Interview E-Commerce Customer Experience als Erfolgsfaktor für den B2B E-Commerce

Redakteur: Georgina Bott

Mit jährlich zweistelligen Wachstumsraten im E-Commerce liegt der Fokus bisher auf dem B2C-Bereich. Doch warum wird der Begriff „E-Commerce“ in der öffentlichen Wahrnehmung noch nicht so stark mit dem B2B in Verbindung gebracht? Welchen neuen Herausforderungen müssen sich B2Bler stellen?

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Um auch im B2B E-Commerce Gas geben zu können, sollten Unternehmen den Service und die Customer Experience als wichtigsten Wachstumsmotor ansehen.
Um auch im B2B E-Commerce Gas geben zu können, sollten Unternehmen den Service und die Customer Experience als wichtigsten Wachstumsmotor ansehen.
(Bild: gemeinfrei / CC0 )

Anlässlich der Magento Imagine Konferenz im April 2017, bei der sich das „Who is Who“ der internationalen Szene traf, um auf den aktuellen Stand des Magento-Ökosystems zu blicken, haben wir mit Tanja Fischer, Geschäftsführerin von mediawave, über Entwicklungen, Chancen und Herausforderungen im B2B E-Commerce gesprochen.

Frau Fischer, als Geschäftsführerin einer Full-Service E-Commerce-Agentur sind Sie immer auf dem Laufenden in Sachen Online-Handel. Welche Entwicklungen konnten Sie in den letzten Jahren im E-Commerce beobachten?

Tanja Fischer ist geschäftsführende Gesellschafterin von mediawave.
Tanja Fischer ist geschäftsführende Gesellschafterin von mediawave.
(Bild: mediawave internet solutions GmbH)

Tanja Fischer: Haben wir in den letzten Jahren noch viele Me-Too (Standard) Shops gesehen, die kein Alleinstellungsmerkmal besitzen und meist Standard-Features in Gebrauch haben, erkennen wir heute den Trend zur Customer Experience im E-Commerce. Wir sind in einem Zeitalter angekommen, bei dem der Kunde an der Macht ist. Alleine er entscheidet, wann und wo er seine Käufe tätigt. Um den Kunden von sich zu überzeugen, müssen seine Emotionen angesprochen und ein individuelles Kauferlebnis geboten werden. Anstatt sich in einen schier aussichtslosen Preiskampf mit Amazon und Co. zu stürzen, müssen sich Händler auf nachhaltigere Strategien wie inspirierende Geschichten (Storytelling) und Produktinszenierungen fokussieren.

Welche Herausforderung sehen Sie in diesen beiden Entwicklungen?

Der Markt ist agil und entwickelt sich immer weiter: Unternehmen müssen Schritt halten können, um nicht den Zug der Zeit zu verpassen. Gerade in großen Unternehmen dominiert leider noch das Silo-Denken. Langsame Entscheidungswege und starkes Abteilungsdenken liefern unnötig viele Barrieren, um den Unternehmenserfolg signifikant auszubauen. Noch oft handelt man aus der Sicht des Unternehmens oder des Produktes, anstatt sich die „Kundenbrille“ aufzusetzen, um aus dieser Warte an die Bedürfnisse des Kunden zu denken.

E-Commerce wird bei den Meisten mit dem B2C-Bereich in Verbindung gebracht. Aus welchen Gründen wird dem E-Commerce im B2C eine größere Bedeutung zugeschrieben als im B2B?

Während das B2C-Geschäft bereits seit Langem den digitalen Wandel vollzogen hat, hinkt der B2B-Bereich leider noch hinterher. Oft arbeitet der B2B-Vertrieb immer noch mit Fax oder Durchschlagpapier. Doch diese öffentliche Wahrnehmung wird sich sicherlich in den nächsten Jahren verschieben.

Sie deuten es ja bereits an: Auch der B2B-Bereich wird für den E-Commerce immer spannender. Was sind aus Ihrer Sicht die größten Chancen und Herausforderungen, die der E-Commerce im B2B mit sich bringt und was kann vom B2C gelernt werden?

