Experteninterview Mit MarTech in die Zukunft des B2B Marketings bei Continental Automotive

Das Gespräch führte Felix Haas

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Marketingtechnologien, kurz MarTech, finden im B2B immer häufiger Anwendung. Doch welche Tools brauchen B2B Marketer eigentlich und worin liegen aktuell noch Schwierigkeiten? Henryk Börngen, Global Head of Marketing Smart Mobility bei Continental Automotive, liefert in diesem Interview die Antworten.

Welche Bedeutung MarTech für die Zukunft des B2B Marketings hat und worin derzeit noch Schwierigkeiten liegen, erzählt Henryk Börngen in diesem Interview.
Welche Bedeutung MarTech für die Zukunft des B2B Marketings hat und worin derzeit noch Schwierigkeiten liegen, erzählt Henryk Börngen in diesem Interview.
(Bild: gemeinfrei / Pexels)

Der digitale Wandel ist gerade in Traditionsunternehmen oft mit Hindernissen verbunden, denn man startet nicht bei null: Zahlreiche parallel gewachsene Systeme und Silos sind in den Abteilungen und Bereichen des Unternehmens bereits vorhanden. So ziehen sich die Transformationsprozesse oft über Jahre, sind aber nichtsdestotrotz nötig und funktionieren nur mit guter und langfristiger Kommunikation. Auch im Marketing ist digitale Technologie nicht mehr wegzudenken, egal ob Social Media, Marketing Automation oder CMS – all das fällt in den Bereich von MarTech.

MarTech ist jedoch nur ein Teilausschnitt der Gesamtbetrachtung des Tech Stacks von Unternehmen und kann nicht für sich allein gesehen werden. Viele Unternehmen wollen die Customer-Journey des Kunden ganzheitlich angehen, von der Lead Generierung über die Conversion bis hin zu After Service Funktionen. MarTech ist dafür ein unverzichtbarer Bestandteil. Denn auch aus Kundenperspektive sind Transformationen notwendig, Erwartungen werden von B2C zu B2B transferiert, alles muss userfreundlicher werden. Im Worst-Case drohen sonst vergebene Chancen und Wettbewerbsnachteile.

Doch wie verläuft die Umstellung hin zu „mehr“ MarTech im B2B?

Interview mit einem MarTech-Experten

Zu diesem Thema haben wir Henryk Börngen, Global Head of Marketing Smart Mobility bei Continental Automotive, gesprochen. Henryk hat mehr als 15 Jahre Erfahrung im B2B Marketing und spricht mit uns über seine Learnings und Perspektiven zum Thema MarTech.

marconomy: Wie läuft die digitale Transformation bei Continental ab?

Henryk: Die digitale Transformation ist die zentrale Herausforderung, sicherlich nicht nur für Continental, sondern auch für viele andere Unternehmen. Das liegt daran, dass man nicht bei Null anfängt, es gibt kein Greenfield in dem man alles neu bauen und sich nach Belieben verwirklichen kann, um den Kundenanforderungen zu entsprechen. Stattdessen sind über die Jahre sehr viele Systeme unabhängig voneinander entstanden, meine Kollegen aus dem Sales haben beispielsweise ein CRM gebaut, die Kollegen aus dem Produktmanagement ein PIM. Insgesamt ist ein richtiges Sammelsurium an Systemen und Silos vorhanden und weil da in der Vergangenheit nicht zentral gesteuert wurde, gab es nicht den einen Approach. In den verschiedenen Abteilungen haben sich also kleine Fürstentümer gebildet, diese Systeme sind für sich zwar gut und performant, sie sind aber nicht verbunden, den Gedanken daran gab es bei der Erstellung noch nicht. Da von System zu System ein anderer Fokus angesetzt wurde, ist Kooperation und Automation nur sehr schwer zu realisieren. Unternehmen, die also bereits eine gewisse digitale Historie haben, sich jetzt aber auf ein neues Level heben wollen und neue Ziele haben, stehen genau vor dieser Herausforderung. Gleichzeitig nehmen die Aufwände, die bereits bestehenden Systeme zu betreiben, mehr und mehr zu, der Schritt muss also gemacht werden. Das heißt eigentlich es braucht einen grundsätzlich neuen Ansatz und eine neue Form von Zusammenarbeit für ein zukünftiges System.

Wie definierst Du MarTech?

