Produktinformationsmanagement PIM? MAM? DAM(N!)
Wer sich schon mal mit dem Thema E-Commerce beschäftigt hat, kennt das Problem: Viele verschiedene Wege führen zum Ziel. Warum? Es gibt gefühlt unendlich viele Systeme und Konzepte, um erfolgreichen E-Commerce zu betreiben. Und auch die Frage nach der Datenhaltung bietet einem viele unterschiedliche Möglichkeiten. MAM, DAM, PIM?
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Beschäftigt man sich normalerweise mit anderen Dingen, fällt es schwer hier noch den kompletten Überblick zu behalten - zumal einige der Systeme sich nur in scheinbar winzigen Details unterscheiden. Um hier etwas Licht ins Dunkle zu bringen, wird im Folgenden erklärt was ein PIM ist, wie es sich zu anderen ähnlichen Systemen abgrenzen lässt und wie es in einem Praxisbeispiel zum Einsatz kommt.
PIM – Definition und Begriffserklärung
Ein Produktinformationsmanagementsystem ist eine Datenbankanwendung, um Produktinformationen zu speichern, zu pflegen und anschließend den verschiedenen Interessensgruppen zur Verfügung zu stellen. Klingt erstmal ziemlich trocken. Aber weiter im Text: Von welchen Interessensgruppen reden wir? Die Daten können an eine Plattform wie den Online-Shop oder an eine interne Abteilung wie Vertrieb oder Marketing ausgeliefert werden. Ziel eines PIM-Systems ist es, einen zentralen Ort für Produktinformationen zu schaffen – dies wird oft als „Single-Point-of-Truth“ oder „Single-Version-of-Truth“ bezeichnet. Klassische Beispiele für Informationen in einem PIM sind Produktname, Abmessungen, Variante, Farbe und alles, was das Produkt näher beschreibt. Beispiele für Informationen, die nicht im PIM gepflegt werden, sind Preis, Verfügbarkeit oder Bestand.
MAM, DAM, MDM – Was ist da der Unterschied?!
MAM = Media Asset Management, DAM = Digital Asset Management, MDM = Master Data Management
Ein MAM ist ein System, in dem digitale Inhalte (Fotos, Videos, Audio-Dateien usw.) gespeichert und verwaltet werden können. Dabei lassen sich die Inhalte verschlagworten und anschließend über verschiedene Kanäle hinweg verteilen. Einige PIM-Systeme verfügen über eine integrierte MAM-Funktionalität, welche sich jedoch je Anbieter unterscheidet und sich nicht immer als vollwertigen MAM-System bezeichnen lässt.
Ein DAM ist einem MAM prinzipiell sehr ähnlich, speichert jedoch neben Fotos und Videos zusätzliche Inhalte wie Gebrauchsanweisungen oder sämtliche produktbezogene Dokumente (PDFs, Datenblätter, 3D-Modelle). Analog zum MAM lassen sich die Inhalte auch hier verschlagworten und über verschiedene Kanäle bereitstellen.
Ein MDM oder auch Stammdatenmanagement, bildet eine zentrale Einheit im Unternehmen und verbindet alle Parteien, die mit Stammdaten, wie zum Beispiel Mitarbeiterdaten oder Kundendaten arbeiten. Das MDM ist als eine Unternehmensdatenbank für interne Zwecke geeignet, ein PIM dagegen ist eine externe Produktdatenbank und liefert Produktdaten hauptsächlich an externe Stellen, die letztendlich mit dem Kunden kommunizieren (Online-Shop, Print-Katalog...).
Der Unterschied zwischen den drei Systemarten liegt sowohl in den vorzuhaltenden Daten und deren Detaillierungsgrad als auch in den Prozessen, die vom jeweiligen System unterstützt werden. Im PIM kommen alle Daten inklusive Assets wie Bilder oder PDF-Dateien zusammen, während in DAM und MAM nur Mediadaten gehalten werden. MDM ähnelt dem PIM schon eher, befasst sich jedoch mit der Gesamtheit an Daten im Unternehmen, inkl. Finanzen oder Lieferanten. Ein PIM gehört also ganz allein den Produktdaten. Es kann sich dadurch genau auf das konzentrieren, für das es gebaut wurde: Zentrale Produktdatenpflege für beste Datenqualität – genau darin liegt die Stärke des Systems!
