Preismanagement in Krisenzeiten Machen Sie jetzt Ihre Hausaufgaben
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Die aktuelle Corona-Krise stellt viele Unternehmen vor großen Herausforderungen. Wir geben Ihnen einen Einblick, worauf Unternehmen in Krisenzeiten beim Preismanagement achten sollten, um Risiken zu vermeiden und auch Chancen zu nutzen.

Die aktuelle Corona-Pandemie stellt die große Mehrheit aller Unternehmen auf eine harte Probe und vor riesige Herausforderungen. Manager sind gezwungen, sich mit Themen zu beschäftigen, die noch vor kurzem für undenkbar gehalten wurden: der Vollbremsung der gesamten Binnenwirtschaft und großer Teile der Weltwirtschaft, der Einschränkung vieler unternehmerischer, aber auch persönlicher Gewohnheiten und Freiheiten, annähernd der Lockdown des gesamten Kontinents, Liquiditätsprobleme in atemberaubender Geschwindigkeit, Angst um die eigene Gesundheit. Unterstützt durch gigantische Hilfsprogramme von Europäischer Union, Bundesregierung und Ländern gilt es, mit prioritären Maßnahmen zur Sicherung von Liquidität und zur Reduktion von Kosten die nächsten Wochen / Monate zu überbrücken und oft das schiere Überleben von Firmen zu sichern.
Bei allen akuten Problemen darf aber nicht vergessen werden, dass die aktuelle Krise primär eine Absatz- und keine Kostenkrise ist. Von großer strategischer Relevanz ist es, auch die Markt- und hier vor allen die Preisseite im Auge zu behalten. Rückläufigen Absatzzahlen ist auch mit Notfall-Preismaßnahmen entgegenzusteuern. Im Vergleich mit anderen unternehmerischen Stellhebeln haben Preismaßnahmen den Vorteil, kurzfristig umsetzbar zu sein, um so schnell ihre Wirkung zu entfalten. Hierbei gilt es jedoch, mit Bedacht vorzugehen und dabei auf drei Ebenen aktiv zu sein:
- 1. Preisstrategische Fehler zu vermeiden
- 2. Wenn, dann nur sinnvolle Preisanpassungen vorzunehmen
- 3. Jetzt die Weichen zur Sicherung der Nachkrisen-Erträge stellen
Preisstrategische Fehler zu vermeiden: Agieren statt reagieren
Auch wenn Sie im Tagesgeschäft nicht wissen, wo Ihnen der Kopf steht und trotz allen Drucks: Behalten Sie einen klaren Kopf und vermeiden Sie Pricing-Fehler, die Sie sonst später in der Nachkrisenzeit bitter bereuen. Reagieren und improvisieren Sie nicht, sondern behalten Sie „das Heft in der Hand“; jetzt panisch zu schauen, was der Wettbewerb macht und etwaigen Preissenkungen zu folgen oder vorschnell dem Preisdruck der Kunden nachzugeben, hilft — wenn überhaupt — allenfalls sehr kurzfristig, verbrennt aber die Erträge von Morgen.
Lassen Sie, wenn es eben geht, die Listenpreise auf Ihren bisherigen Niveaus und vermeiden Sie es insbesondere, das Preisniveau Ihrer Kernprodukte zu reduzieren. Einmal reduzierte Preisniveaus lassen sich erfahrungsgemäß nicht mehr oder nur über einen sehr langen Zeitraum mittels inflationsmotivierter Anpassungen korrigieren. Überlegen Sie stattdessen, ob und wie insbesondere Ihre bisherigen wichtigen und loyalen Kunden unterstützt werden können. Erfahrungsgemäß werden mit den Top-20-Prozent-Kunden, auf die Sie sich jetzt fokussieren sollten, oft 80 Prozent des Umsatzes erzielt. Sind hier etwa Preisstrukturen wie Kurzfrist-Rabatte oder vertragliche Vereinbarungen mit eingebauten zukünftigen Preisanpassungen denkbar, um die hohe Last der Volatilität besser zu verteilen? Können Sie Steuerungs-/ Market-Intelligence-Systeme auch Ihren Kunden zur Verfügung stellen, um gemeinsam besser durch die Krise zu kommen? Kunden, die Sie in diesen schwierigen Zeiten nicht „im Regen stehen lassen“, werden es Ihnen zukünftig danken.
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E-Commerce
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Krisenbedingt werden Sie in bestimmten Bereichen auch mit einem geänderten Kaufverhalten Ihrer Kunden konfrontiert sein. So kann die aktuelle Situation neben einem zunehmenden Druck in Bezug auf Preiszugeständnisse auch mit verlängerten Verkaufszyklen einhergehen. Präparieren Sie sich zudem auf Preisverhandlungen, in denen, neben den altbekannten, auch neue Entscheider involviert sein können.