MarTech ist all das, was meine Kollegen in Sales und Sales-Service unterstützt. Im Sales-Fall ist MarTech eine der ersten Funktionen, das heißt von der Lead Generierung, über die Qualifizierung und so weiter sind das sehr viele Teilschritte hin zur Conversion. Aber die singuläre Betrachtung – rein Martech – greift zu kurz. Die Landschaft ist so vernetzt, es geht bereits bei der Produktentwicklung los, mit Co-Creation, bis hin zum Fulfillment, wenn man ans E-Commerce denkt. Das heißt MarTech ist ein Teilausschnitt der Gesamtbetrachtung eines Tech Stacks von Unternehmen, die den Kunden ganzheitlich angehen möchten, die ihm eine Customer-Journey anbieten wollen, die von der Lead Generierung über die Conversion bis hin zu After Service Funktionen reicht. Mein Begriff von MarTech geht damit eigentlich über MarTech hinaus.

Werden technische Aspekte klassisches Marketing ersetzen?

Nein, das sehe ich überhaupt nicht. Marke ist das primäre Asset einer Organisation, Marke steht für Qualität. Wenn ich beispielsweise im Supermarkt stehe und keine Differenzierung habe, Aussehen und Geschmack gleich sind, dann orientiere ich mich an Marke. Marke wird also nach wie vor eines der wichtigen Elemente bleiben. Die Formate wie Sponsoring, klassische Werbung, Technologiekommunikation bleiben für uns ein ganz wichtiger Aspekt. Das alles wird in Zukunft aber angereichert um MarTech, um neue Funktionen und Systeme, um Enabler. Ich sperre mich jedoch dagegen zu sagen, „ich erkaufe mir den Markt mit Leads“. Leads sind wichtig, aber warum entscheide ich mich für eine Marke beziehungsweise ein Unternehmen? Aufgrund der Marke und aufgrund der Invest, die in diese Marke getätigt wurde – Marke bleibt also bestehen.

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Wie kann im Unternehmen die Akzeptanz für neue Software geschaffen werden?

Das ist der größere Teil meiner Arbeit in Bezug auf MarTech, dieses Enablement. Was kann man tun, um die gute Technologie ins Unternehmen zu bringen? Das hat sehr viel mit Kommunikation zu tun. Die meisten Unternehmen glauben, dass Technologie ihre Probleme löst. Ein Kollege von mir sagt immer, dass man bei der digitalen Transformation immer an eine technologische Herausforderung denkt, dabei ist es ironischerweise eine kulturelle Herausforderung. Das beginnt beim Management, es braucht ein starkes Mandat für diese Veränderung. Und dann ganz wichtig Kommunikation: warum wird etwas getan, mit welchem Ziel wird etwas getan? Meiner Erfahrung nach gibt es keine Überkommunikation, es gibt kein zu viel an informieren, an involvieren, an Teilhabe schaffen. Da habe ich auch persönlich Lehrgeld gezahlt, zu Beginn wollte ich da zu viel zu schnell, das hat nur zum Teil funktioniert und nicht alle Kollegen abgeholt. Hier haben wir jetzt einen anderen Fokus gesetzt, wir sind viel stärker am Abholen und Erklären, Vertrauen stiften und kollaborieren mit anderen Einheiten innerhalb als auch außerhalb des Unternehmens.

Mehr dazu im B2B Hero Podcast

Mehr dazu hat Henryk Börngen zusammen mit marconomy Redakteurin Alicia Weigel im B2B Hero Podcast erzählt. Neugierig?

Dann hören Sie gleich rein:

Das erwartet Sie in dieser Folge:

  • Ab Minute 3:24: Die digitale Transformation bei Continental
  • Ab Minute 6:21: Definition von MarTech
  • Ab Minute 8:20: Wird MarTech das konventionelle Branding ersetzen?
  • Ab Minute 9:52: Was wäre der Worst-Case, wenn Marketing weiter wie in den letzten 20 Jahren betrieben wird?
  • Ab Minute 13:03: Auf welche Systeme sollten B2B Unternehmen heutzutage nicht verzichten?
  • Ab Minute 16:38: Enablement – wie kann die Akzeptanz neuer Software geschaffen werden?
  • Ab Minute 20:20: Kommunikation der Transformation – wieso müssen auch andere Abteilungen wie Service und Commerce miteinbezogen werden?
  • Ab Minute 24:28: Wie soll in zwei Jahren das Marketing bei Continental aufgestellt sein?

Eine Folge des B2B Hero Podcasts ist nicht genug?

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