Consent-Banner Ergebnis der Web-Analyse ist völlig beliebig

Ein Gastbeitrag von Olaf Brandt*

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Verbraucher wie Unternehmen sind gleichermaßen frustriert von Consent-Bannern. Das gravierendste, zumeist unbekannte Problem ist jedoch die Datenverzerrung durch den Consent. Verlässliche Analysen zur gezielten Steuerung der Website sind damit nicht mehr möglich. Wie aber lässt sich dieses Dilemma aus Consent-Pflicht und Datenverzerrung (Bias) lösen?

Das Problem mit Consent-Bannern – die Einwilligungsraten sind gering und selbst mit gestalterisch optimierten Bannern (sogenanntes Nudging) steigen die Zustimmungsraten der Website-Besucher nicht signifikant.
Das Problem mit Consent-Bannern – die Einwilligungsraten sind gering und selbst mit gestalterisch optimierten Bannern (sogenanntes Nudging) steigen die Zustimmungsraten der Website-Besucher nicht signifikant.
(Bild: frei lizenziert / Unsplash)

Einer aktuellen Studie von etracker zufolge liegt die Einwilligungsrate bei einer rechtskonformen Consent-Gestaltung im Durchschnitt nur bei 17 Prozent. Damit gehen rund 83 Prozent der Nutzerdaten verloren! Wer jedoch glaubt, seine Datenbasis durch illegales Nudging vergrößern zu können, wird ebenfalls enttäuscht: Zwar gehen hier bei einer Einwilligungsrate von 41 Prozent „nur noch“ 59 Prozent der Daten verloren, aber was bedeutet dies für die Aussagekraft der Web-Analyse? Hinzukommt, dass die Einwilligungsrate in Abhängigkeit von der Traffic-Quelle sehr stark schwankt – und zwar um durchschnittlich 28 Prozentpunkte (Spannweite zwischen Quelle mit höchster und mit geringster Einwilligungsrate). Häufig wird dabei der Einfluss von Social Media stark unterschätzt – im Einzelfall aber auch überbewertet. Trotz dieser Variation zwischen unterschiedlichen Websites lässt sich festhalten, dass aufgrund von Consent-Bannern keine repräsentative Stichprobe der Zielgruppe vorliegen kann.

Die Einwilligungsrate variiert entgegen der allgemeinen Erwartung deutlich von Kanal zu Kanal.
Die Einwilligungsrate variiert entgegen der allgemeinen Erwartung deutlich von Kanal zu Kanal.
(Bild: etracker)

Das Aus für die Web-Analyse?

Die vermeintliche Consent-Pflicht führt zu einer schwerwiegenden Daten-Verzerrung. Eine solche torpediert jegliche Online-Steuerung (etwa für Kampagnenbudgetierungen und Site-Optimierungen) und verwehrt – trotz der Bemühungen – den Einblick in die Zielgruppe und das Nutzerverhalten. Derartig verfälschte Daten leiten Online-Marketer in ihren Entscheidungen sogar gänzlich fehl, weil ihnen keine zuverlässigen Informationen darüber vorliegen, aus welchen Ländern ihre Website-Besucher stammen, welche Kampagnen sie tatsächlich auf die Website geführt haben und ob sie anschließend wirklich konvertieren. Zudem bleibt das Verhalten von Nutzern unkalkulierbar und intransparent. Anders als etwa bei der Sonntagsfrage für die Wahlprognosen, entscheidet ein und derselbe Website-Besucher in der Regel völlig spontan und ohne logische Konsistenz, ob er der Datenerhebung zustimmt oder nicht. Somit machen Consent-Banner das Ergebnis der Web-Analyse komplett beliebig. Die Repräsentativität der Stichprobe ist nicht mehr gegeben und die Daten sind letztlich unbrauchbar. Eine derart vage Datenbasis kann unter keinen Umständen für strategische Entscheidungen und eine gezielte Erfolgssteuerung Verwendung finden.

Tracken ohne Einwilligung – mit berechtigtem Interesse und mildestem Mittel

Statt zu testen, mit welcher Consent-Gestaltung sich höhere Einwilligungsraten erzielen lassen, was zudem rechtswidrig wäre, müssen Online-Marketer einen Weg finden, die Qualität ihrer Daten auf ein belastbares Niveau anzuheben. Was die wenigsten aber wissen: Consent-Dialoge sind nur eine Möglichkeit, um rechtskonformes Tracking zu betreiben. Die Alternative liegt in der Rechtsgrundlage des „Berechtigten Interesses“ und im Einsatz des „mildesten Mittels“.

