Kundenportale Schlanke Digitalisierung anhand der Customer Experience

Von Sarah Hoidn* |

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Kundenportale sind auch im B2B-Bereich der neue Standard für eine intensive und verlängerte Kund:innenbindung. Wie man diese anhand der Customer Experience entwickelt und in schlanken Schritten ausbaut, erfahren Sie in diesem Artikel.

Ein Self-Service-Portal eröffnet die Chance, kundenzentriert zu operieren und den Kontakt mit bestehenden Kunden zu fördern.
Ein Self-Service-Portal eröffnet die Chance, kundenzentriert zu operieren und den Kontakt mit bestehenden Kunden zu fördern.
(Bild: gemeinfrei / Unsplash)

Kundenzentrierung ist heute unverzichtbar, ganz gleich in welcher Branche. Trotzdem bleibt gerade im B2B-Bereich derzeit noch viel Potenzial auf der Strecke. Und das, obwohl besonders hier der Transformationsdruck immens ist – vor allem in beratungsintensiven Branchen wie Chemie, Metall und Elektronik. Wo einst der persönliche Kontakt zum Außendienst wichtig für die Kund:innenbindung war, möchten sich Kund:innen mittlerweile eigenständig informieren, erwarten digitale Services wie etwa 24-Stunden-Support oder möchten Produkte mit nur wenigen Klicks direkt online bestellen können. Dinge, die im B2C seit Langem selbstverständlich sind, werden nun auch im B2B-Bereich immer mehr zur Norm statt zum Differenzierungsmerkmal.

Ein starker Impuls geht derzeit von Self-Service-Portalen aus, die sich an den direkten Bedürfnissen von Kund:innen orientieren. Diese versprechen für Unternehmen und Kund:innen gleichermaßen einen niederschwelligen Einstieg in digitale Prozesse, ohne gleich in den digitalen Handel eintauchen zu müssen.

Self-Service Kundenportale – Kundenzentrierung als neues Maß

Zahlreiche Organisationen haben auf die Notwendigkeit größerer Kundenzentrierung mit noch intensiveren E-Commerce-Strategien reagiert. Sowohl Händler:innen als auch Hersteller:innen investieren stark in die Entwicklung eigener Handelsplattformen, Marktplätze und Online-Shops – meist an sich schon aufwendige und komplexe Projekte – oder schließen sich an Branchenlösungen an. Doch der Fokus kann längst nicht mehr allein darauf liegen, der Kundschaft das individuell passendste Produkt zu verkaufen. Vielmehr sollte das Ziel sein, die gesamte Customer Experience mit digitalen Mitteln zu verbessern und vor allem zu verschlanken. Der Mehrwert, der durch nützliche After-Sales-Services und durchgehenden Support für Kund:innen entsteht, sorgt für eine noch engere Bindung – mitsamt Zeitersparnis, größerer Prozesstransparenz und unmittelbarem Kontakt.

Das sind Mehrwerte, die auch im B2B-Bereich vor allem mit Kunden- oder Service-Portalen geschaffen werden können. Im Prinzip sind diese nichts Neues. Denn eine gute Customer Experience hat auch früher schon mehr bedeutet als das reine Kaufen und Verkaufen von Produkten. Doch mit digitalen Services lässt sich die Erfahrung im digitalen Raum verlängern und intensivieren. Beispielsweise können Bestandskund:innen über Service-Portale schneller und besser Support erhalten, ihre Bestellhistorie sowie Stammdaten abrufen, selbst verwalten und genau die Informationen einsehen, die ihnen in der jeweiligen Situation wirklich helfen.

Modulare Frameworks sorgen für leichteren Einstieg

Gerade für Industrieunternehmen, die ihren B2B-Vertrieb bisher noch wenig bis gar nicht digitalisiert haben, ist es ratsam, bei ihren Bestandskund:innen zu starten. Customer Portals bieten einen idealen Startpunkt, um sich schrittweise vorzutasten und gleichzeitig flexibel genug zu bleiben, für zukünftige Anforderungen. Denn moderne Technologien ermöglichen es, Kundenportale schlank zu implementieren und iterativ weiterzuentwickeln. Noch vor wenigen Jahren mussten Commerce-Systeme meistens im Ganzen implementiert und ausgetauscht werden, was nicht nur unflexibel sondern auch mit hohen Kosten für individuellen Ausbau verbunden ist.

Moderne Software-Produkte wie etwa Spryker oder Commercetools sind mehr als Frameworks zu begreifen. Durch ihre Modularität ermöglichen sie eine sukzessive Implementierung – wie im Baukastenprinzip können einzelne Funktionen unabhängig voneinander integriert werden. Beispielsweise lassen sich zuerst nur jene Module oder Services implementieren, die einen direkten Kundenmehrwert bringen – etwa das Auftrags- und Stammdatenmanagement – ohne gleich den ganzen Vertrieb umzubauen. Schritt für Schritt lässt sich ein solches Service-Portal dann erweitern.