Praxisbeispiel – Wie kann ein PIM-System im B2B-Unternehmen eingesetzt werden?
Theorie schön und gut, aber wie könnte so ein Anwendungsfall in einem B2B-Unternehmen in der Praxis aussehen? Um diese Frage zu beantworten und gleichzeitig keine der vielen Datenschutzklauseln zu verletzen, stellen wir uns ein Beispielunternehmen vor. Wir nennen das Unternehmen einfachheitshalber Camping GmbH. Nebenstehend einige paar kurze Facts zur Camping GmbH, die im späteren Verlauf unseres Beispiels wichtig werden.
Ursprünglich bestand die Onlinepräsenz der Camping GmbH nur aus einer statischen Website, auf der Informationen über das Unternehmen dargestellt wurden. Der Vertrieb der Produkte wurde ausschließlich über das Kataloggeschäft abgewickelt. Durch die begrenzte Fläche, die jedem Produkt in dem mächtigen Katalog zur Verfügung stand, konnten nicht alle Produktinformationen abgedruckt werden. So kam es zu vielen telefonischen Rückfragen und einer hohen Retourenquote.
Daher entschied sich die Firma, einen Online-Katalog im PDF-Format mit sämtlichen Produktinformationen inklusive technischer Zeichnungen und Bedienungsanleitungen zu erstellen. Somit konnten sich potenzielle Kunden vor dem Kauf ausführlicher über die Produkte informieren und die Kundenhotline musste seltener zurate gezogen werden. Der erste Schritt in Richtung E-Commerce war gemacht!
Da die Kunden sich nun online über die Produkte informieren konnten, wurde die fehlende Online-Bestelloption offensichtlicher. Der Online Katalog musste in einen Online Shop überführt werden. Jonas, der E-Commerce-Verantwortliche betreute die Shopimplementierung, sodass am Ende ein moderner Online Shop mit klar strukturierten Kategorien, einem zielführendem Klickerlebnis und kundenindividuellen Preisen für Großabnehmer entstand. So kann jeder B2B-Kunde seine vertraglich ausgehandelten Preise für jedes Produkt individuell einsehen. Endverbraucher erhalten den pauschalen Listenpreis mit Mindermengenaufschlag. Durch den zusätzlichen Vertriebskanal und die effizienteren Kommunikationswege wurde es nun deutlich einfacher Bestellungen aufzugeben, auch für B2B-Kunden. Aufwände wurden minimiert und die Kunden schlossen deutlich schneller Bestellungen ab, was den Umsatz in die Höhe schießen lies. Eigentlich lief also alles super…vorerst.
Durch die schnelle Bestellmöglichkeit wuchs auch die Retourenquote. Viele Kunden wurden nicht mehr so ausführlich wie zuvor beraten und bestellten schlichtweg falsche Bauteile. Zudem rückten nun durch ausführlichere Such- und Filteroptionen die mangelhaft gepflegten Produktinformationen in den Fokus von Jonas. Der logistische Aufwand wuchs enorm und war nicht mehr durch die bestehenden Ressourcen zu stemmen. Kein Wunder, neben dem Aufwand für das Shop-Projekt hatte sich währenddessen niemand mit den Produktdaten auseinandergesetzt und diese optimal für die Online-Darstellung aufbereitet.
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E-Commerce
5 Anforderungen an Produktdaten im B2B-Geschäft
Vorhandene Excel-Listen wurden in das Shopsystem geladen und möglichst zu den passenden Produkten hinzugefügt. Teils fehlten Beschreibungstexte, Produktnamen enthielten Kürzel und Nummern aus anderen Systemen. Jonas bekam den Auftrag, weitere vier Mitarbeiter zur Produktdatenpflege anzustellen. Doch nun wuchs der Kommunikationsaufwand. Hat er vorher allein mit den Daten gearbeitet, war nun vermehrte Absprache im Team nötig. Die Produktdatenqualität konnte nur langsam und mühselig verbessert werden. Jonas war frustriert und musste sich eingestehen:
„Durch fehlende Datensätze wird das gesamte Shop-Projekt, meine gesamte Arbeit der letzten Monate in Frage gestellt!“
Eine Lösung muss her – ein PIM ist gefragt. Das PIM soll eine zentrale Stelle zum Pflegen und Abrufen der Produktdaten schaffen. Bisher wurden Produktinformationen von verschiedenen Abteilungen im Unternehmen an unterschiedlichsten Stellen gespeichert. So strömt regelmäßig eine Flut von Excel-Tabellen auf Jonas und sein Team ein. Mit dem PIM-System kann jeder Mitarbeiter im Unternehmen selbstständig Produktinformationen einpflegen – der lästige, unübersichtliche und fehleranfällige Zwischenschritt über Tabellen oder Büro-Buschfunk konnte eliminiert werden.