1. Das „Berechtigte Interesse“

Jeder Website-Betreiber meint zwar, ein berechtigtes Interesse an der statistischen Analyse seiner Website zu haben, jedoch gilt es dabei zu beachten, dass dem die Grundrechte und Grundfreiheiten des Nutzers nicht entgegenstehen. Im Rahmen einer datenschutzrechtlichen Interessenabwägung ist sicherzustellen, dass dies nicht der Fall ist. Dazu ist für das Tracking das mildeste Mittel zu wählen, wie es der vernünftigen Erwartung des Nutzers entspricht. Was also ist vom Nutzer vernünftigerweise erwartbar? Hierzu gehört etwa das Zählen von Seitenaufrufen oder Kaufhandlungen, aber keine Website-übergreifende Profilbildung und keine Verwertung der Daten durch den Tracking-Anbieter selbst (beispielsweise zu Werbezwecken). Man stelle sich nur vor: In einem Ladengeschäft würden Überwachungsdienste jeden Griff ins Regal dokumentieren und diese Daten für einen Einkäufer über mehrere Geschäfte hinweg miteinander verknüpfen. Unvorstellbar! Diese Form der Datenerhebung – auch online – liegt also nicht in der vernünftigen Erwartung der Nutzer.

2. Das mildeste Mittel

Der Einsatz des mildesten Mittels bezieht sich auf die Methoden der Datenerhebung und statistischen Auswertung. Hochinvasive Verfahren und Technologien wie das Mouse-Tracking oder eben eine Nutzer-Identifikation durch den Tracking-Anbieter sind unter Berufung auf das „Berechtigte Interesse“ demnach nicht gestattet, weil hier die Interessen der Nutzer überwiegen. Das gilt insbesondere, wenn Tracking-Tools wie Google Analytics zum Einsatz kommen. Denn Google verknüpft die Daten über alle besuchten Domains, identifiziert die Nutzer anhand des Google-Kontos sogar personenbezogen und nutzt obendrein die so gewonnenen Interessenprofile zum Zwecke eigener Werbung. Selbst mit neuen Angemessenheitsbeschlüssen zwischen der EU und den USA, die als dauerhafte Lösung nicht zu erwarten sind, wäre für das Google-Tracking weiterhin eine Einwilligung erforderlich. Online-Marketer stünden also noch immer vor dem Dilemma aus Consent-Pflicht und Consent-Bias (Verzerrung).

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Fazit: Ohne Consent – ohne Datenverzerrung

Was die vermeintliche Einwilligungspflicht mit den Daten der Web-Analyse anrichtet, muss Online-Marketern zwingend bewusst werden. Ansonsten verschenken sie Ressourcen und Budgets an den falschen Stellen. Wie gut, dass es möglich ist, Nutzerdaten unter Nachweis des „Berechtigten Interesses“ und mit dem mildesten Mittel zu erheben – und das völlig einwilligungsfrei. Zwar sind auch daran hohe rechtliche Anforderungen und technologische Einschränkungen geknüpft, aber: Es gibt bereits rechtskonforme Analyse-Tools, die anders als Google Analytics die Nutzerdaten nur für den jeweiligen Auftraggeber (sprich das Unternehmen) erheben und dabei vollständig ohne Cookies arbeiten. Denn ein Tracking mit Cookies würde rechtlich wieder eine Einwilligungspflicht nach sich ziehen. Wichtig ist zudem, dass sie die hohen datenschutzrechtlichen Auflagen für ein „Berechtigtes Interesse“ erfüllen – im Idealfall sogar dahingehend von unabhängiger Stelle geprüft sind. Erst mit einem juristisch zweifelsfrei belegbaren „Berechtigten Interesse“ können Unternehmen und Website-Betreiber gänzlich auf Consent-Banner verzichten.

Der Lohn: eine solide Datenbasis, die eine strategische Steuerung der Website ermöglicht und den Online-Marketer nicht in die Irre, sondern gezielt zum Erfolg führt.

Infokasten

Arten von Consent

Gestaltung und ihre Verbreitung

  • Laut der Consent-Studie von etracker setzen noch immer rund 6 Prozent der Websites auf eine implizite „Zwangseinwilligung“, bei der ein Consent-Banner aus einem einfachen Ok- oder Schließen-Button besteht.
  • 31 Prozent nutzen einen erschwerten Einwilligungsdialog, bei dem die Ablehnung nur über ein Untermenü möglich ist, was stets mindestens einen Klick mehr erfordert als für die Zustimmung.
  • Mit 35 Prozent versucht die Mehrheit der Online-Marketer jedoch, die Consent-Banner zu manipulieren (Nudging): Diese Banner heben den Ok-Button gegenüber der Ablehnung besonders hervor und sind nach Meinung der Datenschutzaufsichtsbehörden aufgrund dieser Einflussnahme ein klarer Gesetzesverstoß.
  • Rechtskonforme Consent-Banner bieten Ablehnung und Zustimmung als gleichwertige Optionen auf der ersten Ebene an. Jedoch setzen nur 16 Prozent der Websites diese Form ein. Folglich erheben 84 Prozent der Websites ihre Nutzerdaten illegal und rechtlich unwirksam.
Consent-Banner lassen sich implizit, erschwert, manipulativ oder rechtskonform gestalten.
(Bildquelle: etracker)

*Olaf Brandt ist Geschäftsführer der etracker GmbH .

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