Geringere Komplexität und mehr Flexibilität

Ein solches Vorgehen bedeutet beachtliche Vorteile: Wer mit einzelnen Modulen startet, muss weniger Entwicklungsaufwand auf einmal stemmen. Die Projektkomplexität sinkt, weil initial weniger Aufwand für die Integration von Drittsystemen in die eigene digitale Infrastruktur anfällt. Gleichzeitig steigt die Flexibilität für den weiteren Ausbau: Falls die Bedürfnisse der Kund:innen nach intensiver Beratung oder Support mit den neuen digitalen Prozessen nicht ausreichend gestillt sind, können weitere interne Fachabteilungen unkompliziert mit ongeboardet werden. So können Auftragsmanagement oder der Customer Service mit an Board kommen und sich an einem zentralen Ort um die bestehenden Kund:innen kümmern. Das bedient nicht nur die Nachfrage der Kundschaft, sondern hilft, die eigenen Teams zur gleichen Zeit auf neue digitale Prozesse umzusatteln.

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Die entstehenden Mehrwerte helfen auch, intern zu überzeugen – insbesondere auch den Außendienst, dessen Arbeit in Folge der Automatisierung von Standardprozessen erleichtert wird. Darüber hinaus lernt das gesamte Unternehmen die eigenen Kund:innen durch das Portal besser kennen. Dabei kann man viel über die digitalen Vorlieben der Kundschaft erfahren, sieht welche Services sie besonders häufig nutzt und welche Informationen oft abgerufen werden. Ein direktes Feedback, das in die kontinuierliche Entwicklung des Portals und Angebots einfließen kann. Das Resultat: Der schrittweise Ausbau der Self-Service-Kund:innenplattform sorgt für einen wertstiftenden Veränderungsprozess im gesamten Unternehmen.

Flexible Portale als Zukunftstrend: Beispiele aus der Industrie

Einige B2B-Unternehmen haben die Vorteile erkannt und treiben entsprechende Projekte voran. Der Schweizer Kunststoffhersteller Meraxis baut beispielsweise aktuell das eigene Portal zu einem holistischen System aus. Mittels einer automatisierten Bestellfunktion wird so die Customer Experience der Kund:innen künftig verbessert. Auch der Druckfarben- und Lackspezialist Siegwerk sucht derzeit verschiedene Mittel zur digitalen Bindung der eigenen Kund:innen. Das Ziel: Fachwissen zugänglich machen, die ausbleibenden Industriemessen, wie etwa die Hannover Messe, digital ersetzen und Prozesse insgesamt effizienter gestalten.

Auch in vielen anderen Industrien befinden sich flexible Kunden- und Serviceportale auf dem Vormarsch. So brachte der Industrieroboterhersteller Kuka jüngst sein neues Kundenportal my.KUKA auf den Markt. Mit diesem bietet das Unternehmen Interessent:innen, Kund:innen und Systempartner:innen nun eine zentrale und gebündelte Stelle für jeglichen Support, liefert Produktinformationen und eine Wissensdatenbank. In späteren Schritten sollen außerdem ein Marktplatz samt Bestellfunktionen und die individuelle Konfiguration von Produkten ausgebaut werden.

Fazit: Mit Kundenportalen den Kontakt nicht nur aufrechterhalten, sondern intensivieren

So aufwendig die Implementierung eines Kundenportals zu sein scheint – das Self-Service-Portal ist in erster Linie eine enorme Chance, kundenzentriert zu operieren und den Kontakt mit bestehenden Kund:innen zu fördern. Dabei lohnt es sich in kleinen Schritten zu beginnen und mit solchen Funktionen zu starten, die Kund:innen im B2B-Bereich einen echten Mehrwert bringen. Dank modularer Software-Produkte ist ein sukzessiver Ausbau im Nachgang ohne großen Mehraufwand möglich. Geachtet werden sollte auf einen schlanken und durchdachten Prozess, der die Customer Experience nachhaltig verbessert. Beispielsweise können die durch das Portal gesammelten Kund:innendaten Aufschluss über deren Verhalten und Vorlieben geben. Das Unternehmen kann diese im Nachgang für die kontinuierliche Verbesserung des digitalen Auftritts nutzen. Einem späteren Ausbau hin zum digitalen Commerce steht dann nichts mehr im Weg.

*Sarah Hoidn ist Senior Consultant bei der Berliner Technologieagentur Turbine Kreuzberg.

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