Thought-Leader-Stories „Wir haben bei KMU eine Markenbekanntheit von 80 Prozent“

Redakteur: Georgina Bott |

Thought Leadership – was bedeutet das eigentlich? In der Artikelserie „Thought-Leader-Stories“ zeigen wir Erfolgsgeschichten von Thought Leadern aus B2B-Unternehmen. In diesem Teil der Serie sprechen wir mit Claus Fesel von DATEV im Interview darüber.

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Claus Fesel ist Leiter Kommunikation und Marketing bei DATEV.
Claus Fesel ist Leiter Kommunikation und Marketing bei DATEV.
(Bild: DATEV)

„DATEV ist ein Thought Leader, weil an uns in Sachen betriebliches Rechnungswesen, Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung kein Weg vorbei führt. Wir haben bei KMU eine Markenbekanntheit von 80 Prozent.“ – Claus Fesel ist seit 32 Jahren bei DATEV und dort seit 28 Jahren mit Führungsaufgaben betraut. Er hat das Wachstum des Unternehmens von 2000 auf mehr als 7500 Mitarbeiter in verschiedenen Funktionen im Vertrieb, Consulting, Produktmanagement, Vertriebsunterstützung und Händlerbetreuung begleitet. 2000 übernahm er den Aufbau der Online-Kommunikation der DATEV, 2004 die Verantwortung für die gesamte Marketing- und Servicekommunikation und ist seit 2008 als Leiter Marketing und Kommunikation für die interne und externe Kommunikation, Messen und Events direkt dem Vorstand gegenüber verantwortlich.

Um dem Thema „Thought Leader“ mehr Sichtbarkeit zu verleihen und anderen Hidden Champions Mut zu machen, interviewt ein Team von TBN Public Relations Meinungsführer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz und zeigt Erfolgsgeschichten von Thought Leadern auf. In diesem Teil: Claus Fesel von DATEV.

Sie sind bereits über 30 Jahre bei DATEV. Haben sich die Unternehmenswerte währenddessen verändert?

Claus Fesel: Die gesamte Haltung des Unternehmens hat sich verändert. Vor 32 Jahren stand in meinem Arbeitsvertrag noch: „Erfüllungsgehilfe des steuerberatenden Berufsstandes“. Hier wurden die Hierarchien bereits im Arbeitsvertrag klar gemacht – die Kunden waren unsere Investoren und hatten das Sagen. Heute begegnen sich Mitarbeiter und Kunden auf Augenhöhe. DATEV wird nicht nur als Partner akzeptiert, sondern als Wegbereiter des Berufsstandes. Denn die DATEV als Gemeinschaft hat die „wisdom of the crowd“. Wir aggregieren und nutzen das Wissen von 41.000 Steuerberatern und geben es anschließend wieder zurück. Der Wandel hat Auswirkungen auf die internen Werte und die Unternehmensführung. Früher galt eher ein „Command and Control“, heute ist ein partnerschaftlicher Umgang gegeben. Die Führungskraft ist nicht mehr der Oberkommandeur, sondern vereint mehrere Aufgaben – er ist Visionsgeber, Leader, Manager, Ansprechpartner und Coach des Mitarbeiters.

Einige Unternehmen setzen für ihre Markenbildung und -bekanntheit auf ein Narrativ. Wie sieht das Narrativ der DATEV aus?

„Die DATEV ist das Rückgrat und das Netzwerk des deutschen Mittelstandes“ – mit ihrer Software, ihren Lösungen und vor allem ihren Mitgliedern. Das zieht sich seit der Gründung 1966 durch, denn die Gründungsidee war, die damals eingeführte Umsatzsteuer gemeinsam zu bewältigen. Gemeinsam mit dem Steuerberater hat die DATEV den Mittelstand begleitet – später auch bei der Euro-Umstellung. Heute kümmern wir uns gemeinsam mit den Mitgliedern darum, dass der Mittelstand digitalisiert wird und dadurch beim betrieblichen Rechnungswesen sowie bei Steuererklärungen entlastet wird und Zeit für seine Kernaufgaben hat.

Wie und über welche Kanäle teilen Sie das Narrativ?

Letztendlich erzählen wir diese Geschichte 360-Grad auf allen Kanälen. 80 Prozent der Kommunikation und des Marketingbudgets gehen in den Markt, um kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) das Narrativ zu erzählen. Wir haben dazu als zentrale Plattform eine eigene Seite, das DATEV „Trialog“-Unternehmermagazin. Dort geht es um Neuigkeiten, Informationen und Hilfestellungen für KMU – nicht unbedingt nur auf uns bezogen, sondern zum Beispiel zum neuen Arbeitszeitrecht. Lediglich am Ende der Lösungsvorschläge steht in einem Nebensatz, dass DATEV Software auch für KMU macht, die über den Steuerberater genutzt werden kann. Dazu werden sowohl Fachartikel als auch Blogs oder Anzeigen genutzt.

Positioniert sich DATEV genauso als Experte und Thought Leader?

