Experteninterview Wie Human Resources in Zukunft mit Marketing zusammenarbeitet

Das Gespräch führte Felix Haas Lesedauer: 6 min

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Immer mehr Unternehmen bemühen sich um immer weniger Bewerber. Das führt zu großen Veränderungen im „War for talents“. Wie Marketing in Zukunft eng mit HR zusammenarbeiten muss und wie sich Employer Branding und Recruiting dadurch verändern, das erklärt marconomy-Expertin Doris Beckmann im Interview.

Warum B2B Marketing in Zukunft eng mit HR zusammenarbeiten muss, erklärt marconomy-Expertin Doris Beckmann im Interview.
Warum B2B Marketing in Zukunft eng mit HR zusammenarbeiten muss, erklärt marconomy-Expertin Doris Beckmann im Interview.
(Bild: gemeinfrei / Pexels)

Fachkräftemangel – ein Schlagwort, was seit Jahren durch alle Medien geistert. Der Arbeitsmarkt ist im Wandel, nicht nur wegen des demographischen Wandels, auch ein kultureller Wandel steht an. Young Professionals legen mehr Wert auf ihre Work-Life-Balance, wollen mehr Flexibilität, und schätzen allgemein ihre Freizeit höher ein. All das führt zu einer starken Verknappung auf dem Arbeitsmarkt. Viele Unternehmen streiten sich um immer weniger Bewerber – das bringt langfristige Veränderungen mit sich. Bis vor Jahren unvorstellbar, aber werden sich in einigen Jahren Unternehmen bei potenziellen Mitarbeitern bewerben, anstatt umgekehrt?

Vieles deutet auf diese Zeitenwende hin und Arbeitgeber müssen frühzeitig agieren, um nicht abgehängt zu werden. Die gute Nachricht: Mit Marketing ist bereits das Knowhow vorhanden, mit welchem sich dieser Change-Prozess gut bewältigen lässt – ob intern im eigenen Unternehmen oder mit einer Agentur. Marketing kann HR in Zukunft beim Recruiting helfen, gerade Employer Branding wird immer wichtiger. Nur als sehr gute Arbeitgebermarke wird das Unternehmen von potenziellen Mitarbeitern als attraktive Option für die Zukunft gesehen, damit sind die Chancen für erfolgreiches Recruiting erhöht. Neue Mitarbeiter zu gewinnen ist aber nur eine Seite der Medaille: bestehendes und hochqualifiziertes Personal zu halten wird in den kommenden Jahren in allen Branchen eine immer wichtigere Challenge sein.

Interview mit Employer Branding-Expertin

Zu diesem Thema haben wir mit Doris Beckmann, marconomy-Expertin und Geschäftsführerin von HRtbeat, gesprochen. Doris brennt für das Thema Employer Branding und Recruiting und kann spannende Einblicke in die aktuellen Entwicklungen liefern.

marconomy: Was hat sich konkret verändert, dass Marketing für Employer Branding und Recruiting so essenziell geworden ist?

Doris: Grundsätzlich haben sich die Marktverhältnisse verändert, und zwar über alle Berufsfelder und Branchen hinweg. Und wir sind in dieser Veränderung auch noch längst nicht fertig – das ist ganz wichtig – es ist von den Zahlen her klar, dass diese Veränderung sich fortführen wird. Das bedeutet es wird immer mehr Stellenangebote für immer weniger Arbeitnehmer geben. Das liegt sehr stark daran, dass in den nächsten zehn Jahren deutlich mehr Arbeitnehmer in Rente gehen, als Berufseinsteiger folgen, das ist der demographische Wandel. Es liegt aber auch an sich verändernden Arbeitsverhältnissen, dass die junge Berufsgruppe auch nochmal ganz anders auf das Verhältnis zwischen Freizeit, Privatleben und Arbeitsleben schaut, es werden deutlich mehr Teilzeitmodelle angefragt. Wir haben also insgesamt einen Markt, in dem sich Arbeitgeber um Arbeitnehmer bewerben müssen, weil es zu wenig Arbeitnehmer für das Angebot gibt – das hat sich also gedreht. Aus klassischem Marketing und Vertrieb weiß jeder: Wenn das Angebot höher ist als die Nachfrage, dann muss ich entsprechend Marketing und Vertrieb machen, ich muss mich differenzieren, denn es wird umso schwieriger, zum Zug zu kommen. Egal ob ich ein Job verkaufen möchte, oder ein Produkt verkaufen möchte. Und das ist der wesentliche Treiber dafür, dass sich die Herangehensweisen ändern, dass Recruiter eben nicht mehr wie früher versuchen, „wie kann ich 100 Bewerbungen abarbeiten, die in meinen Posteingang einfach so eintrudeln“. Stattdessen stehen Recruiter jetzt einfach vor der Aufgabe: „Wie sorge ich denn dafür, dass überhaupt noch jemand mit mir sprechen möchte?“

Wie mache ich als Unternehmen Menschen am besten auf mich aufmerksam?

Doris: Das kommt darauf an, es hängt von der Zielgruppe ab. Das ist der erste Punkt, den ich berücksichtigen muss. Welche Zielgruppe möchte ich ansprechen, wie alt ist diese Zielgruppe – Alter spielt hierbei eine ganz große Rolle. Außerdem: Welchen fachlichen Background hat diese Zielgruppe und welche Informationskanäle oder Touchpoints hat diese Zielgruppe, die ich angehen möchte. Das ist das erste, was ich mir wirklich überlegen muss.

