Grundlagen Marketing Canvas So schärfen Sie Ihren Blick für klare Ziele

Autor / Redakteur: M.A. Susanne Trautmann / Julia Reger

Scrum, Kanban und Design Thinking: Weil die Digitalisierung Produktzyklen verkürzt, setzt die Wirtschaft auf agile Arbeitsmethoden. Sie erhofft sich davon die Entwicklungskosten zu reduzieren und Produkte schneller in den Markt einzuführen. Im ersten Teil der Artikelserie geht es darum, welche Folgen es hat, wenn Unternehmen in immer kürzeren Intervallen entwickeln und produzieren müssen.

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Mithilfe des Marketing Canvas gelingt es, Projekte mit hoher Komplexität zu begreifen und systematisch einen Plan zu entwickeln.
Mithilfe des Marketing Canvas gelingt es, Projekte mit hoher Komplexität zu begreifen und systematisch einen Plan zu entwickeln.
(Bild: Susanne Trautmann)

Lässt sich ein Problem lösen, ohne sich vorher die Zeit zu nehmen, es vollständig zu analysieren? Eigentlich nicht, oder? In diesem Zitat bringt Einstein auf den Punkt, worauf es wirklich ankommt: „Wenn ich eine Stunde habe, um ein Problem zu lösen, dann beschäftige ich mich 55 Minuten mit dem Problem und 5 Minuten mit der Lösung.“ Hat man ein Problem gedanklich ganzheitlich durchdrungen, so Einsteins Erkenntnis, liegt die Lösung quasi schon auf der Hand.

(Bild: Susanne Trautmann)

Wie sieht die Realität in B2B Unternehmen aus? Innovation ist hier der Motor für den wirtschaftlichen Erfolg. Experten entwickeln kontinuierlich neue Produkte, Werkstoffe, oder spezielle Nachbearbeitungsverfahren. Vielleicht optimieren sie auch eine schon existierende Technologie oder entdecken unerwartete Anwendungsbereiche, durch die neue Märkte erschlossen werden können. Was auch immer es ist, das hier entwickelt wird – es kann sich nicht von selbst verkaufen. Ohne die richtige Strategie, ist der erfolgreiche Markteintritt leider so unrealistisch wie ein 6er im Lotto.

In B2B Unternehmen ist Zeit jedoch eine begrenzte Ressource und erste Erfolge müssen sehr schnell sichtbar gemacht werden. Denn wenn eine wirklich gute Idee für z.B. ein neues Produkt, nicht umgehend im Markt getestet wird, findet man den einen besonderen Wettbewerbsvorteil, der zu einer besseren Positionierung beiträgt, vielleicht zu spät. Doch dies birgt eine ernste Gefahr: Vertriebs-, Marketing- und Engineering Teams beginnen sofort an einer Lösung zu arbeiten, ohne in Dialog zu treten und das Problem zu hinterfragen. Ohne ein gemeinsames Verständnis des Ziels, dass alle antreibt, bleibt der Weg dorthin unklar.

Mit visuellen Denkwerkzeugen Komplexität auf das Wesentliche reduzieren

2016 bin ich zum ersten Mal mit dem Business Model Canvas (BMC) von Alexander Osterwalder in Berührung gekommen. Das BMC ist ein spannendes Instrument, mit dem man testen kann, ob eine Geschäftsidee unternehmerisch sinnvoll ist. Korrekt ausgeführt kann es den herkömmlichen Business Plan ersetzen – und das obwohl – oder vielleicht gerade, weil alle relevanten Informationen systematisch auf nur einer Seite zusammengefasst werden:

Das BMC ist wie ein Kochrezept, das alle essenziellen Elemente einer Geschäftsidee zusammenfasst. Durch seine übersichtliche Struktur mit insgesamt neun Feldern, kann es ein eigentlich komplexes Thema maximal vereinfachen. Indem die Felder in einer festgelegten Reihenfolge bearbeitet werden, wird der Denkprozess gesteuert. Am Ende hat man die Idee ganzheitlich erfasst und erkennt mögliche Schwachstellen, die in weiteren Iterationsschleifen beseitigt werden. Einstein wäre sicher begeistert gewesen. Ich war es auf jeden Fall! Denn ich begriff, dass diese visuelle und strategische Denkmethode sich leicht auf andere Problemfelder anwenden lässt. Meines zum Beispiel.

Mein Weg vom Business Model Canvas zum Marketing Canvas

Ich bin Marketing Manager im 3D-Druck Segment. Mein Unternehmen produziert nicht nur Prototypen, sondern auch Bauteile für mittelgroßen Serien sowie den Aftermarket. Unser Leistungs- und Service Portfolio ist breit gefächert und entwickelt sich ständig weiter. Das Experten-Team, mit dem ich zusammenarbeite, besteht aus Spezialisten, die Fachwissen aus allen Bereichen des 3D Drucks mitbringen.