Stellen Sie unbedingt sicher, ausschließlich konsistente Signale in den Markt zu senden, um Ihre künftige Positionierung nicht zu gefährden. Hierzu müssen alle relevanten Stakeholder etwa aus Vertrieb, Pricing, Marketing, Finanzen oder Controlling mit einbezogen werden. Sämtliche Botschaften und Argumente sind zentral vorzudenken, Informationsunterlagen vorzubereiten und bereitzustellen und gegebenenfalls über (Online-)Trainings abzusichern.
Wenn Preise anpassen — dann richtig
Wird der Preisdruck zu hoch müssen Sie gegebenenfalls Zugeständnisse machen. Geben Sie diese auf keinen Fall auf Ihre Kernprodukte, sondern weichen Sie auf Produkte des Randsortiments aus. Wenn Sie gezwungen sind, Preisnachlässe zu geben, dann in Form befristeter Rabatte, kostenloser Services wie etwa der Installation einer neugekauften Maschine oder von Naturalrabatten — nur so erhalten Sie sich die bisherigen Preisstrukturen für die Nachkrisenzeit. Besonders der letztgenannte Naturalrabatt hat den großen Vorteil, dass auf Kundenseite ein Preisnachlass in Hohe des Listenpreises wahrgenommen wird, während bei Ihnen intern nur die deutlich niedrigeren Herstellkosten zu Buche schlagen.
Aber Vorsicht: Preise sollten nur in den Bereichen abgesenkt werden, die der Volumensicherung dienen oder auch deutliche Volumenzuwächse erwarten lassen. Auch die Räumung von Lagern und der Abverkauf von Sonderposten können über Preis- oder Bundelmaßnahmen erreicht werden. Aktuelle Preissenkungen etwa für Ersatzteile wurden keine Zusatzvolumina nach sich ziehen und so nur massiv Erträge verbrennen. Beziehen Sie also bei jeglichen Preisnachlassen Preiselastizitäten mit in Ihre Überlegungen ein. Fuhren Sie keine Preismaßnahme ohne vorherige Analyse — und sei sie auch noch so pragmatisch — durch. Auch sind vielen Unternehmen die Zusammenhänge zwischen gewahrtem Rabatt und den daraus resultierenden Volumen- und Ertragseffekten unklar. So resultiert etwa ein gewährter Preisnachlass von „nur“ 3 Prozent bei einer operativen Marge von 20 Prozent nach Herstell- und Vertriebskosten in dramatischen Profitverlusten. Um diese auszugleichen, wurde ein Mehrvolumen von mindestens 18 Prozent benötigt, welches in den meisten Fällen unerreichbar sein durfte. Damit sich die erhofften Mengenzuwächse auch einstellen, sollte die Preissenkung für die Kunden signifikant sein; zu geringe Preisnachlässe reduzieren lediglich Ihre Deckungsbeiträge und liefern kein Zusatzvolumen. Aber: Übertreiben Sie es nicht. Sehr hohe Nachlasse liefern gegebenenfalls zwar das erhoffte Volumen, allerdings auf Kosten desaströser Ertragsrückgange. Auch Notfall-Preismaßnahmen sollten somit auf Kenntnis der Preis- Mengen-Zusammenhänge basieren, die sich mit Expertenunterstützung kurzfristig erarbeiten lasst. Verlassen Sie sich hierbei keinesfalls blind auf Erfahrungswerte aus Normalzeiten; so hat die letzte Krise in 2009 gezeigt, dass sich Preiselastizitäten in bestimmten Produktkategorien temporär massiv ändern können. Die ohnehin schon geringe Elastizität bei lebensnotwendigen Basisprodukten wie Milch oder Eiern oder auch von Luxusprodukten nahm ab, während Produktbereiche wie etwa Nahrungsergänzungsprodukte zunehmende Preiselastizitäten verzeichneten. Stellen Sie zudem durch geeignete Kommunikationsmaßnahmen sicher, dass etwaige Preissenkungen auf Kundenseite auch wahrgenommen werden; nur so können diese ihre notwendige Wirkung entfalten.
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Messeabsagen wegen Coronavirus
Welche Folgen hat Covid-19 für das B2B Marketing?
Machen Sie sich in diesem Zusammenhang auch grundsätzlich Gedanken über Ihre Preismodelle. So konnte ein Wechsel von Capex auf Opex-Preismodelle Ihre Kunden auf der Liquiditätsseite entlasten und Ihnen Zusatzgeschäft bescheren. Maßnahmen wie diese wurden in der letzten Finanzkrise etwa vom finnischen Unternehmen Cargotech, das Geräte für die Verladung von Frachtgütern zum Transport zur See und auf der Strafe herstellt, sehr erfolgreich genutzt.