Ein Beispiel dafür wäre sicherlich Social Media, oder?

Doris: Social Media ist ein Beispiel, was in vielen Fällen sehr gut funktioniert, in der Regel auch schon in Kombination mit einer eigenen, guten Karriereseite. Das kann auch eine Landingpage sein, die ich modern gestalte, das muss nicht mal eine ganze Unternehmenswebsite sein. Da kann ich ein Thema vorstellen, ein Insight aus dem Unternehmen präsentieren, ein Webinar. Das kann aber auch ein Blick Behind the Scenes sein oder eine interne Competition. Ich glaube, hier sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Dann hängt es davon ab, die richtige Plattform zu finden. Das heißt, wenn ich sehr junge Menschen ansprechen möchte, dann werde ich das in Social Media eher über eine Instagram- oder TikTok-Kampagne machen. Wenn die Zielgruppe schon etwas älter sein kann, dann ist Facebook noch immer einer der besten Paid-Kanäle im Preis-Leistungs-Verhältnis. Die Karrierenetzwerke eigenen sich bedingt: Sie sind häufig sehr teuer im Verhältnis, aber geben mir natürlich die allerbesten Targetierungsoptionen, wenn ich ansonsten keine Möglichkeit habe, das über Custom Audiences auf Instagram, Facebook, TikTok und so weiter für mich selbst enger einzugrenzen.

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Welche Methoden können bei der Leadgenerierung hilfreich sein?

Doris: Hier muss man sich gut überlegen: Wähle ich eine organische Strategie, oder wähle ich eine Paid-Strategie. Die organische Strategie hilft natürlich, um Einblicke zu geben ins Unternehmen, um ein Kanal aufzubauen, wo ich das Gefühl habe, ich kann da reinschauen, ich kann Menschen kennen lernen, die dort arbeiten, ich verstehe, wie die Menschen arbeiten, wie es da aussieht, wer es ist, mit welchen Problemen sie sich beschäftigen. Ich bekomme ein Gefühl für Kultur, Produkte, Werte, Personen. Wenn ich aber wirklich Reichweite aufbauen möchte, dann brauche ich organisch einen sehr langen Atem – also je nach Plattform dauert es unterschiedlich lang. Aber rein wirtschaftlich betrachtet aus der Management-Perspektive, geht das auch ins Geld, weil ich muss das schon sehr langfristig betreiben. Das muss man sich also schon gut überlegen: Möchte ich das, oder mache ich das Organische primär, um den ein oder anderen Content zu haben und gehe dann gezielt auf Paid-Kampagnen, weil die deutlich zielführender sind und häufig am Ende sogar kosteneffizienter, weil ich besser targetieren kann und schneller Ergebnisse bekomme.

Wie genau werden die Leads generiert?

Doris: Ich generiere Leads, wenn ich spannende Inhalte habe. Ich schlage wieder die Brücke zum Content Marketing: Wie generieren wir Leads für Produkte? Entweder weil wir versprechen, dass Du eine sehr exklusive Information von uns bekommst, also ein Whitepaper, eine Broschüre oder Dinge, für die Menschen bereit sind ihre Daten herzugeben. Oder auch weil man vielleicht die Möglichkeit hat etwas zu gewinnen, einen Rabatt zu bekommen, ein spezielles Angebot, was limitiert ist oder andere Dinge. Leads kann man außerdem gewinnen, wenn man Talk- oder Eventformate anbietet, Webinare eigenen sich dafür auch gerade im B2B Marketing sehr gut. Ähnliches muss man sich jetzt auch im Personalmarketing überlegen: Welchen Content kann man zur Verfügung stellen, für den es sich für die Zielgruppe lohnt, ihre Daten preiszugeben und entsprechend zum Lead zu werden.

Mehr dazu im B2B Hero Podcast

Mehr dazu hat Doris Beckmann zusammen mit marconomy Redakteurin Antonia Röper im B2B Hero Podcast erzählt. Neugierig?

Dann hören sie gleich rein:

Das erwartet Sie in dieser Folge:

  • Ab Minute 4:34: Begriffsdefinition Employer Branding und Recruiting
  • Ab Minute 7:57: Was hat sich konkret verändert, dass Marketing für Employer Branding und Recruiting so wichtig geworden ist?
  • Ab Minute 10:08: Wie kann Marketing HR unterstützen (bei der Mitarbeitergewinnung)
  • Ab Minute 14:25: Wie mache ich als Unternehmen Menschen am besten auf mich aufmerksam?
  • Ab Minute 16:35: Welche Methoden können für die Lead-Generierung noch sinnvoll sein
  • Ab Minute 19:08: Tipps: Startschuss für Marketing im HR
  • Ab Minute 22:47: Candidate Journey
  • Ab Minute 27:00: Endet die Candidate-Journey überhaupt?
  • Ab Minute 28:31: Ist das Verständnis für Relevanz von aktivem Recruiting schon vorhanden?
  • Ab Minute 30:36: Wie wird sich das Thema Marketing in HR in Zukunft entwickeln?

Eine Folge des B2B Hero Podcasts ist nicht genug?

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Gleich weiter hören!

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