Interview Warum Markenresilienz so wichtig ist

Von Dr. Gesine Herzberger

Die Markenresilienz-Studie „Made in Germany 4.0“ nimmt 33 deutsche Technologiemarken unter die Lupe. Wir haben mit Studien-Autor Jürgen Gietl, BrandTrust, über die Ergebnisse gesprochen.

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Jürgen Gietl ist Technologiemarken-Experte und Managing Partner bei BrandTrust.
Jürgen Gietl ist Technologiemarken-Experte und Managing Partner bei BrandTrust.
(Bild: BrandTrust)

Die Managementberatung BrandTrust hat in einer dualen Studie untersucht, wie zukunftsfähig deutsche Technologiemarken sind. Erstmals wird Markenresilienz, also die Stabilität und Agilität von Markenunternehmen, messbar und somit auch steuerbar. Grundlage der Untersuchung sind nicht Umsatz-, Bekanntheits- oder Imagewerte, sondern 10 Indikatoren, die den Einfluss der Marke auf Agilität und Stabilität eines Unternehmens erstmals messbar machen:

  • Preis-Premium
  • Volumen-Premium
  • Marken-Advocacy
  • Mitarbeiterstolz
  • Zukunftsfähigkeit
  • Adaptionsfähigkeit
  • Bekanntheit
  • Unverzichtbarkeit
  • Markenerlebnis Exzellenz
  • Gesellschaftliche Relevanz

Herr Gietl, Markenwert, Markenimage und so weiter – vieles wird gemessen. Warum nun die Resilienz von Marken?

Weil herkömmliche Betrachtungsweisen in heutigen Zeiten geprägt von Unsicherheiten, Krisen und Veränderung nicht mehr gewachsen sind!

Sich über den Stand seiner Marke ein Bild zu machen war immer wichtig. Sich bewusst zu machen, wie stabil und agil die eigene Marke das Unternehmen in Zeiten von Krisen und Veränderungen macht, kann überlebenswichtig werden. Denn dieses Umfeld konfrontiert Unternehmen mit völlig neuen Herausforderungen: Disruptive Geschäftsmodelle bringen die Märkte durcheinander, potentielle Zukunftsmärkte kollabieren, Fachpersonal muss global gesourct und vernetzt werden.

Ertragreich zukunftsfähig werden die Unternehmen bleiben, die einerseits genügend Agilität haben, um auf den Wandel reagieren zu können und gleichzeitig – insbesondere für Kunden und Mitarbeiter – die notwendige Stabilität haben. Stabilität ausgedrückt und gelebt durch die Marke und ihre Werte. Mit dem BrandTrust Resilienzindex untersuchen wir deshalb die Performance der Marke in zehn Resilienzindikatoren, darunter Aspekte wie Adaptionsfähigkeit, Mitarbeiterstolz oder Unverzichtbarkeit. Die Zukunftsfähigkeit wird somit mess- und auch steuerbar. Die Resilienzindikatoren gezielt zu steuern bedeutet, die Marke als Managementinstrument zu nutzen. Es heißt auch, Budgets effizient und zielgerichtet einzusetzen, um auf unvorhersehbare Herausforderungen flexibel und sicher reagieren zu können.

In der Studie untersuchen Sie Resilienz von B2C und B2B Marken. Wo gibt es Unterschiede?

Ich beginne mit den Gemeinsamkeiten: Sowohl die untersuchten B2B Marken als auch die B2C Marken erhalten von den Befragten – bis auf wenige Ausnahmen – nur durchschnittliche Bewertungen bei den zehn analysierten Resilienzindikatoren. B2B Unternehmen schneiden bei den Indikatoren Mitarbeiterstolz und Volumen-Premium besser ab als die B2C Marken. Erschreckend niedrige Werte erreichen B2B-Marken bei den Indikatoren Preis-Premium und Unverzichtbarkeit.

Es gilt, das Vorurteil auszuräumen, B2B-Marken müssten sich völlig anders verhalten als B2C-Marken. B2B-Marken müssen lernen, dass es eine Managementaufgabe geworden ist, den Wert der Spitzenleistung richtig zu vermitteln, und B2C-Marken müssen lernen, dass Marken nicht nur aus Kommunikationshüllen bestehen, sondern echte Spitzenleistungen erbringen müssen.

Was können B2B Marken vom Resilienz-Sieger Brose lernen?

Der Weltmarktführer ist ein exzellentes Beispiel dafür, dass die Bedeutung von Bekanntheit massiv überschätzt wird. Trotz auffallend geringer Bekanntheitswerte, geht Brose als Resilienzsieger aus der Untersuchung hervor. Die Befragten vergeben Top-Bewertungen für Brose bei Adaptionsfähigkeit, Gesellschaftlicher Relevanz und Marken-Erlebnisexzellenz.

Ein wichtiges Learning: B2B-Marken müssen aufhören, Bekanntheit mit Attraktivität zu verwechseln. Dabei führt die Idee der Hidden Champions aus meiner Sicht eher in die Sackgasse, als dass sie hilft. Natürlich brauchen B2B-Marken keine Bekanntheit in der Masse der Gesellschaft.

Was B2B-Marken aber brauchen, ist die größtmögliche Attraktivität bei allen Anspruchsgruppen, ob bei Bewerbern, Mitarbeitern, Lieferanten, Investoren, Entwicklungspartnern, Absatzmittlern oder Kunden. Solche Marken brauchen ein Höchstmaß an Kompetenz, ihre Besonderheiten und Spitzenleistungen wirkungsvoll zu vermitteln und die nötige Wertschätzung dafür zu erhalten. Dazu gehört eben auch, sich gesellschaftlich zu engagieren, sein Unternehmen immer wieder neu zu erfinden und Spitzenleistungen nicht nur zu kommunizieren, sondern zu liefern und erlebbar werden zu lassen. Unternehmen, die dies nicht erkennen, werden im globalen Wettbewerb keine Chance mehr haben!

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Über den Interviewpartner:

Der Technologiemarken-Experte Jürgen Gietl ist Managing Partner von BrandTrust, einer Managementberatung für markenzentrierte Unternehmensführung. Nach verantwortlichen Positionen im Bereich strategisches Marketing/Vertrieb bei einer weltweit führenden B2B-Technologiemarke berät er seit über zwölf Jahren mittelständische Unternehmen und Konzerne bei Entwicklung und Umsetzung ihrer zukunftsorientierten Markenstrategien.

Er ist für internationale Top-Player ihrer Branchen tätig, darunter BASF, Intel oder W.L. Gore. Aber auch mittelständische, meist inhabergeführte Unternehmen, gehören zu den BrandTrust Klienten. Darunter erfolgreiche B2B Marken wie Schunk, C.&E. Fein, Interroll, Hoval, Böhler Welding, Warem oder Geistlich Biomaterials.

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