An sich war DATEV software-technologisch nie der Innovationsführer. Das ist nicht unser Job – wir sind Thought Leader im Bereich Steuerberatung und Mittelstand, weil wir die dort ablaufenden Prozesse im betrieblichen Rechnungswesen genau kennen. Wir kreieren Geschäftsprozess-Innovationen, indem wir neue Software-Technologien mit unserem Prozesswissen verbinden und dem Steuerberater anbieten. Das kommunizieren wir genauso 360-Grad über alle Kanäle – mit dem Hinweis, dass sich der Kunde durch unsere Hilfe auf seine Kernprozesse konzentrieren kann. Das ist derzeit wichtiger denn je geworden, da viele Mittelständler, zum Beispiel Handwerker, am Rand ihrer Kapazität arbeiten.

Was verstehen Sie persönlich unter einem Thought Leader?

Auf eine Person reduziert ist ein Thought Leader jemand, der Expertise hat, in einer Nische meinungsbildend agiert und von einer Community als Meinungsführer anerkannt wird. Die Person geht in einem Thema nicht breit, sondern tief voran und setzt sich dafür ein, dass es sich weiterentwickelt.

Man kann das auch auf Unternehmen übersetzen – DATEV ist ein Thought Leader, weil an uns in Sachen betriebliches Rechnungswesen, Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung kein Weg vorbei führt. Wir haben bei KMU eine Markenbekanntheit von 80 Prozent.

Für Unternehmen und Gemeinschaften ist es natürlich etwas schwieriger als für eine Einzelperson. Elon Musk tut sich leichter, weil er sich mit niemandem abstimmen muss. Wenn sich DATEV als Meinungsführer positioniert, muss es theoretisch für alle Mitglieder und Partner verträglich sein. Unser CEO Robert Mayr bezieht für die DATEV aber im Sinne eines Thought Leaders trotzdem Positionen, mit denen er auch aneckt und Widerspruch erntet.

Als Kollektiv müsste man zwar immer erst einen Konsens bilden. Wenn aber immer zuerst ein Konsens gebildet wird, kann man kein Thought Leader sein. Wir haben uns deshalb dazu entschlossen, in den zentralen Themen einfach voranzugehen. Wir haben die Weisheit der Vielen, weil wir in Kontakt mit 41.000 Steuerberatern stehen. Deswegen können wir Meinungen bilden und müssen vorangehen.

Wie sieht die Marketing-Organisation von DATEV aus?

Bei uns inkludiert „Marketing und Kommunikation“ auch die interne Unternehmenskommunikation, weil alle Dinge, die nach außen erzählt werden, ebenfalls nach innen vermittelt werden müssen. Schließlich müssen die Mitarbeiter die Marke DATEV vertreten und das Markenversprechen halten. Die Abteilung ist dreigeteilt.

Das erste Team ist für Produktmarketing und Markenführung zuständig – hier sind auch die Datenspezialisten involviert. Das Data Analytics Team hat seit seinem Entstehen dafür gesorgt, dass Marketing und Vertrieb besser zusammenarbeiten. Daneben gibt es das Corporate Publishing, das nach dem Newsroom-Konzept aufgebaut ist. Hier generieren Themenverantwortliche Inhalte für datev.de, die „Trialog“-Unternehmerseite, das DATEV-Magazin, die Blogs etc. – also die 360-Grad-Kommunikation. Das dritte Team zeichnet für den DATEV Auftritt bei Messen und Events verantwortlich.

Allgemein sind die Themen rund um Software für Steuerberatung, Steuererklärung und betriebliches Rechnungswesen nicht so sexy, gerade wenn es um das Erreichen von Nachwuchskräften geht. Wenn Sie einen Informatiker nach seinen Vorlieben fragen, wird er nicht sagen: „Das ist genau das, was ich machen will“. Deshalb wollen wir uns als moderne Software-Community für Unternehmen präsentieren.

Wie sieht die Zusammenarbeit zwischen Marketing und Vertrieb aus?

Wir haben einmal pro Jahr eine gemeinsame Vermarktungs- und Vertriebsplanung. Dabei werden die Schwerpunkte für das nächste Jahr festgelegt. Zusätzlich wird der Prozess alle vier Monate mit dem Vertrieb besprochen – ob alles funktioniert oder etwas nachgesteuert werden muss sowie alle Marketing-Aktionen und das Direktmarketing beim Kunden.

Das Data Analytics-Team kümmert sich auch immer darum, dass der Kundenverantwortliche in der Kundenakte die „next best offer“ findet, die er in sein Kundengespräch einbringen kann. Aus den Daten entsteht auch die Potenzial-Bewertung zur Bestimmung der Wachstumspotenziale und Festlegung der Intensität vertrieblicher Aktivitäten.

Zurück zum Thema Thought Leader: Seit 2014 gibt es die DATEV-Stiftung „Zukunft“. Zahlt diese auf das Thema ein?

Im Zuge ihres 50-jährigen Jubiläums hat DATEV beschlossen, etwas Besonderes für den Berufsstand zu tun. Sozusagen on top zu unserem täglichen Handeln. Die Stiftung soll im Grunde Vordenker beziehungsweise Thought Leader für nachhaltiges Wirtschaften sein, zur Weiterbildung und Nachwuchsförderung im Steuerberater-Berufsstand beitragen sowie die IT und den Datenschutz vorantreiben. Wir unterstützen zum Beispiel wissenschaftliche Arbeiten und Doktoranden, die sich mit der Zukunft des Berufsstandes beschäftigen, und die Stiftung „Neue Verantwortung“ in Berlin, die wiederum bei den gesellschaftlichen Themen KI und IT Vordenker ist.

Vielen Dank für das Gespräch!

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