Krisenkommunikation Wie Sie in Krisenzeiten die richtigen Prioritäten im B2B Marketing setzen
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Unternehmen sehen sich harten Zeiten gegenüber. Auch (oder insbesondere!) Marketing und Vertrieb sind betroffen. Abgesagte Veranstaltungen treffen nicht nur Anbieter und Dienstleister hart, sondern auch alle Unternehmen, für die diese Branchentreffs ein wichtiger Marketing- und Vertriebskanal sind.

Kurzfristig kann es zu Auftragslücken kommen, wenn die Treffen vor Ort nicht stattfinden. Vor allem jedoch auf die mittelfristige Vertriebspipeline können die Auswirkungen verheerend sein. Und auch die Gelegenheit, sein Unternehmen und seine Marke im direkten Kontakt mit Kunden und Partnern zu präsentieren, bleibt aus.
Da Marketingbudgets oft ein schnelles Ziel für Initiativen zur Kosteneinsparung sind, ist es für Marketer in dieser Situation essenziell, über Alternativen nachzudenken, die ihnen Handlungsfähigkeit verschaffen. Zugleich sollten sich alle denkbaren Optionen auch in einer Wirtschaft umsetzen lassen, die vorwiegend aus dem Homeoffice betrieben wird.
Priorität 1: Bestehende Kunden halten
Wirtschaftliche Unsicherheit führt fast zwangsläufig zu reduzierter Investitionsbereitschaft – sei es, da Unternehmen direkt betroffen sind oder weil sie indirekte Auswirkungen befürchten und einen Herdeneffekt antizipieren. Daher ist es in besonderer Weise bedeutsam, auch das eigene Marketing und die Unternehmenskommunikation auf die bereits bestehenden Kunden auszurichten.
Dazu sollten Sie sich folgende Fragen stellen:
- Auf welche Weise sind meine Bestandskunden von der aktuellen Krise betroffen?
- Wie gut sind meine Kunden über mein generelles Angebot informiert?
- Welchen Beitrag kann mein Unternehmen mit seinem Angebot leisten, um zu helfen?
- Wie relevant ist dieser Beitrag auf den ersten Blick?
Wenn Sie sich über diese Punkte Gedanken gemacht haben, sollte es Ihnen deutlich leichter fallen, Ihre Kommunikation mit Bestandskunden zu hinterfragen. Im Falle eines Lieferanten für Büroausstattung ist eine separate Kommunikation möglicherweise nicht notwendig, da der Absatz der relevanten Hygieneprodukte ohnehin ansteigen wird. Bei einem Anbieter von Finanzdienstleistungen für Unternehmen hingegen könnte es sehr sinnvoll sein, die Erinnerung an das eigene Angebot aktiv aufzufrischen. Auch Kunden sind verunsichert und müssen viele verschiedene Prioritäten abwägen. In einer derart unübersichtlichen Situation ist jeder Mensch für hilfreiche Hinweise erst einmal offen.
Operativ umsetzen lässt sich dies ideal durch Content Marketing: Erstellen Sie Blogartikel und Landing Pages, die aktuelle Themen spiegeln und mit Ihrer Marke in Verbindung setzen. Aktualisieren Sie relevante digitale Marketingmaterialien mit thematischen Bezügen. Setzen Sie gezielte Mailings auf für Ihre Bestandskunden. Aber achten Sie bitte darauf, Fingerspitzengefühl zu wahren – niemand möchte über jedem zweiten Artikel in großen roten Buchstaben „Corona-Krise!“ lesen.
Auch zu direkte werbliche Inhalte funktionieren in dieser Krise nicht so gut – besser sind laut der aktuellen Erhebung „COVID-19 in Germany“ von Socialbakers relevante Informationen, verständnisvolle Statements oder auch Humor. Bringen Sie sich also mit Verantwortungsgefühl in den Fokus. Laut Socialbakers landete der Paketzusteller durch diese Herangehensweise einen der Posts mit dem höchsten Engagement zum Thema.
Priorität 2: Die eigene Marke sichtbar halten
Ganz gleich, wie groß der Anteil von Events in Ihrem Marketingmix ist – es ist wahrscheinlich, dass die Präsenz Ihrer Marke in den kommenden Wochen abnehmen wird. Auch wenn Markenexposition in vielen B2B-Unternehmen nicht stringent gemessen wird, sollte niemand den „Mere Exposure“-Effekt unterschätzen. Dieser besagt, dass potenzielle Käufer allein durch den regelmäßigen Kontakt mit einer Marke positiver gestimmt werden und so die Wahrscheinlichkeit eines Kaufs steigt. Oder um es mit Hannibal Lecter zu sagen: „Wir beginnen, das zu begehren, was wir jeden Tag sehen!“ Auch Unternehmensentscheider fühlen sich bei Investitionsentscheidungen wohler, wenn Ihnen der potenzielle Partner oder Lieferant bereits vertraut ist.