Der digitale Vertrieb ist mehr als nur ein weiterer Vertriebs-Kanal: Er steigert die Wertschöpfung des Unternehmens. Durch das Umgehen von Zwischenstufen wie Händler, lassen sich Produkte mit einer höheren Marge vertreiben. Gleichzeitig wird auch die eigene Reichweite erhöht und ermöglicht damit dem Marketing neue Potenziale. Natürlich ist eine gute Vernetzung und Verknüpfung der Vertriebskanäle online wie offline unabdingbar. Vertriebslösungen wie ERP-, PIM- und CRM-Systeme sollten so angepasst und ausgebaut werden, dass sie miteinander interagieren und eine umfassende Omnichannel-Strategie aufgreifen können. Dies macht natürlich der B2C-Bereich seit geraumer Zeit sehr erfolgreich. Wie hebt sich also der B2C-Bereich ab? Ganz einfach: Sie betrachten Service beziehungsweise die Customer Experience als wichtigsten Wachstumsmotor. Mit ausgefeilten Strategien machen sie anderen B2B-Unternehmen vor, was exzellente Kundenerlebnisse ausmacht und wie sie das Umsatzwachstum beflügeln können. Gefragt sind Services und Funktionalitäten, die eine durchgängige und komfortable Buyer-Experience ermöglichen. Eine ultraschnelle Lieferung – wie bei dem Online-Riese Amazon mit seiner Prime Now Lösung – ist zum Beispiel ein wichtiges Kriterium im Online-Handel. Gerade einen Aspekt hat der B2C dem B2B aber voraus: Die Agilität. Dem B2B fehlen bisher noch die Erfahrung und das nötige Know-how, um schnell auf den Zug der Zeit aufzuspringen und mit der digitalen Transformation zu starten. Gerade bei B2B-Projekten gibt es viele individuelle Prozesse und spezielle Konditionen. Die große Herausforderung besteht darin, dass eine Technologie-Plattform entwickelt wird, die sich bestmöglich in die bestehende Systeminfrastruktur integrieren und darüber hinaus sich in Zukunft agil anpassen lässt.

Sie waren Teilnehmerin der Magento Imagine Konferenz. Welche Eindrücke konnten Sie dort sammeln und welche Trends für den E-Commerce lassen sich bereits aus den USA erkennen?

Auch auf der Magento Imagine Konferenz wurde das Potenzial des B2B-Geschäfts im E-Commerce ausgiebig thematisiert. Verschiedene Vorträge prognostizieren sogar, dass der Umsatz von B2B-Unternehmen im Vergleich zum B2C bis 2020 doppelt so hoch sein wird. Zahlreiche Studien wurden bereits in den USA gefahren, die diesen Aufwärtstrend belegen: 82 Prozent der Probanden gaben an, dass sie auf Amazon bestellen, um für die Arbeit Käufe zu tätigen. Selbst über 68 Prozent der Befragten waren der Meinung, dass sie lieber „online“ Bestellungen aufgeben, als sich mit einem Handelsvertreter auszutauschen. Die Folge dieses Aufwärtstrends ist es, dass sich das B2B Ökosystem verschieben wird. War die Distribution bisher das Bindeglied zwischen der Produktion und Konsumption, verschiebt sich dies immer mehr in den E-Commerce. In den USA spricht man bereits von dem „Amazon-Effekt“, der dem klassischen, stationären Handel immens zu schaffen macht.

Den Schritt von B2C auf B2B haben bereits große Unternehmen wie Amazon hinter sich. Was kann das Shopsystem „Magento“ für den B2B-Vertrieb bringen?

Magento hat mit dem Launch der Version 2.2 eine umfassende Erweiterung für B2B-Kunden ermöglicht: „Magento B2B“ liefert damit spannende Features für den B2B-Handel „out-of-the-box“ und ohne zusätzlichen Kosten im Rahmen der Enterprise Edition. Unter anderem bieten zum Beispiel Quick Orders und Nachbestell-Listen spannende und schnelle Einkaufserlebnisse.

Vielen Dank für das nette Gespräch, Frau Fischer!

Über Tanja Fischer

Tanja Fischer ist geschäftsführender Gesellschafter von mediawave. Die studierte Betriebswirtin gründete 1998 die Full Service e-Commerce-Agentur mit Sitz in München. Neben ihrer beratenden Rolle in Projekten, verantwortet Sie die Bereiche Controlling und die Personalentwicklung bei mediawave.

Über mediawave internet solutions GmbH
mediawave ist eine inhabergeführte Full Service e-Commerce-Agentur mit Sitz in München. Als offizieller Partner von Magento und Spryker gehört mediawave zu den führenden Anbietern für Onlineshop-Lösungen in Deutschland. Seit fast 20 Jahren betreut die Agentur Kunden im B2B- und B2C-Bereich. Dazu gehören unter anderen Segmüller, A.T.U. Autoteile Unger, Dalton Cosmetics, Riedel Glas, FRAAS und Inwerk Büromöbel. Der Full-Service-Anbieter ist zertifiziert vom Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW). Das Unternehmen ist zudem Gewinner der Magento Awards "Fast and Emerging Partner" sowie "Partner of Excellence".

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