Außerdem soll durch ein integriertes Lieferantenportal das direkte Einpflegen mit Daten durch die Zulieferer ermöglicht werden. Im gesamten Projektstress war das Hauptziel des Shops völlig untergangen: Informationen über die Produkte für den Kunden bereitzustellen. Die Grundlage dafür legte jedoch nicht der Shop, dieser ist „nur“ der schicke Verkaufstresen für das Sortiment, in dem die Kaufanbahnung und Abwicklung erfolgt. Die eigentliche Datenpflege wird nun durch das PIM ermöglicht. Die zentrale Datenbank ist außerdem darauf ausgelegt, von mehreren Benutzern mit individuellen Berechtigungen gepflegt zu werden. Dadurch werden Verantwortlichkeiten geklärt und bei Problemen während der Datenpflege klar, an welchen produktverantwortlichen Ansprechpartner es sich zu wenden gilt. Das PIM zeichnet genau auf, welcher Benutzer zu welchem Zeitpunkt welche Änderung vornimmt.
Durch die Anbindung an den Online-Shop ist endlich der Grundstein für einen professionellen Auftritt gelegt: ein hochwertiger Datenbestand. Außerdem sind plötzlich Funktionalitäten vorhanden, um noch komplexere Informationen gezielt abzubilden. Unter den Produkten tauchen die richtigen Datenblätter mit aktuellem Stand auf. Abhängigkeiten und Relationen zwischen den Produkten lassen sich gezielt darstellen und der Arbeits- und Kommunikationsaufwand vermindert sich radikal. Skizzen, technische Zeichnungen oder Dokumentationen zu Bauteilen lassen sich direkt mit dem Produkt verknüpfen. Kunden haben damit immer den optimalen Überblick auf alle verfügbaren Informationen zu den jeweiligen Produkten. Zusätzlich referenzieren die Artikel aufeinander – sogenanntes Crossselling: Werden beispielsweise zusätzliche Heringe für Zelte angeboten, werden diese auf der Produktseite der Zelte direkt vorgeschlagen. Aufgrund der auf Produktinformationen spezialisierten Software und die damit einhergehenden optimierten Prozesse spart sich das Unternehmen Camping GmbH trotz hoher Masse und Granularität der Produktinformationen viel Zeit und Ressourcen bei der Produktinformationspflege.
Somit ist dank dem Einsatz des PIM-Systems aus dem „schicken Verkaufstresen” eine ideale Plattform zur Darstellung der komplexesten Produkte und Produktbeziehungen mit allen digitalen Inhalten geworden. Die Facetten- und Taxonomiesuche funktionieren mit Hilfe der zugrundeliegenden Datenqualität ausgezeichnet, sodass die Kunden zielgerichtet die Produkte finden, nach denen sie suchen. Auch alle 420 Mitarbeiter haben jederzeit Zugriff auf die Produktinformationen – sei es zum Ergänzen, Korrigieren oder zum bloßen Konsumieren. Besonders Jonas ist froh, weil nun das gesamte Projekt für alle einen Mehrwert schafft. Viele Datenpflegeprozesse laufen nun automatisiert ab. Dank integrierter Plausibilitätsprüfungen können Produktinformationsdaten aus Drittsystemen (zum Beispiel ERP) über Rest-API Schnittstellen automatisiert übernommen werden und der manuelle Übertragungs- und Pflegeaufwand schrumpft enorm. Wenn die Umsatzzahlen, wie erst kürzlich geschätzt, weiter in die Höhe schnellen, steht auch einer Internationalisierung der Camping GmbH nichts mehr im Wege – denn auch dafür hält ein Produktinformationsmanagementsystem die richtigen Prozesse für ein effizientes Übersetzungsmanagement und eine Omni-Channel-Strategie parat!
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Produktinformationsmanagement (PIM)
Warum Zukunftstechnologien im E-Commerce ohne PIM ins Leere laufen
* Benjamin Reeh und Robert Saul sind PIM-Consultants bei der igniti GmbH.
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