Wenn wir an neuen Projekten arbeiten, ist neben dieser Expertise Geschwindigkeit unser größter Vorteil. Ich muss also schnell und umfassend den konkreten Nutzen des Produktes, Services oder Verfahrens etc. für die Zielgruppe verstehen. Gelingt mir das, bin ich in der Lage eine wirksame Content-Marketing Strategie zu entwickeln, mit der wir testen können ob unsere Idee ein „Echo“ im Markt erzeugt.

Dazu musste ich jedoch lernen die richtigen Fragen zu stellen. Nur sie liefern die entscheidenden Antworten und den Zugang zu Informationen, die bei der Erstellung des spezifischen Contents von Bedeutung sind. Auf Basis dieser Erkenntnisse habe ich mein Marketing Canvas entwickelt. Mit dieser visuellen Denkmethode im Gepäck fällt es mir jetzt leichter selbst Projekte mit hoher Komplexität zu begreifen und systematisch meinen Plan zu entwickeln.

Das Marketing Canvas
Das Marketing Canvas
(Bild: Susanne Trautmann)

In neun Schritten zu maximaler Klarheit

Mein Marketing Canvas besteht aus neun Feldern, die ich gemeinsam mit meinen Kollegen mit Inhalten fülle. Ein Workshop mit Produkt- und Vertriebsexperten ist für mich ein idealer Startpunkt, denn so erhalte ich den notwendigen Input für die Entwicklung einer Kommunikationsstrategie im Rahmen der Go-to-Market Strategie.

  • 1. Schritt: Vor welcher konkreten Herausforderung steht Ihr Wunschkunde? Finden Sie die Ursachen für sein Problem oder Bedürfnis heraus und erkennen Sie die Faktoren, die es beeinflussen.
  • 2. Schritt: Was passiert im schlimmsten Fall, wenn ihr Wunschkunde so weitermacht, wie bisher und nicht handelt?
  • 3. Schritt: Finden Sie heraus wie ihr Wunschkunde „tickt“, über welche Kanäle Sie ihn erreichen können und welche Entscheidungsprozess er durchläuft.
  • 4. Schritt: Beschreiben Sie ihre individuelle Lösung und den einzigartigen Nutzen, den Sie bringt.
  • 5. Schritt: Listen Sie alle alternativen Lösungen auf, die Wettbewerber entwickelt haben und auch mögliche Workarounds, die Ihr Wunschkunde anwendet, um das Problem selbst zu lösen.
  • 6. Schritt: Was machen Sie anders und besser zum Nutzen Ihres Wunschkunden und woher genau kommt Ihre Erfahrung?
  • 7. Schritt: Bringen Sie die Top 3 Funktionen, Vorteile bzw. Mehrwerte auf den Punkt, mit der Sie Ihren Wunschkunden überzeugen wollen Ihre Lösung zu testen.
  • 8. Schritt: Definieren Sie den Status quo! Welche Ressourcen stehen Ihnen zur Verfügung und mit welchen Hürden müssen Sie rechnen?
  • 9. Schritt: Definieren Sie nun ihr gemeinsames Ziel und die Meilensteine auf dem Weg dahin. Wer macht was bis wann und welche Ressourcen werden Sie noch benötigen?

(Bild: Susanne Trautmann)

Warum wir das Marketing Canvas brauchen

Ich bin fest davon überzeugt, dass die Marketing Canvas Methode nicht nur mir, sondern jedem B2B Marketer helfen kann. Vor allem, wenn Sie ganz am Anfang eines Projektes stehen und noch grundlegende Orientierung suchen ist es eine echte Allzweck-Waffe:

  • Das Expertenwissen unseres Teams wird auf nur einer Seite zusammengefasst.
  • Wir lernen unsere Wissenslücken kennen und können sie gezielt schließen.
  • Das Canvas liefert die argumentative Grundlage für die spätere Kommunikationsstrategie.
  • Die übersichtliche Struktur lässt uns Zusammenhänge erkennen, durch die wir bessere Ideen entwickeln können.
  • AHA-Erlebnisse machen einfach Spaß.

Mehr zum Thema präsentierte Susanne Trautmann auf den marconomy B2B Marketing Days am 15. und 16. Oktober 2019 in Würzburg. Den vollständigen Vortrag können Sie hier sehen:

Alle Learnings der B2B Marketing Days 2019 finden Sie in unserem Nachbericht:

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