiteres auch auf einen der vielen chinesischen Messebauer und Technikdienstleister zurückgreifen. Die Guten unter ihnen stehen den europäischen Dienstleistern in nichts nach, allerdings bedarf es in diesem Fall Kollegen, die der chinesischen Sprache mächtig sind und die Koordination und Qualitätskontrolle vor Ort übernehmen können.
Eigene Veranstaltungen als alternatives Konzept
Einige Branchen sind in den letzten Jahren dazu übergegangen, ihr Marketingbudget für eigene Veranstaltungen zu nutzen, statt sich im direkten Vergleich neben ihren Wettbewerbern auf Messen zu präsentieren. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Automobilzulieferindustrie. Nicht wenige Zulieferer führen zum Beispiel in regelmäßigen Abständen Roadshows, Techdays und Workshops in der Nähe oder auf den Geländen ihrer Kunden durch, in diesem Fall direkt bei den Fahrzeugherstellern. Dadurch können Kunden in sehr persönlichen direkten Kontakt zu neuen Produkten gebracht, individuell trainiert und im Detail geschult werden. Solch alternative Konzepte bieten sich vor allem für Firmen an, die bereits Niederlassungen in China haben und über ein gutes Netzwerk und langfristig etablierte Kontakte zu den Kunden verfügen.
Spielregeln kennen, Erfolg sichern
Für die Messeplanung ist ein Vorlauf von bis zu einem Jahr realistisch. Marketing- und PR-Aktivitäten sind dabei ebenso ratsam wie eine intensive Marktrecherche. Alle Info- und Produktmaterialien müssen auf Chinesisch vorliegen. Für die VR China bedeutet dies, dass die Materialien in Kurzzeichen verfasst sind. Die Sprache ist eine ernstzunehmende Hürde, die aber bei vorzeitiger Planung mit Eleganz genommen werden kann. Zweisprachig, das heißt Chinesisch-Englisch, sollte auch das Standpersonal auftreten. Denn es reicht nicht, dass der Aussteller einen Mitarbeiter aus Deutschland schickt, der dann auf der Messe von einem Dolmetscher unterstützt wird. Erfolgversprechend sind zudem Muster und Ausstellungsstücke, die der Standbesucher anfassen kann. Sprachlich gut aufgestellt zu sein, sichert auf einer chinesischen Messe die richtigen Kontakte zu knüpfen. Denn: Auf fast allen Messen in China sind, neben dem Fachpublikum, auch Endverbraucher zugelassen. Missverständnisse in der Kommunikation und Wettbewerber, die die Stände „fluten“, das sind Herausforderungen, denen man sich in China stellen muss.
Ohne WeChat geht es nicht
Ein Kommunikationsmittel, um das kein Aussteller in den unterschiedlichen Phasen der Messevorbereitung in China herumkommt, ist die chinesische Social Media App WeChat (chinesisch Weixin). WeChat verfügt über so viele Funktionalitäten, dass sie für viele Nutzer bereits das Internet abgelöst hat. Diente WeChat in der Anfangszeit vor allem dem Chatten mit Freunden, dem Versenden von Videos und Fotos, so kommen heute auch Unternehmen nicht mehr ohne WeChat aus. Über professionelle WeChat Accounts kommunizieren Unternehmen direkt mit ihren Kunden, versorgen ihre Kunden regelmäßig mit den neusten Informationen zu ihrem Unternehmen und ihren Produkten und nutzen WeChat Pay, um Online-Verkäufe bargeldlos und sicher abzuwickeln.
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Aber warum ist WeChat für das Messemarketing so wichtig? Auf Messen geht es in erster Linie um das Knüpfen von Kontakten. In der chinesischen Kultur dreht sich vieles um die richtigen Kontakte und Netzwerke. Ohne „Guānxì“, also ein auf lange Zeit ausgerichtetes Beziehungsnetzwerk, das mit viel Geduld und Zeitaufwand aufgebaut werden muss, geht in China auch heute noch nicht viel. War bis vor ein paar Jahren in China das Knüpfen von Kontakten ohne Visitenkarten mit eindrucksvollen Funktions- und Positionsnamen undenkbar, so werden heute Kontakte papierlos mit WeChat geknüpft. „Nǐ sǎo wǒ háishì wǒ sǎo nǐ“ – „Scannst du mich oder scanne ich dich“? ist eine Frage, die sowohl im privaten als auch geschäftlichen Umfeld genutzt wird. Dabei tauschen WeChat Nutzer ihren individuellen QR-Code durch Scannen über den Bildschirm ihres Smartphones aus. Eine Angelegenheit von wenigen Sekunden, die eine lebenslange Verbindung zum Kunden ermöglicht. E-Mail-Adressen ändern sich, zum Beispiel bei Wechseln des Arbeitsplatzes, die individuelle WeChat-ID bleibt meist ein Leben lang unverändert.
Durch den Einsatz von WeChat als Teil eines erfolgreichen Messemarketings kann so eine direkte Verbindung zwischen Messestand und den potenziellen Kunden hergestellt werden. Ziel sollte es sein, den Messestand mit Hinguckern und Aktionen so zu gestalten, dass Besucher einen Anreiz erhalten, ihr Smartphone und ihren WeChat Account am Stand einzusetzen, beispielsweise über ein Gewinnspiel und über Give-aways. An bereits vor der Messe vorhandene Kontakte können Einladungen über WeChat verschickt werden. Und im Nachgang zur Messe können durch WeChat erfasste Leads nachgefasst und qualifiziert werden. Einfach, schnell und effektiv.
Ein kleiner Blick nach vorne
Welche Bedeutung werden Messen in der Zukunft in China haben? Diese Frage kursiert – neben vielen anderen – derzeit durch die chinesischen Medien. Seit Ausbruch der Coronakrise wird diskutiert, ob „Online Messen“ in Zukunft „Offline Messen“ ersetzen können, nachdem am 7. April 2020 der Ständige Ausschuss des Staatsrats entschieden hat, die 127. Kantonmesse Mitte/Ende Juni 2020 erstmals in der Geschichte der Messe online abhalten zu lassen. Derzeit sind sich die Verfasser dieser Überlegungen noch einig: Online Messen können Offline Messen nur ergänzen, zum Beispiel durch weiterführende Berichterstattung, durch Einblicke und virtuelle Rundgänge für Personen, die leider nicht persönlich an der Messe teilnehmen können und durch Live-Übertragungen von begleitenden Fachkonferenzen. Ein direkter Ersatz des „Erlebnisses Messe“ im B2B Bereich wird bisher noch als eher unwahrscheinlich bewertet. Aber es bleibt spannend: Die Anbieter digitaler Lösungen, die bis dato vor allem für Messen im Retail Bereich in China Anwendung genutzt wurden, stehen in den Startlöchern.
*Simone Peters ist Geschäftsführerin und Inhaberin der Agentur SP China Consulting, hat zehn Jahre in Peking gelebt und berät mit ihrem chinesischen Team Unternehmen unter anderem bei der Konzeption und Umsetzung ihrer Messe- und Eventaktivitäten in China.
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