Um dem Verlust der Markenpräsenz entgegenzuwirken, empfehlen sich in der aktuellen Situation natürlich digitale Marketingmaßnahmen. Gewichten Sie diese beispielsweise basierend auf der Vertrautheit Ihrer potenziellen Kunden und konzentrieren Sie sich als erstes auf die, denen Ihre Marke bereits vertraut ist (Stufe 3-Kontakte): Newsletter-Abonnenten, qualifizierte Marketingleads aus der Vergangenheit, qualifizierte Vertriebskontakte, Messekontakte aus der Vergangenheit, direkte Kontakte relevanter Botschafter Ihres Unternehmens in sozialen Netzwerken. Diese Gruppen lassen sich gezielt durch Mailings und organisch verteilte Social Media-Inhalte erreichen. Inhaltlich werden Sie hier vermutlich vor allem sicherstellen wollen, dass diese reiferen Kontakte über die relevanten Teile Ihres Portfolios im Bilde sind.
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Im zweiten Schritt avisieren Sie bestehende Kontakte mit geringerer Vertrautheit. Diese Stufe 2-Kontakte könnten sich zusammensetzen aus Webseitenbesuchern, lockeren Marketingkontakten und weniger relevanten Vertriebskontakten. Bei diesen Personen ist davon auszugehen, dass sie das Gesamtangebot Ihres Unternehmens nicht kennen oder dass ihnen nur bestimmte Teilaspekte bewusst sind. Zwar wird es auch hier sinnvoll sein, die aktuellsten Segmente Ihres Angebots in den Vordergrund zu stellen, doch sollten Sie hier größeren Wert darauf legen, Vertrauen aufzubauen. Das kann beispielsweise durch klassische Thought Leadership-Themen geschehen, die mit dem aktuellen Anlass verknüpft werden. Relevante Marketingkanäle wären beispielsweise E-Mailings, organische und gesponserte Social-Updates, Retargeting oder auch Suchmaschinenanzeigen und PR-Platzierungen.
Die dritte relevante Gruppe wären Personen, die zu Ihrer Zielgruppe gehören, die aber bis dato keinen oder fast keinen Kontakt zu Ihrer Marke hatten. Diese Gruppe dürfte in einer unsicheren Situation nur schwer zu erreichen und zu überzeugen sein – dennoch sollten Sie sie nur dann komplett ausklammern, wenn Ihr Pool an Stufe 3- und Stufe 2-Kontakten ausreichend groß ist. Für diese Gruppe können Sie nicht auf eigene Kontakte zurückgreifen, sondern sollten auf Medien und andere Plattformen setzen, beispielsweise Branchenmedien oder Anbieter von Messekontakten. Inhaltlich sollte der Fokus darauf liegen, ein fokussiertes, aktuell relevantes Angebot zu platzieren, das idealerweise auch ohne Markenvertrautheit überzeugt. Diese Gruppe lässt sich in vielen Fällen effektiv per Social oder Native Advertising sowie durch Display-Werbung und Berichterstattung in Branchenmedien ansprechen. Ein Beispiel für diese Art der Kommunikation wäre das Emergency Remote Work Kit des Collaboration-Spezialisten LogMeIn, das über unterschiedliche Kanäle verbreitet wurde und für positive Resonanz gesorgt hat.
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Priorität 3: Handlungen erzeugen
Ihr eigenes Unternehmen und auch die meisten potenziellen Kunden sind im Krisenmodus. Dementsprechend wird jedes Thema, das keine aktuelle Relevanz hat, mit einer hohen Wahrscheinlichkeit erst einmal zurückgestellt. Das Onlinemarketing sollte in dieser Zeit noch stärker auf Konversion ausgerichtet sein als gewöhnlich. Im Idealfall zielen Sie nicht auf eine mehrstufige Customer Journey, in der ein Interessent langsam überzeugt wird, sondern Sie fokussieren sich auf Themen, die eine sofortige Handlung erlauben – und zu dieser auch einladen. Das kann der Download eines Leitfadens sein, der zu einem bestimmten Thema aktuelle Hinweise gibt, oder ein Webinar mit Experten, die aktuelle Fragen beleuchten.
In jedem Fall gilt: Agieren Sie schneller und proaktiver als in Ihren Kampagnen außerhalb der Krisenzeit. Themen und Schwerpunkte ändern sich in einer solchen Situation sehr schnell, und wenn Sie sich zu viel Zeit lassen, ist Ihre Ansprache möglicherweise bereits wieder überholt.
* Stefan Epler ist Vice President Marketing Strategy bei LEWIS.
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