Hier noch ein Warnhinweis an all die Unternehmen, die mit Ihren Produkten zu den wenigen Gewinnern der Krise zählen: Übertreiben Sie heutige Preisanpassungen nach oben nicht! Generell dürfen Kurzfristgewinne in keiner Weise strategische Größen wie Ihren Markenwert beschädigen. Nur ein fairer Geschäftspartner sichert sich sein Geschäft von Morgen. Sowohl ethisch indiskutabel als auch unternehmerisch äußerst zweifelhaft sind Pricingansätze wie etwa aktuell im Bereich von Schutzkleidung für medizinische Einrichtungen. So ist der Preis von FFP2-Atemschutzmasken nach Medienrecherchen innerhalb weniger Tage um 3.000 Prozent von 45 Cent auf 13,52 Euro gestiegen.
Jetzt Hausaufgaben für die Nachkrisenzeit machen
Auch wenn man es aktuell kaum glauben kann — es gibt eine Zeit nach der Corona-Krise. Denken Sie auch in der aktuellen Situation strategisch. Bevor Ihre Mitarbeiter mit geringer Auslastung einer Home-Office-Tätigkeit nachgehen oder „das stumme Kundentelefon hüten“, sollten Sie vorhandene Ressourcen zur Optimierung der Preismodelle einsetzen, zu denen Sie bisher nie gekommen sind. Hier besteht in vielen Fällen ein immenser Nachholbedarf. Gehen Sie dabei nicht davon aus, dass Ihre Mitarbeiter selbst aktiv werden — hier müssen Sie die Dinge vordenken. Ansatzpunkte hierzu konnten etwa sein:
- Aktuell kaum ausgelastete After-Market-Kapazitäten könnten an der Entwicklung differenzierender und damit ertragsstarker Listenpreis- und Rabattstrukturen für Ersatzteile arbeiten oder die richtigen Service- / Wartungspakete für unterschiedliche Kundensegmente definieren.
- Freie Ressourcen der Vertriebskollegen im Neugeschäft etwa aufgrund nicht mehr stattfindender Reisetätigkeit können etwa in den Bereichen Aufbau eines Pricing-Teams, Glattziehen „historisch gewachsener" Bruttopreis-/Rabattstrukturen, Verhandlungsschulungen unterstützt durch Battlecard-Konzepte genutzt werden.
- Treiben Sie Prozessoptimierungen oder der Entwicklung von schon seit langem vermissten (Pricing-)TooIs für das Tagesgeschäft voran. Abgerundet werden können diese Überlegungen durch kluge Anreizsysteme, die den Vertrieb am Erfolg erfolgreicher Preisverhandlungen beteiligen. Erfahrungsgemäß lassen sich so die zukünftig dringend benötigten Ertragspotenziale von mehreren Prozentpunkten realisieren.
- Denken Sie über Veränderungen oder Erweiterungen Ihrer Angebotspalette nach. Ein Angebot von günstigeren Produkt-/ServiceaIternativen sowie gegebenenfalls von Retrofitangeboten entlastet Ihre Kunden auf der Kostenseite und beschert Ihnen Zusatzumsätze.
- Verlagern Sie Kapazitäten auf aktuell stärker genutzte Kanäle. So benötigen die Kollegen im Online-Geschäft aktuell gegebenenfalls dringend Verstärkung.
- Identifizieren Sie noch vorhandene Potenziale etwa bei Kunden mit bisher nur geringen Lieferanteilen oder geringen After-Market-Umsätzen in Ihrer installierten Basis und fokussieren Sie die vorhandenen Vertriebskapazitäten entsprechend. Oft lassen sich hier auch bisher nicht genutzte Cross-Selling-Potenziale heben.
Jetzt ist die Zeit auch neue Konzepte auszuprobieren, die bisher intern nicht durchsetzbar waren. Zudem hat die letzte Finanzkrise eindrucksvoll gezeigt, dass Unternehmen, die im Abschwung freie Ressourcen genutzt haben, um sich strategisch besser aufzustellen, deutlich schneller aus der Krise gekommen sind als Ihre Wettbewerber, die nur auf Kostenreduktion setzten.
Fazit
Vergessen Sie bei allem Pricing-Druck nicht, dass die aktuelle Krise ursächlich eine Absatz- und keine Kostenkrise ist, die alle Wettbewerber ähnlich oder gleich trifft. Behalten Sie „das Heft in der Hand“ und planen Sie strategisch. Vermeiden Sie Preiskriege, die aktuell niemandem nutzen und halten Sie Preisniveaus wenn möglich stabil. Denken Sie „out of the box" und gestalten Sie unvermeidbare Preiszugeständnisse intelligent. Lassen Sie dabei insbesondere Ihre Ioyalen Kunden nicht im Regen stehen. Elementar ist die Nutzung von Preiselastizitäten als Kernelement jeglicher Preisanpassungen — vermeiden Sie einen „Blindflug“. Der vielleicht wichtigste Punkt: Jetzt ist die Zeit vorhandenen Kapazitäten zur Preisoptimierung zu nutzen. Machen Sie die Hausaufgaben, zu denen in den letzten Jahren niemand gekommen ist — es rechnet sich!
*Dieter Lauszus ist Partner und Prof. Dr. Markus B. Hofer geschäftsführender Partner bei EbelHofer Strategy & Management Consultants.
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